Falsche Angaben des Baukonsortiums

Zürich, 28.08.2006 - Ilisu Staudammprojekt in der Türkei: Besichtigung der EvB vor Ort hat gezeigt, dass die zahlreichen Probleme des Projekts entgegen den Behauptungen des Konsortiums in keiner Weise gelöst sind

In einer Presseerklärung vom 24. 8. schreibt das Ilisu Baukonsortium, dass nach einem Diaologtreffen mit NGOs in Wien die meisten strittigen Punkte ausgeräumt werden konnten. Die EvB, die an diesem Treffen nicht teilgenommen hatte, sondern sich derzeit vor Ort auf einer Besichtigungsreise ein Bild über das Projekt und dessen Auswirkungen macht, kommt zum gegenteiligen Schluss. «Leider setzt das Konsortium seine Linie der Falschinformation und Verzerrung der Tatsachen weiter fort», so Christine Eberlein von der EvB. Ihre Gespräche mit Betroffenen zeigten, dass niemand ausreichend über die Folgen des Projekts für ihre Lebensumstände informiert wurden. Den 55000 Betroffenen wurde viel Geld versprochen. Tatsächlich können nach türkischem Gesetz jedoch nur Landbesitzer entschädigt werden. Die wenigsten Menschen besitzen jedoch Land, das meist Grossgrundbesitzern gehört. Auch fehlt es an geeignetem Land für eine Umsiedlung. Daher werden viele Menschen eine Geldkompensation wählen, die jedoch nicht für ein neues Leben in den Grosstädten ausreichen wird. Familien ohne Land bekommen kein Geld, sondern können einen Kredit aufnehmen. «Es kann nicht angehen, dass Familien, die hier am fruchtbaren Tigris durch den Staudamm vertrieben werden, sich verschulden müssen. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit in der Region ist mit einer Verarmung dieser Menschen zu rechnen» kristisiert Christine Eberlein von der EvB. Ihr Besuch vor Ort hat auch gezeigt, dass die Biospäre am Tigris von den Bauherren nicht berücksichtigt wurde. «Es wird völlig unterschlagen, dass der Tigris der letzte unberührte Fluss in der Osttürkei mit einer einzigartigen Vielfalt an Fischen und Pflanzen und Rückzugsgebiet für bedrohte Vogelarten ist. Auch wurde ignoriert, dass 80% der Bevölkerung gegen das Staudammprojekt sind.»

Falsch ist auch die Behauptung des Konsortiums, dass die internationalen Standards eingehalten würden. Wahr ist vielmehr, dass sieben Expertengutachten vorliegen, die nachweisen, dass die internationalen Standards in 32 Punkten missachtet wurden. Unter diesen höchst kritischen Gutachten befindet sich auch eines von Dr. Michael Cernea, dem weltweit bekanntesten Gutachter zu Umsiedlungsprojekten. Er warnt vor einer Genehmigung und Durchführung des Projekts. Die ERG und die Schweizer Regierung, die in Kürze über eine Exportrisikogarantie für das Projekt entscheiden, müssen sich an die internationalen Standards halten. Angesichts der gigantischen Probleme plädiert die EvB weiter für die Ablehnung des Staudammprojekts am Tigris.