Cocoa Barometer 2012: Drohende Versorgungslücke für Industrie wurzelt in Verarmung von Westafrikas Kleinbauernfamilien

Zürich, 05.12.2012 - Dass Kakaobauernfamilien in der Elfenbeinküste und Ghana deutlich unter der Armutsgrenze leben, ist eine wichtige Ursache von missbräuchlicher Kinderarbeit wie auch der absehbaren Rohstoffengpässe der Schoggikonzerne. Das europäische NGO-Netzwerk Voice* liefert in seinem „Cocoa Barometer 2012“ viele Belege für die Notwendigkeit eines „Living Income“ in den westafrikanischen Hauptproduktionsländern. Der Report evaluiert zudem die aktuellen Bemühungen von Staaten, Konzernen und nichtstaatlichen Initiativen für eine nachhaltige Entwicklung des Kakaosektors.

Welcher Schokoladekonzern verfolgt welches Nachhaltigkeitsziel? Welche Staaten übernehmen Mitverantwortung für die Arbeitsrechte in der Schoggi-Lieferkette? Welche regierungsunabhängigen Initiativen verfolgen die Eindämmung von missbräuchlicher Kinderarbeit auf Kakaoplantagen mit welchen Massnahmen? Und wie viel zertifizierte Schokolade soll künftig im Laden zu kaufen sein? Der neue „Cocoa Barometer“ liefert Antworten auf diese Fragen und dazu üppig illustrierte Hintergrundfakten, die auf den Cocoa Barometern von 2009 und 2010 aufbauen. Zentraler Befund der Studie: Die meisten Kakao anbauenden Kleinbauernfamilien in den Hauptproduktionsländern Elfenbeinküste und Ghana leben weit unter der Armutsgrenze. Schlimmer noch: Viele von ihnen müssten zehnmal mehr verdienen, um die Armutsgrenze von 2 Dollar pro Tag und Person überhaupt zu erreichen.
Diese Verelendung der Bäuerinnen und Erntehelfer ist eine wichtige Ursache von ausbeuterischer Kinderarbeit auf Kakaoplantagen. Und sie steht in krassem Kontrast zu den immer zahlreicheren Nachhaltigkeitsinitiativen der Grosskonzerne und führt die Autoren zur Empfehlung eines „Living Income“ für all jene, die mit fast leeren Händen ganz am Anfang der globalen Wertschöpfungskette stehen. Der Barometer zeigt auch, warum grössere Ernten nicht, wie vielfach behauptet, zwangsläufig zu höheren Einkommen führen und wie die massiven Preisschwankungen die Lebensqualität der Kakaobauern negativ beeinflussen. Soll Westafrika der weltweit wichtigste Kakaoproduzent bleiben, braucht es schnelle und umfassende Massnahmen für mehr Lebensqualität der Bauernfamilien. Konkret bedeutet das nebst der notwendigen Produktivitätssteigerung auch deutlich höhere Marktpreise für die Kakaofarmer, bessere Infrastruktur und einen diversifizierteren Anbau.

Einen solch ganzheitlichen Ansatz forderte kürzlich auch der Präsident der Elfenbeinküste, Alassane Ouattara, in seiner Eröffnungsrede der Weltkakaokonferenz in Abidjan. Es liege „im Interesse aller Beteiligten, den Kakaobauern einen zufriedenstellenden Preis zu zahlen und ihre Ernährungssicherheit durch diversifizierten Anbau zu gewährleisten“.

* „Voice of Organizations in Cocoa in Europe“ ist ein europäisches Netzwerk von Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften, das sich für einen nachhaltigen Wandel im Kakaosektor einsetzt. Es besteht aus Oasis, STOP THE TRAFFIK, Oxfam Wereldwinkels, FNV Bondgenoten, Oxfam Novib, Tropical Commodity Coalition, Fairfood International, Südwind Institute und der Erklärung von Bern. Am Cocaobarometer 2012 sind auch Solidaridad und Hivos beteiligt.