Umsetzung der CBD in Industriestaaten ungenügend

Bei der 8. Vertragsstaatenkonferenz der CBD in Curitiba (Brasilien) fordern die San den Schutz ihrer Rechte auch in den Ländern des Nordens

An einer Rahmenveranstaltung der 8. Vertragsstaatenkonferenz der Konvention zur biologischen Vielfalt (CBD) forderte die Erklärung von Bern, dass die Regierungen der Industrieländer ihren Verpflichtungen zur Umsetzung der CBD endlich nachkommen. Die Forderungen wurden gemeinsam mit der Partnerorganisation WIMSA (Namibia), dem Evangelischen Entwicklungsdienst (Deutschland) und Biowatch (Südafrika) vorgetragen.

Am Beispiel der Hoodia-Planze und des damit zusammenhängenden traditionellen Wissens der San wurde am Beispiel Deutschlands und der Schweiz aufgezeigt, dass Maßnahmen in Industrieländern offensichtlich nicht ausreichen, um die in der CBD verankerten Rechte der San zu sichern.

Annetta Bok vom San-Council in Südafrika legte dar, dass die Hoodia-Pflanze Teil des kulturellen Erbes der San ist und ihre Appetit zügelnde Wirkung zu ihrem traditionellen Wissen gehört. Die San haben mehrere Abkommen geschlossen, die ihnen einen Gewinn an der Vermarktung von Hoodia sichern sollen. Allerdings sei festzustellen, dass in Europa und den USA zahlreiche Hoodia-Produkte auf dem Markt seien, die nicht unter diese Abkommen fielen.

Mathambo Ngakaeaja erläuterte den Kampf der San um ihre Rechte. Als das Center for Scientific and Industrial Research (CSIR) in Südafrika bereits 1996 den in der Hoodia-Pflanze Appetit zügelnden Wirkstoff patentierte, wussten die San nichts davon. Erst als befreundete NGOs in Europa davon in den Zeitungen lasen und die San informierten, waren sie alarmiert. Mit Hilfe internationaler Unterstützung durch die Zivilgesellschaft gelang es ihnen schließlich, CSIR einen Vertrag abzuringen, der ihnen einen kleinen Anteil an Gewinnen aus der Kommerzialisierung von Hoodia sichern soll.

Kabir Bavikatte, Anwalt aus Südafrika und juristischer Berater der San, erläutert, in welch schwieriger Position sich die San befanden: die Verhandlungen über ihre Beteiligung an den Gewinnen (über ein Benefit-Sharing Agreement, wie es im Fachjargon heißt), begannen erst zu einem Zeitpunkt, als das Patent bereits erteilt war. Die San hatten somit wenig Druckmittel. Von einer vorherigen informierten Zustimmung zur Nutzung der Hoodia-Pflanze, wie sie die CBD vorsieht, konnte keine Rede sein. Insofern bedeutet die Tatsache, dass es nun doch ein Benefit-Sharing-Abkommen gebe, einen Erfolg. Im Februar 2006 wurde ein weiteres Bendfit-Sharing Agreement mit den Hoodia Pflanzern in Südafrika verabschiedet.

Diese Erfolge, so Francois Meienberg von der Erklärung von Bern, werden aber dadurch konterkariert, dass in den Industrieländern zahlreiche Hoodia-Produkte frei verkäuflich seien, ohne dass die San in irgendeiner Weise an den Gewinnen beteiligt seien. Hier werde deutlich, dass die Industrieländer Maßnahmen ergreifen müssten, um ihrer völkerrechtlich verbindlichen Verpflichtung zur Umsetzung der CBD gerecht zu werden. Im übrigen enthielten auch die 2001 verabschiedeten freiwilligen Richtlinien („Bonn Guidelines“) entsprechende Empfehlungen, die von den Industrieländern ebenfalls nur sehr unzureichend beachtet würden. Dies mache deutlich, dass freiwillige Richtlinien nicht ausreichten und die laufenden Verhandlungen im Rahmen der CBD zu einem rechtlich verbindlichen Regime führen müssen. Das Regime muss auch die Herstellung, den Handel und den Verkauf mit Produkten in einer Weise regulieren, welche die Rechte indigener Völker an ihrem traditionellen Wissen und ihren genetischen Ressourcen schützt.

Michael Frein, Curitiba, 30. März 2006