Weltrangliste der Geheimniskrämer: Die Schweiz auf dem Siegerpodest

Bern/ Zürich, 01.11.2009 - Das internationale Netzwerk für Steuergerechtigkeit (Tax Justice Network) präsentiert am Montag in London erstmals den Financial Secrecy Index, eine Pionierstudie inklusive Rangliste der verschwiegensten Finanzplätze der Welt. Die Schweiz nimmt darauf den wenig schmeichelhaften dritten Platz.

Ein Team von Wissenschaftlern und Finanzexperten hat im Auftrag des Tax Justice Network untersucht, welche der sechzig bekanntesten Steueroasen und Offshorezentren die grösste Verantwortung für die Intransparenz der globalen Finanzmärkte trifft. Herausgekommen ist eine internationale Rangliste der geheimniskrämerischsten Finanzdienstleistungsplätze.

Die Schweiz steht auf dem unschönen dritten Platz. Spitzenreiter ist der US-Bundesstaat Delaware, gefolgt von Luxemburg. An vierter Stelle firmieren die Cayman Islands, gefolgt von der City of London. Sie alle begünstigen auf ihre Weise die Verheimlichung illegaler Finanzflüsse oder tragen so zur internationalen Steuerflucht bei. Den Entwicklungsländern entgehen durch Steuervermeidung und Steuerhinterziehung jedes Jahr Milliardenbeträge, die sie für die Armutsbekämpfung einsetzen könnten.

Das Tax Justice Network, zu dessen Gründungsmitgliedern die entwicklungspolitischen Organi-sationen Alliance Sud und Erklärung von Bern (EvB) gehören, zeigt mit dem neuen Index , dass nicht nur kleine exotische Inseln die internationale Steuerhinterziehung und die illegalen Finanz-transaktionen begünstigen. Das neue Messinstrument für Steuer- und Verdunklungsoasen unterscheidet sich denn auch deutlich von den Befunden der OECD. Aus politischem Kalkül und weil sie keine souveränen Staaten sind, blieben Finanzplätze wie Delaware, Nevada und London von der schwarzen und grauen OECD-Liste ausgeschlossen.

«Die Schweiz hat den Index als Aufforderung zu verstehen, sich international für mehr Transparenz der Finanzplätze einzusetzen und zugleich ihre Hausaufgaben zu lösen“», sagt Mark Herkenrath, Finanzexperte von Alliance Sud, der Arbeitsgemeinschaft der Hilfswerke. Die Ungleichbehandlung von Entwicklungsländern bei Doppelbesteuerungsabkommen müsse beendet und auch für sie die Zinsbesteuerung und mittelfristig der automatische Informationsaustausch eingeführt werden, fordert der Hilfswerk-Vertreter.

Laut Andreas Missbach von der Erklärung von Bern würden die Entwicklungsländer über jährliche Mehreinnahmen von 5,4 Milliarden Franken verfügen, wenn die in der Schweiz gelagerten privaten Steuerfluchtgelder ordentlich versteuert würden. «Das ist das Zweieinhalbfache der Schweizer Entwicklungshilfe», rechnet der EvB-Finanzexperte vor.