Schweizer Bevölkerung bezahlt für Patentrechte der Pharmaindustrie

Zürich und Bern, 19.12.2006 - Heute hat der Nationalrat diverse Artikel des revidierten Patentgesetzes verabschiedet, die einseitig den Interessen der Pharmaindustrie Rechung tragen. Patientinnen, Bauern und Züchter wie auch die Forschung stehen klar auf der Verliererseite. Der Ständerat ist gefordert, die Vorlage zu verbessern.

Patente auf Leben – auf Pflanzen, Tiere oder abgeleitete Gensequenzen des Menschen – werden mit dem heute revidierten Patentrecht nun explizit gestattet. Am Ende der Vernehmlassung hat sich eine breite Koalition aus Bauern-, Umwelt- und Konsumentenorganisationen sowie Hilfswerken und Institutionen aus Forschung und Medizin vehement gegen solche Patente auf Leben ausgesprochen. „Die Bedürfnisse breiter Gesellschaftsschichten sowie ethische Vorbehalte wurden hier den Partikularinteressen weniger Konzerne geopfert“, meint François Meienberg von der Erklärung von Bern nach dem Beschluss des Nationalrats.

Sogar die Möglichkeit eines eingeschränkten Stoffschutzes (der den Patentschutz auf die beschriebene Funktion begrenzt), ein Vorschlag der vom Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum selbst in die Vernehmlassung eingebracht und dort mehrheitlich begrüsst wurde, fand in der grossen Kammer keine Mehrheit. Den Parlamentariern wurde vielmehr vorgegaukelt, dass es sich beim Vorschlag des Bundesrats um einen Kompromiss handle. Dabei wurde geflissentlich verschwiegen, dass die Industrie in der so genannt paritätisch zusammengesetzten Kommission in der Mehrheit war. Tina Goethe von SWISSAID wertet diesen Entscheid auch als Affront gegen die Forschung, welche sich für einen eingeschränkten Stoffschutz stark gemacht hatte. Im Gegensatz zu unseren Nachbarländern Deutschland, Frankreich und Italien soll es in der Schweiz nun auch Patentschutz für Funktionen von Gensequenzen geben, die dem Erfinder gar nicht bekannt sind. „Der Ständerat muss diesen fatalen Fehlentscheid unbedingt korrigieren“, fordert Goethe.

Aus entwicklungspolitischer Sicht zu begrüssen sind insbesondere die neu eingeführten Zwangslizenzen für den Export von Pharmazeutika in Entwicklungsländer (über die erst morgen beschlossen wird) sowie die Offenlegung der Quelle bei Erfindungen, die auf genetischen Ressourcen oder traditionellem Wissen beruhen. „Die Offenlegung der Quelle ist ein erster Schritt zur Bekämpfung der Biopiraterie. Störend ist aber, dass man auch für Erfindungen, die auf illegal erhaltenen Ressourcen beruhen, nach wie vor Patentrechte bekommen soll. Dieser Schwachpunkt muss vom Ständerat nachgebessert werden“, sagt Meienberg.