Freihandelsabkommen mit China: Unabhängige Studie stützt NGO-Forderungen

Bern, 28.11.2011 - Das Schweizerische Kompetenzzentrum für Menschenrechte (SKMR) unterstützt den Ruf von Nichtregierungsorganisationen (NGO) nach einer Berücksichtigung der Menschen¬rechte im Freihandelsabkommen Schweiz-China. In einer Studie hält es unter anderem fest, ein strenger Patentschutz könnte das Recht der chinesischen Bevölkerung auf Nahrung und Gesundheit beeinträchtigen. Zudem laufe ein Abkommen Gefahr, die Benachteiligung ethnischer Minderheiten verstärken. Das SKMR wirft dem Bundesrat vor, mit seinen Absichtserklärungen zu den Menschenrechten auf halber Strecke stehen zu bleiben.

Kurz nach der dritten Verhandlungsrunde zwischen der Schweiz und China über ein Freihandelsabkommen (FHA) bekräftigt das Schweizerische Kompetenzzentrum für Menschenrechte (SKMR) die NGO-Forderung nach speziellen Bestimmungen zur Integration der Menschenrechte in das Vertragswerk. Die Schweiz sei aufgrund des eigenen wie des Völkerrechts an die einschlägigen Menschenrechte gebunden und habe „darauf hinzuwirken, dass diesen im FHA angemessen Rechnung getragen wird“, heisst es in der heute veröffentlichten Studie. Die Schweiz müsse nicht nur die staatlichen Handlungen menschenrechtskonform gestalten, sondern auch dafür sorgen, „dass schweizerische Unternehmen die Menschenrechte nicht verletzten“, so die Studie.

Es sei zwar schwierig, eindeutig kausale Zusammenhänge zwischen einem FHA und Menschenrechtsverletzungen zu belegen. Aufgrund der von der Schweiz üblicherweise gestellten Forderungen identifiziert die Studie jedoch speziell sensible Bereiche. So könnten strenge Bestimmungen beim Patentschutz den Zugang der chinesischen Bevölkerung zu Saatgut und Medikamenten erschweren und damit das Recht auf Nahrung und Gesundheit beeinträchtigen. Das könnte insbesondere auch die auf Pflanzen basierende, traditionelle chinesische Medizin gefährden.

Weil sich die Handelsströme mit einem FHA intensivieren, seien die Produktionsbedingungen und damit die Arbeitsrechte generell zu berücksichtigen. Schliesslich könnte ein FHA die wirtschaftliche Benachteiligung von Minderheiten wie den Tibetern zugunsten der Han-Chinesen verstärken. Im Rahmen eines FHA müsse „deshalb geklärt werden, wie sichergestellt wird, dass ethnische Minderheiten an den damit verbundenen wirtschaftlichen Vorteilen partizipieren“, heisst es in der Studie.
Die AutorInnen werfen dem Bundesrat zudem vor, mit seinen Absichtserklärungen zu den Menschenrechten auf halber Strecke stehen zu bleiben. Statt einer „systematischen Kohärenzprüfung anhand festgelegter Kriterien“ propagiere er eine Prüfung von Fall zu Fall. Um die Menschenrechte systematisch in Freihandelsabkommen zu integrieren, schlagen die AutorInnen ein „Toolkit“ vor, wie es das Bundesamt für Umwelt für umweltschutzrechtliche Bestimmungen verwendet.

Die Studie wurde von den Nichtregierungsorganisationen Alliance Sud, Erklärung von Bern, Gesellschaft für bedrohte Völker und Gesellschaft Schweizerisch-Tibetische Freundschaft in Auftrag gegeben. Die NGOs fürchten, dass sich die heute schon Besorgnis erregende Menschenrechtslage in China mit einem FHA weiter verschärft.

Veranstaltungshinweis:
Welche konkreten Massnahmen es zur Sicherstellung der Einhaltung von Menschenrechten braucht, diskutiert die EvB heute um 19 Uhr in der Zürcher Helferei mit May Wong und Rena Lau von der führenden Hong Konger NGO "Globalization Monitor").