Charles Vögele: Millionen fürs Image, aber keine 10 Rappen für faire Löhne

Zürich, 03.11.2010 - Charles Vögele, diesjähriger Titelsponsor der Zürcher "Fashion Days", will sich mit Design, Glamour und viel Werbung ein neues Image verschaffen. Die heute in Zürich auftretenden Schwestern Cruz bezeichnet selbst Vögele-Chef André Maeder als "teuer". Spottbillig sind hingegen die für Vögele produzierenden Näherinnen in asiatischen Zulieferbetrieben, die seit Jahren für existenzsichernde Löhne kämpfen.

Nicht nur in der Schweiz ist Charles Vögele eine vertraute Kleidermarke, auch in Indien, Bangladesch oder Kambodscha kennt man den in Pfäffikon (SZ) ansässigen Modekonzern – als Einkäufer und Auftraggeber der dortigen Textilindustrie. Deren Arbeiterinnen kennen aber auch die Schattenseite des violetten Logos. "Näherinnen aus Zulieferbetrieben von Charles Vögele haben uns gesagt, dass sie regelmässig sehr lange Überzeiten leisten müssen und viel zu tiefe Löhne erhalten", berichtet Anannya Bhattacharjee, globale Koordinatorin der "Asia Floor Wage"-Allianz (AFW) anlässlich eines Arbeitsbesuchs in der Schweiz. Fakt ist: Charles Vögele verpflichtet sich, wie die Mehrheit der Kleiderfirmen, lediglich zur Bezahlung gesetzlicher Mindestlöhnen. Dabei ist bekannt, dass diese in ganz Asien kein menschenwürdiges Leben ermöglichen.

Ein grosser Teil der Vögele-Produkte wird in Bangladesch hergestellt. Dort wurde der gesetzliche Mindestlohn per 1. November 2010 zwar angehoben, doch auch dieser neue staatliche Standard deckt gerade mal 30 Prozent der täglichen Ausgaben der Textilarbeiterinnen. Auch in Kambodscha reicht der gesetzliche Mindestlohn bei weitem nicht aus, weshalb dort letzten September über 200`000 Betroffene auf die Strasse gegangen sind. Zum Vergleich: Eine einzelne Vögele-Hose aus Kambodscha kostet 59.95 CHF, was dem vollen Monatslohn (gesetzlicher Mindestlohn=61 $) einer kambodschanischen Näherin entspricht. Bei Charles Vögele ist die Diskrepanz zwischen dem aufwändigen Marketing und dem mangelnden Einsatz für die Näherinnen aktuell besonders krass. "Es macht mich wütend und traurig, dies zu sehen", sagt Bhattacharjee beim Besuch des Flaggship Stores in Zürich (Video hier) Laut der Aktivistin steht Charles Vögele tief in der Schuld seiner Näherinnen, denn deren Niedriglöhne würden die Tiefpreispolitik der Firma erst ermöglichen.

Die Erklärung von Bern/Clean Clothes Campaign fordern seit Jahren die Bezahlung von existenzsichernden Löhnen in Kleiderfabriken. Mit ihrer Kampagne www.10rappen.ch hat die EvB/CCC die Forderungen der "Asia Floor Wage"-Allianz kürzlich zu den hiesigen Modefirmen getragen, denn 99% davon verpflichten sich nicht zur Bezahlung eines Existenzlohns. Auf die vielen Protestmails antwortete Charles Vögele, die Lohnverantwortung liege einzig in den Produktionsländern. Im September hatte die EvB/CCC für Schweizer Kleiderfirmen einen Anlass organisiert, an dem extra eingeflogene AFW-VertreterInnen ihre Vorschläge für einen Existenzlohn vorstellten und Hand boten zur Zusammenarbeit. Charles Vögele nahm an diesem Anlass jedoch nicht teil. Dabei könnte ein Konzern wie Vögele eine wichtige Vorreiterrolle in der Schweizer Bekleidungsbranche spielen und mit der AFW Pilotprojekte zur Umsetzung eines Existenzlohns anpacken.

Die Asia Floor Wage Campaign (AFW) ist ein Zusammenschluss von rund 70 NGOs, Gewerkschaften und Wissenschaftlerinnen aus ganz Asien. Die AFW fordert die Bezahlung eines existenzsichernden Lohns für die Näherinnen und legt ein konkretes Berechnungsmodell sowie Implementierungsvorschläge für einen Existenzlohn vor. Die Erklärung von Bern/Clean Clothes Campaign unterstützen die Forderungen der AFW. www.asiafloorwage.org

Existenzlohn – AFW-Modell
Prinzipien eines Existenzlohnes sind, dass dieser in der normalen Arbeitszeit erreicht werden kann (meist 48h/Woche), für alle Angestellten gilt (also nicht ein Maximal-, sondern ein Minimallohn), den Bedarf der Arbeiterin und zumindest eines Teil ihrer Familie deckt sowie ein kleines, frei verfügbares Einkommen übrig lässt.
Der von der AFW berechnete Existenzlohn basiert auf einem Warenkorb, der den täglichen Bedarf von 3000 Kalorien pro Person deckt und drei sogenannte Konsumationseinheiten beinhaltet. Erwachsene werden dabei mit einer ganzen, Kinder mit einer halben Konsumationseinheit berechnet. Der Lohn reicht also z.B. für die Mutter, zwei Kinder, und die Grossmutter, die während der Arbeitsabwesenheit der Mutter die Kinder beaufsichtigt. Die Ausgaben für die Nahrungsmittel sollen mit 50% des Lohnes abgedeckt werden, weitere 50% werden für Non-Food-Ausgaben wie Miete, Transport, Schulgeld, medizinische Versorgung sowie für ein kleines, frei verfügbares Einkommen eingesetzt.