37'000 Unterschriften gegen den Ilisu Staudamm

Zürich, 12.12.2006 - Heute Dienstag, den 12. Dezember, haben die Erklärung von Bern, die Alliance Sud, die Gesellschaft für bedrohte Völker und der Schweizer Vogelschutz der Volkswirtschaftsministerin Doris Leuthard 37'000 Unterschriften überreicht. Die Unterzeichnenden fordern den Bundesrat dringend auf, keine Exportrisikogarantie für das umstrittene Staudammprojekt in der Ost-Türkei zu genehmigen.

Alle beteiligten Verantwortlichen wissen, dass das geplante Kraftwerk am Tigris nicht die erforderlichen internationalen Standards für eine Exportrisikogarantie erfüllt. Schwere Mängel gibt es nach wie vor im Bereich der Umsiedlung und Kompensation der 55'000 Betroffenen. Ausserdem wird das ungenügend vorbereitete Projekt zu einem Kollaps des Ökosystems am Tigris und zur Zerstörung mesopotamischer Hochkulturgüter führen. Über hundert Auflagen sollen das Projekt deshalb verbessern, wie die deutsche Bundesregierung, die vergangene Woche eine Grundsatzzusage für eine Exportversicherung sprach, verlauten lässt. Der Inhalt dieser Auflagen bleiben jedoch vorerst geheim. „Es ist ein Skandal, dass die 55'000 Betroffenen die Auflagen nicht kennen und nie Stellung nehmen konnten“, sagt Christine Eberlein von der Erklärung von Bern. „International übliche Standards wie die Beteiligung der Bevölkerung am Planungsprozess und am Nutzen des Kraftwerks werden nach wie vor nicht erfüllt.“

Michele Laubscher von der Alliance Sud kritisiert: „Ein Schweizer Ja bevor die Türkei bewiesen hat, dass sie willens ist, die Auflagen umzusetzen, ist reine Augenwischerei und legitimiert das Durchwinken eines Projekts, das nicht internationalen Standards genügt.“ Und Kaspar Haller von der Gesellschaft für bedrohte Völker erinnert daran, dass die Türkei in den letzten Monaten die Repression gegen die kurdische Bevölkerung in der Ilisuregion weiter verschärft hat. Sie ist bisher trotz aller Beschönigungen ihrer Pflicht zur Vereinbarung einer Mindestdurchflussmenge und der internationalen Wassernutzung mit den Anrainerstaaten Syrien und Irak nicht nachgekommen.

Auch ihr Versprechen archäologische Rettungsarbeiten durchzuführen, hat die türkische Regierung 2006 nicht erfüllt. Laut einer in Hasankeyf arbeitenden Schweizer Archäologin wurden im August alle Grabungen eingestellt, obwohl der Zeitplan keinerlei Verzögerungen bis zur Flutung zulässt.

Osman Baydemir, Oberbürgermeister der nahen Millionenstadt Diyarbakir, betonte bei einem Treffen mit der EvB am 9.12., dass er bisher nie wegen der Erstellung eines regionalen Entwicklungsplans oder Massnahmen zur Beherbergung von Tausenden Menschen konsultiert wurde, die nach dem Bau des Reservoirs in die Stadt ziehen werden. Er glaubt deshalb nicht, dass die Region wirtschaftlich profitieren wird.

Für den Schweizer Vogelschutz und internationale Umweltverbände können Auflagen nichts an den grundsätzlichen gravierenden Konsequenzen des Projekts verbessern: Das Reservoir wird die einzigartige Flora und Fauna am Tigris zerstören. Der 130 km lange Stausee wird nicht nur Vogelarten Aussterben lassen, sondern zur Spitzenstromgewinnung eine Flutwelle von 8m Höhe auslösen (Europa: 1.50 m) und damit heimische Fische und die Biodiversität der Uferzonen auslöschen.

Die Nichtregierungsorganisationen fordern deshalb von Bundesrätin Doris Leuthard, eine Exportrisikogarantie für das Ilisu-Projekt abzulehnen, solange es nicht von Grund auf überarbeitet und in ALLEN Bereichen internationalen Standards angepasst ist.