Irreführung der KonsumentInnen als Grundlage von fairem Handel?

22.03.2000 - Das heute den Medien vorgestellte Label LINK erfüllt die Kriterien der Clean Clothes Kampagne nicht. Was von der gesamten Kleiderindustrie gefordert wird, gilt besonders auch für den fairen Handel. Die Trägerorganisationen der Kampagne verlangen, dass die Bezüge zum Clean Clothes-Kodex unterlassen werden, bis LINK ihre Kriterien angepasst hat.

Namentlich folgende Kriterien müssten angepasst werden:

  • Anwendung der Sozialkriterien für gesamtes Kleidersortiment und für alle Vorlieferanten (Unterakkordanten)
  • unabhängigen Kontrolle und Zusammenarbeit mit Gewerkschaften und Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs)
  • Offenlegung der Informationen zu den Sozialkriterien und Kontrollen

In einer Pressekonferenz am 22. März in Zürich wurde das Label "LINK - fair trade guarantee" von der Firma Amana SA der Öffentlichkeit vorgestellt. Auf den Werbeunterlagen von Spengler zum Label LINK wird den KonsumentInnen zugesichert, "dass (...) der Clean Clothes Verhaltenskodex eingehalten wird." Diese Aussage trifft nicht zu. Zwischen den LINK-Vorgaben und dem Clean Clothes-Verhaltenskodex bestehen grosse Differenzen (Anwendung des Kodex, unabhängige Kontrolle, Offenlegung der Informationen). Der Bezug zur Clean Clothes-Kampagne ist eine Irreführung der KonsumentInnen. Im Sinne einer konstruktiven Kritik legen wir den Verantwortlichen von LINK unsere Beurteilung vor.

Die Clean Clothes Kampagne hält wie folgt fest:

  • Beim Label "Link – fair trade guarantee" der Firma Amana SA handelt es sich um ein Label das z.B. nur auf einzelne Produktelinien angewendet werden kann. Die Clean Clothes Campaign verlangt jedoch explizit, dass eine Firma ihre soziale Verantwortung für das gesamte Textilsortiment bzw. die gesamte Produktionskette wahrnimmt. Die Clean Clothes Campaign fordert die Umsetzung einer Unternehmensphilosophie, während LINK FAIR TRADE als reines Marketing-Instrument zu verstehen ist. Die Clean Clothes Campaign verlangt, dass sich weder Link noch Spengler auf den Clean Clothes Kodex berufen.
  • Arbeitsbedingungen in der Textilbranche ändern sich nur, wenn ein öffentlicher Druck dazu besteht. Deshalb schreibt der Clean Clothes-Kodex vor, dass die Situation in den Fabriken durch unabhängige Kontrollen geprüft werden muss. Durch die Beteiligung der Beschäftigten (Gewerkschaften) und den Einbezug von Nicht-Regierungsorganisationen (NGO) wird sowohl die Unabhängigkeit sicher gestellt als auch eine sachliche Information in der Öffentlichkeit ermöglicht. 
  • Die Firma Amana SA arbeitet weder mit NGOs zusammen noch wurden unabhängige Kontrollen im Sinne der Clean Clothes Campaign durchgeführt. Während die NGOs und KonsumentInnenorganisationen nicht angehört wurden, konnten sich die Vertreter der Textilindustrie sehr gut einbringen. Mit Herrn Uetz zählt niemand geringerer als der Präsident des Europäischen Textilhändler-Verbandes zu den Mitarbeitern der Firma Amana SA.
  • Amana SA vertreibt das Label LINK kommerziell. Dagegen wird die Clean Clothes Campaign in der Schweiz von den Entwicklungsorganisationen Brot für alle, Erklärung von Bern und Fastenopfer sowie rund 150 Nonprofit-Organisationen in 10 europäischen Staaten und Ländern des Südens getragen. Der Clean Clothes-Kodex fordert die Einhaltung der Grundrechte der Beschäftigen ein auf der Grundlage der Konventionen der internationalen Arbeitsorganisation (ILO).
  • Die Spengler AG wirbt im Katalog, wie auch in den Produkteinformationen, mit dem Namen Clean Clothes, ohne jemals direkt mit den Vertreterinnen und Vertretern der Kampagne Kontakt aufgenommen zu haben. Trotz mehrmaliger Aufforderungen seit dem Juni 1999 wurde der Hinweis auf den Clean Clothes Kodex, welcher auf einer am Kleidungsstück befestigten Karte geschrieben steht, nicht gestrichen.
  • Bereits im September 1999 wurden bei der Firma Spengler AG Kleider mit dem Label LINK eingeführt. Doch die einmaligen Kontrollen durch das Institut IMO (Institut für Marktökologie) wurden erst im Herbst 1999 durchgeführt. Inzwischen wurde die Zusammenarbeit mit der IMO wieder eingestellt. Zur Zeit besteht auch keine formale Beziehung mit der Zertifizierungsstelle CEPAA und eine Bewerbung um den Standard SA8000 von LINK liegt nicht vor. Von unabhängigen Kontrollen im Sinne unseres Kodex ist der Clean Clothes Campaign nichts bekannt.
  • Mehrere Kleiderlabel unterhalten Entwicklungsprojekte in den Produktionsländern. Diese Projekte können jedoch nicht die umfassende Einführung von Sozialstandards ersetzen. Von Nachteil für das soziale Engagement einer Handelsfirma ist die Tatsache, dass die Beiträge an die Sozialprojekte nach den Stückzahlen der verkauften LINK-Kleider bemessen werden. Die soziale Verantwortung einer Firma sollte jedoch am gesamten Umsatz gemessen werden bzw. ihre gesamten unternehmerischen Tätigkeiten umfassen. Problematisch ist aus entwicklungspolitischer Sicht auch, wie die Projekte ausgewählt werden, weil dabei auf die Kommunikationsinteressen der Kleiderfirmen Rücksicht genommen wird.

Die Clean Clothes Campaign geht neue Wege

Im ersten Jahr der Kleiderkampagne wurden über 48'000 Postkarten an die Kleiderfirmen in der Schweiz gesandt, mit der Aufforderung, für gerecht produzierte Kleider zu sorgen. Jetzt beginnt ein neues Kapitel: Migros Genossenschaftsbund, Mabrouc SA (Switcher) und Charles Veillon SA setzen sich gemeinsam mit der Clean Clothes Campaign für unabhängige Kontrollen bei Produktionsfirmen ein. Die drei Firmen haben sich verpflichtet, die Verhaltensgrundsätze gemäss dem Clean Clothes-Kodex allen ihren Lieferanten bekannt zu machen und die Einhaltung der Forderungen (keine Zwangsarbeit, keine ausbeuterische Kinderarbeit, Gewerkschaftsfreiheit, etc.) zu überwachen.

Zur Umsetzung des Kodex mit einer unabhängigen Kontrolle wird in zwei asiatischen Produktionsländern ein Pilotprojekt durchgeführt werden. Dieses Projekt hat Pioniercharakter, weil bisher weltweit erst wenige Erfahrungen bei der unabhängigen Kontrolle von Verhaltenskodizes gesammelt wurden.