Handelsabkommen mit Malaysia: Schweiz muss auf Forderungen nach strengerem Sortenschutzgesetz verzichten

Seit Jahren kritisiert Public Eye die Schweiz, weil sie in ihren Freihandelsabkommen mit Ländern des Südens strikte Sortenschutzregimes fordert. In einem gemeinsamen Brief mit Partnerorganisationen verlangen wir von der Schweiz, in den aktuellen Verhandlungen mit Malaysia auf solch schädliche Forderungen zu verzichten.

Bilaterale Freihandelsabkommen (FHA) sind ein beliebtes Instrument, um Länder des Südens zu strengeren Sortenschutzrechten zu drängen. Im Rahmen von FHA-Verhandlungen zwischen den EFTA-Staaten und Entwicklungsländern fordert insbesondere die Schweiz regelmässig restriktivere Sortenschutzregimes, indem sie Partnerländer zu einem UPOV-Beitritt oder der Übernahme von zentralen UPOV-Bestimmungen verpflichten will. Mit dem Beitritt zu dieser zwischenstaatlichen Organisation werden Länder gezwungen, in ihren nationalen Gesetzen ein höheres Schutzniveau für kommerzielles Saatgut und Pflanzmaterial zu verankern. Dies entspricht jedoch in keiner Weise den Bedürfnissen dieser Länder, denn das Übereinkommen des internationalen Verbands zum Schutz von Pflanzenzüchtungen von 1991 (UPOV 91) verbietet grundsätzlich den Tausch und Verkauf von Saatgut und schränkt die freie Verwendung, selbst auf dem eigenen Feld, erheblich ein. Dies widerspricht auch dem Internationaler Vertrag über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft (ITPGRFA), der das Recht der Bauern und Bäuerinnen, Saatgut nachzubauen und zu tauschen ausdrücklich anerkennt und der auch von der Schweiz unterzeichnet wurde.

Public Eye hat bereits 2014 in einer breit angelegten Untersuchung die Gefahren eines Beitritts zu UPOV 91 aufgezeigt: Er wirkt sich negativ auf das informelle Saatgutsystem aus und erschwert damit den Zugang zu Saatgut für Kleinbauern und -bäuerinnen. Dies führt zu einer Gefährdung des völkerrechtlich verbrieften Rechts auf Nahrung. Ausserdem werden traditionelle Praktiken für den Erhalt, die nachhaltige Nutzung und Weiterentwicklung von Saatgut verunmöglicht, was zum Verlust dieses traditionellen Wissens führt.

Rechte der Bäuerinnen und Bauern schützen

Aufgrund von Hinweisen aus Verhandlungskreisen befürchten wir, dass die Schweiz in den laufenden Verhandlungen zu einem FHA mit Malaysia wiederum entsprechende Forderungen stellt. Zusammen mit über zwei Dutzend NGOs aus EFTA-Ländern und Malaysia hat Public Eye daher den Verhandlungsdelegationen einen Brief geschickt, um vor den schädlichen Auswirkungen des geforderten UPOV-Beitritts für das malaysische Saatgutsystem zu warnen. Darin verweisen wir auf die bestehende, einzigartige und ausgewogene Sortenschutz-Gesetzgebung in Malaysia, die Kleinbauern und -bäuerinnen das uneingeschränkte Recht garantiert, Saatgut zu tauschen, zu verkaufen und für den Anbau auf ihrem Land zu verwenden. Mit dem rigiden und an malaysische Verhältnisse völlig unangepassten UPOV 91-Modell wäre dieses Recht in Gefahr. Wie das Beispiel Malaysia und auch unsere umfassende Studie zeigen, existieren durchaus alternative Modelle, um den Schutz neuer Pflanzenzüchtungen sicher zu stellen und gleichzeitig die Rechte der Bauern und Bäuerinnen zu garantieren. Darum verlangen wir im Brief von den Verhandlungsdelegationen, auf jegliche Forderungen zu verzichten, die das garantierte Recht zur freien Verwendung von Saatgut in Malaysia einschränken.

Am 19. April haben wir vom EFTA-Sekretariat eine offizielle Antwort auf unseren Brief an die Delegationen der Verhandlungspartner erhalten. Diese ist jedoch nichtsagend, geht mit keinem Wort auf unsere Argumente ein und erschöpft sich in Floskeln wie „Die EFTA-Staaten und Malaysia beabsichtigen ein Freihandelsabkommen abzuschliessen, welches eine Win-Win-Situation für alle beteiligten Parteien schafft.“ Mit solchen Leerformeln geben wir uns natürlich nicht zufrieden. Wir werden bei der Schweizer Verhandlungsdelegation eine Aussprache beantragen, um unsere Position nochmals mündlich darzulegen und unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Sollte dies keine Früchte tragen, überlegen wir uns, über das Parlament Druck auf die Verhandlungsdelegation zu machen. Wir bleiben dran!