Ein Jahr davor: Chinas Olympiade wirft ihre dunklen Schatten voraus

Zürich, 08.08.2007 - Die Veranstalter in Peking mussten eingestehen, dass Kinder für einen Olympia-Artikel-Hersteller gearbeitet haben. Statt die Probleme zu lösen, wurde aber lediglich der Lieferant ausgewechselt. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) in Lausanne hat noch genau ein Jahr Zeit, seine durch diesen und weitere im Bericht „Play Fair 2008“ dokumentierten Skandalfälle lädierte Glaubwürdigkeit vor der Olympia-Eröffnung am 8.8.2008 wieder herzustellen.

In seiner Stellungnahme vom 31. Juli 2007 bestätigt das nationale chinesische Organisationskomitee, dass bei Lekit Stationery Ltd. (Dongguan City, Provinz Guangdong), einem Hersteller von Schreibtischutensilien und Geschenkartikeln, Anfang 2007 auch Kinder arbeiteten. Gemäss einer offiziellen Untersuchungs¬kommission herrschten dort noch weitere Missstände. Als Reaktion wurde diesem Lieferanten aber nur seine Lizenz entzogen, mit der er Merchandising-Artikel mit offiziellem Olympia-Logo produzierte. Das Schicksal der rund 400 Lekit-Beschäftigten, die ohne Arbeitsvertrag 80 Stunden pro Woche für Löhne unter dem gesetzlichen Mindestlohn schuften, scheint den Olympia-Verantwortlichen hingegen egal zu sein.

Aufmerksam geworden auf diesen Fall sind die Olympia-Verantwortlichen durch die Recherchen lokaler Organisationen für den Bericht «Play Fair 2008». In Auftrag gegeben wurde die Studie von der „Play Fair Allianz“, einem weltweiten Zusammenschluss von Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen. Darin werden die Arbeitsbedingungen in vier chinesischen Fabriken (Lekit Stationary Co, Mainland Headwear Holdings Ltd, Eagle Leather Products und Yue Wing Cheong Light Products) dokumentiert, die für das lukrative Olympia-Business produzieren. Die dortigen Angestellten bekommen bis zu 50 Prozent weniger Lohn als gesetzlich vorgeschrieben, sind teilweise unter 12 Jahre alt und werden gezwungen, sieben Tage die Woche Zwölfstundenschichten unter gesundheitsschädlichen Bedingungen zu arbeiten.

Die Clean Clothes Campaign (CCC) versucht seit den Olympischen Spielen in Athen 2004 zusammen mit der Play Fair Allianz das IOC davon zu überzeugen, Arbeitsrechtsstandards in die Verträge mit Lizenznehmern aufzunehmen. Wie der aktuelle Bericht nun zeigt, hat es das IOC versäumt, solche Standards zu setzen und verbindlich einzufordern. „Zwölfjährige Kinder schufteten bei Lekit 15 Stunden am Tag. Es ist eine Schande für die Olympische Bewegung, dass solch schwerwiegende Arbeitsrechtsverletzungen in lizenzierten Betrieben auftreten können“, sagt Stefan Indermühle, Koordinator der CCC-Schweiz. Am 8. August 2008 werden in Peking die 29. Olympischen Sommerspiele eröffnet. Dem in Lausanne domizilierten IOC bleibt nicht mehr viel Zeit, um endlich griffige Massnahmen zum Schutz der Beschäftigten in den lizenzierten Fabriken zu ergreifen.