NGO-Bündnis fordert Regierungsklagen gegen Brokkolipatent

München/Zürich/Bern, 26.10.2011 - Mit sechs Meter hohem, fliegendem Gemüse und Ständen mit patentiertem Brokkoli haben heute 300 Menschen vor dem Europäischen Patentamt (EPA) in München gegen die Patentierung von Pflanzen und Tieren protestiert. Zur Demonstration aufgerufen hatte ein breites Bündnis von Umwelt-, Entwicklungs- und Bauernorganisationen. Nach der EPA-Ankündigung, das umstrittene Patent auf Brokkoli aufrecht zu erhalten, fordern die NGO jetzt die Regierungen zum Handeln auf.

Vor rund einem Jahr hat das Europäische Patentamt entschieden, dass konventionelle Züchtungsprozesse (zum Beispiel für Brokkoli mit gewissen Eigenschaften) nicht patentierbar sind. Mit einem juristischen Winkelzug haben es Patentanwälte aber geschafft, aus diesem Brokkoli nun doch eine patentierbare Erfindung zu machen. War der ursprüngliche Patentanspruch noch eine Methode zur Produktion von Brokkoli, so beinhaltet die aktuelle Variante nun Brokkoli-Pflanzen, welche mit eben dieser Methode gezüchtet wurden. Am Resultat ändert das freilich nichts: Das Produkt - der Brokkoli - bleibt patentiert.

„Mit billigen Tricks wird das Patentrecht hier ad absurdum geführt. Das bestehende Verbot von Patenten auf Pflanzensorten und biologischen Prozessen muss endlich durchgesetzt werden. Leidtragende der gängigen EPA-Praxis sind Züchter, BäuernInnen und KonsumentInnen, denn durch solche Patente wird Innovation verhindert statt gefördert“, sagt François Meienberg von der Erklärung von Bern (EvB).

Die internationale NGO-Koalition „No Patents on Seeds“, zu der auch Swissaid und EvB gehören, fordern die nationalen Regierungen auf, rechtliche Schritte gegen das skandalöse Brokkoli-Patent zu ergreifen. Sollten die bestehenden Gesetze so lückenhaft sein, dass Regierungsklagen nicht zum Erfolg führen, müssen die Patentgesetze nachgebessert werden. Nur so können die Interessen von Konsumierenden, Landwirten und Züchterinnen wirksam geschützt werden.

Tina Goethe von Swissaid weist auf die globale Tragweite der Patentpolitik hin: „Aus entwicklungspolitischer Sicht gefährden die Entscheidungen des Europäischen Patentamtes die Grundlagen der Welternährung. Patente auf Nahrungspflanzen widersprechen dem Recht auf Nahrung. Freien Zugang zu Saatgut brauchen ZüchterInnen genauso wie Landwirte, die Preisspirale bei Lebensmitteln darf durch solche Patente nicht noch weiter angetrieben werden.“

Das Europäische Patentamt (EPA) ist das Exekutivorgan der Europäischen Patentorganisation und bietet Erfindern ein einheitliches Anmeldeverfahren, über das sie in bis zu 40 europäischen Staaten (inkl. der Schweiz) Patentschutz erlangen können.