«Aktenzeichen Babynahrung ungelöst»

Zürich, 22.11.2004 - «Nestlé tötet Babys» ist das nicht tiefste Siebziger Jahre und schon lange Geschichte? Keineswegs, noch immer sterben nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) jährlich 1,5 Millionen Babys, weil sie nicht gestillt werden. Auch der Streit darum, wie künstliche Babynahrung vermarktet werden soll und darf – der Auslöser des Nestlé-Skandals in den siebziger Jahren – ist nicht beigelegt. Zwar gibt es seit bald 25 Jahren einen Verhaltenskodex der WHO über die Vermarktungspraktiken, doch wie dieser umgesetzt wird, ist nach wir vor umstritten. Jahr für Jahr werden aus aller Welt Verstösse der grossen Babynahrungskonzerne gegen den Kodex gemeldet.

Der Schutz und die Förderung des Stillens ist auch deshalb weiterhin dringend nötig, weil ein Rückgang der Stillraten für Entwicklungsländern katastrophal wäre. Würden die Stillraten auf das Niveau von 1990 sinken, so hätte dies gravierende Auswirkungen auf die Kindersterblichkeit und die wirtschaftliche Entwicklung. Durch den Verlust des Immunschutzes, den die Muttermilch bietet, würde mindestens eine Million Kinder mehr sterben. Die grössere Häufigkeit von Durchfall und Atemwegserkrankungen von nicht-gestillten Kindern liesse die Kosten für medizinische Behandlung der betroffenen Familien verdoppeln.

Deshalb greift die entwicklungspolitische Organisation Erklärung von Bern das Thema der Muttermilch-Ersatzprodukte mit der Dokumentation «Aktenzeichen Babynahrung ungelöst» erneut auf. Neben einem Blick zurück in die Vorgeschichte und die Auswirkungen des Nestlé-Prozesses befasst sich die Broschüre mit der Frage der Wirksamkeit des Verhaltenskodex über die Vermarktung von Muttermilch-Ersatzprodukten. Die Aktivistinnen vom Basisnetzwerk IBFAN (International Baby Food Action Network) kommen darin ebenso zu Wort, wie Nestlé. Ein Artikel befasst sich besonders mit der Situation in der Schweiz, wo versucht wird, den internationalen Kodex mit einer freiwilligen Branchenvereinbarung umzusetzen – mit zweifelhaftem Erfolg.