Neue Lizenz zur Steuervermeidung im Schattenboxen mit der EU

Zürich, 21.05.2013 - Ein zentrales Element der Ende letzter Woche von Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf vorgestellten Massnahmen zur Entschärfung des Konflikts mit der EU um die Unternehmensbesteuerung sind „Lizenzboxen“. Werden diese aber nicht klar genug eingeschränkt, sind sie erneut eine Einladung zur Gewinnverschiebung und aggressiven Steuervermeidung. Der Zwischenbericht macht auch klar, dass die Steuersenkungen vor allem die Rohstoffhandelsfirmen bei Laune und in der Schweiz halten sollen.

Dass sich die Schweiz an die Abschaffung der steuerlichen Sonderregeln für Holding-, Domizil und gemischte Gesellschaften macht, ist längst überfällig. Im kürzlich vorgestellten Zwischenbericht finden sich auch endlich Zahlen zu den Steuererträgen der spezialbesteuerten Firmen. Wie hoch die Gewinne dieser Firmen und wie niedrig ihre effektiven Steuersätze sind, wird aber immer noch nicht offen gelegt. Klar beschränkt, können Steuerpräferenzen für Lizenzerträge das bewirken, wozu sie ursprünglich vorgesehen waren: die steuerliche Begünstigung von Forschung und Technologieentwicklung. Eine Steuerreduktion dürfte es dann aber nur für Erträge geben, denen reale Forschungsresultate im betreffenden Kanton zu Grunde liegen.

Das Gegenbeispiel wird heute schon in Nidwalden praktiziert. Deren Lizenzbox ist eine riesige Pandorabüchse, die es Konzernen erlaubt, alle möglichen Erträge intern zu verschieben. So gelten als Lizenzzahlungen nicht nur die Abgeltung für die Nutzung von Urheberrechten und Patenten, sondern auch „Marken, Muster oder Modelle, Pläne und geheime Formeln“. So verbuchte Erträge bezahlen rekordtiefe kantonale 1,2 Prozent Gewinnsteuern. Solch aggressive Steuervermeidung geht zu Lasten jener Steuern, die dort bezahlt gehören, wo mit Hilfe des ausgelagerten Wissens oder der Technologie tatsächlich gearbeitet wird und die reale Wertschöpfung erfolgt. Für die angestrebte „internationale Akzeptanz“ muss die Anwendung der Lizenzbox auf Fälle mit wirtschaftlicher Substanz beschränkt werden. Andernfalls würden Entwicklungsländer doppelt geschädigt: Einerseits sind sie kaum in der Lage Finanzflüsse innerhalb komplexer Konzernstrukturen zu überwachen und andererseits sind sie zur Armutsreduktion dringend auf die Steuererträge ausländischer Firmen angewiesen.

Neben dem Ersatz der heutigen Sonderregeln durch eine Lizenzbox sieht der Expertenbericht eine Senkung der kantonalen Gewinnsteuern vor. Die ebenfalls erwähnte zinsbereinigte Gewinnsteuer käme einer generellen Steuersenkung gleich, diesmal auch auf Bundesebene. Nötig sind diese Steuergeschenke, um jene mobilen Unternehmen in der Schweiz zu halten, deren Erträge sich nicht via Lizenzbox begünstigen lassen. Der Bericht spricht von „internationalem Grosshandel“, was faktisch grösstenteils der Rohstoffhandel ist. Dem mit diesem Wirtschaftszweig einhergehenden Klumpenrisiko verdankt die Schweiz also die aktuellen steuerpolitischen Verteilungskämpfe und die Aussicht auf weitere Milliardenausfälle bei der Unternehmenssteuer.