Wie sich die Industrie Patente auf Pflanzen und Tiere sichert

Trotz breit abgestützten politischen Widerstands werden in Europa laufend Patente im Bereich der konventionellen Pflanzenzucht erteilt. Eine aktuelle Recherche von Keine Patente auf Saatgut! zeigt, dass auch 2016 zahlreiche solche Patentanträge beim europäischen Patentamt EPA eingegangen sind. Der Bericht zeigt auf, wie die Industrie dabei geschickt Verbote umgeht und Schlupflöcher im Patentrecht nutzt, um sich Patente auf Pflanzen und Tiere zu sichern.

In Europa dürfen „essentiell biologische“, d.h. konventionelle Züchtungsverfahren, und (seit Juli 2017) auch die daraus resultierenden Pflanzen und Tiere im Grundsatz nicht patentiert werden. Dennoch hat das europäische Patentamt EPA in den letzten Jahren rund 200 solche Patente erteilt. 

Industrie sucht Schlupflöcher

Die europäische Patentorganisation versteht unter „essentiell biologischen“ Verfahren sexuelle Kreuzung und Selektion. Früher bezogen sich Patentansprüche der Industrie oft explizit auf diese in der konventionellen Züchtung zentralen Verfahren. Doch wie der neue Bericht zeigt, entwickelt die Industrie laufend Strategien, um die bestehende Verbote zu umgehen. Beispielsweise fokussieren viele neuere Patentanträge ausschliesslich auf die Selektion erwünschter genetischer Eigenschaften, ohne die Kreuzung im Patent zu erwähnen. Eine andere Strategie besteht darin, Verfahren, die der Kreuzung und Selektion sehr nahe kommen, mit komplizierter Terminologie zu umschreiben, um dem Patent damit einen technischen Charakter zu verleihen. Eine genauere Analyse der Patente zeigt, dass dahinter vielmehr juristische Spielereien statt technische Prozesse stecken, denn Kreuzung und Selektion bilden auch heute noch die Basis der konventionellen Pflanzenzucht.

Dennoch werden vom EPA aktuell zahlreiche derartige Patente erteilt. Und damit nicht genug: das EPA berät die Firmen sogar darin, wie sie ihre Patentansprüche entsprechend formulieren können. Beispielsweise wurde den Firmen Carlsberg und Heineken 2016 verschiedene Patente auf Bier erteilt, die auf zufälligen Mutationen im Erbgut beruhen. Die Patente wurden mit der Begründung erteilt, dass die Mutationen nicht im engen Sinne auf Kreuzung und Selektion gründen. Doch weder die Braugerste, das Brauverfahren noch das Bier sind eine Erfindung der Konzerne.

Ungleich lange Spiesse

Solche Patente behindern nicht nur den freien Zugang zu Saatgut und Vermehrungsmaterial, sondern festigen auch die Monopolstellung weniger Konzerne. Viele kleine und mittelständige Züchter verfügen im Gegensatz zu grossen Firmen weder über die nötige Expertise noch die finanziellen Mittel für Patente. So stammten auch 2016 die meisten Patentanträge im Bereich der konventionellen Züchtung, die bei der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) eingereicht wurden, von Dupont, Monsanto, Dow, Bayer und Syngenta.

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