Neue Zahlen belegen: Schweizer Steuerprivilegien für Rohstoffkonzerne tragen zur Ausbeutung von Entwicklungsländern bei

Zürich, 11.10.2012 - Offizielle Angaben der Eidgenössischen Steuerverwaltung belegen erstmals das Ausmass der Gewinne transnationaler Firmen mit Schweizer Sitz, die dank kantonaler Regelungen in den Genuss eines Sonderstatus kommen. Die EU kritisiert diese Praxis, von der vor allem Rohstoffhändler profitieren.

Eine Anfang Oktober vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) veröffentlichte Studie schätzt die Gewinne der multinationalen Unternehmen mit Sonderstatus, die auf kantonaler Ebene von einem steuerlichen Vorzugstarif profitieren, auf 39 Milliarden Franken (im Jahr 2008). Damit wird das Ausmass der Gewinne, die dank kantonaler Sonderregelungen faktisch steuerbefreit sind, zum ersten Mal klar beziffert. Von der EU wird diese Sonderbehandlung scharf kritisiert. Auch deshalb hat sich die Bundesverwaltung bisher davor gehütet, Daten zu diesem ebenso brisanten wie relevanten Thema freizugeben.

Diese Woche nun hat das Westschweizer Fernsehen (RTS) erstmals offizielle Zahlen zu diesen unversteuerten Unternehmensgewinnen publiziert. Gemäss Informationen der Eidgenössischen Steuerverwaltung lagen diese 2008 gar bei 53 Milliarden Franken und im Folgejahr bei 62 Milliarden Franken. Nicht berücksichtigt in diesen gigantischen Beträgen sind die steuerfreien Beteiligungsgewinne, die sich allein 2008 auf 195 Milliarden Franken beliefen.

Um in den Genuss dieser Vorzugtarife zu kommen, müssen die Unternehmen mindestens 80 Prozent ihres Umsatzes im Ausland generieren. Es handelt sich also um nicht in der Schweiz erwirtschaftetes Steuersubstrat, das am Wertschöpfungsort bewusst unterschlagen und in die Schweiz transferiert wird, um von einem niedrigeren Steuersatz zu profitieren. In der SGB-Studie wird ersichtlich, dass ein Grosssteil dieser Gewinne aus dem Schweizer Rohstoffhandel stammt - einem Sektor, in dem die Umsätze in den letzten Jahren förmlich explodiert sind. Diese mit einem kantonalen Steuerprivileg angelockten Handelskonzerne sind vorwiegend in Entwicklungsländern tätig. Mit ihrer Unternehmenssteuerpolitik trägt die Schweiz folglich massgeblich zur Abwanderung des Steuersubstrats und damit zur Ausbeutung dieser Länder bei.