Zweite Reaktion in dieser Protestwoche: Schild schreibt Protestierenden.

Heute hat mit Schild eine zweite Schweizer Modefirma reagiert. Besonders originell sind sie dabei nicht vorgegangen; es scheint ein vorgefertigtes BSCI-Mail zu geben, eines Verbandes, dem auch bspw. Calida oder Strellson angehören, welches nicht nur Calida, sondern jetzt auch Schild verschickt hat. Lest hier das Mail und unsere Stellungnahme dazu.

Mailreaktion von SCHILD auf die Protest-Botschaften Konsumierender, 2.9.2010

Sehr geehrte Damen und Herren

Sie haben uns Ihre Protestbotschaft bezüglich der Kampagne „Existenzlohn für alle“ zugestellt. Dazu möchten wir gerne Stellung nehmen.

SCHILD engagiert sich seit Jahren sehr stark für faire soziale Standards in den Produktionsländern. Nach wie vor produziert SCHILD mit rund 2/3 der Eigenmarken mehrheitlich im europäischen Raum. Den Rest lässt SCHILD in China produzieren; die Bedeutung dieses Liefermarktes nimmt aber zunehmend ab. SCHILD ist aus diesem Grunde schon 2008 der freiwilligen Interessengemeinschaft „Business Social Compliance Initiative“ (BSCI) beigetreten. Die BSCI setzt sich weltweit für faire ethische und soziale Arbeitsbedingungen ein und unterstützt ihre Mitglieder mit  Richtlinien, Schulungen, Audits und weiteren Instrumenten zur Durchsetzung von definierten sozialen und ethischen Standards.

Bezüglich der Entlöhnung gibt es bei BSCI sogar ein 2-stufiges Verfahren, welches jeder Lieferant durchlaufen muss:

1.         Die Lieferanten sind verpflichtet, den gesetzlichen Mindestlohn einzuhalten. Ist der branchenübliche Industrielohn höher als der Mindestlohn, sind sie sogar verpflichtet diesen auszuzahlen.

2.         Zusätzlich werden die Lieferanten aufgefordert, eine freiwillige Zusatzzahlung an ihre Arbeitnehmer zu leisten.

Die Festlegung des Existenzlohnes ist eine Aufgabe des Staates. Existenzsichernde Löhne können nicht verlangt oder kontrolliert werden, da es bisher keine allgemein gültige Definition eines existenzsichernden Lohnes gibt. SCHILD verlangt von seinen Lieferanten, ihren Arbeitnehmern faire und den regionalen Verhältnissen angepasste Löhne auf freiwilliger Basis zu bezahlen.

Des Weiteren ist SCHILD in Gesprächen mit NGO’s und begrüsst und unterstützt den Dialog mit diesen Organisationen sehr.

Für weitere Informationen zu SCHILD stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung, oder wenden Sie sich für Fragen zu BSCI an die BSCI-Pressestelle c/o renzo.radice@kirchhoff-nix.com.

Freundliche Grüsse

SCHILD AG

Dazu nimmt die Erklärung von Bern/ Clean Clothes Campaign am 2.9.2010 folgendermassen Stellung:

Die Firma Schild antwortet mit der Standard-Antwortmail von BSCI auf die Protestmail (siehe auch CCC-Antwort zu CALIDA).

Der BSCI-Verhaltenskodex beinhaltet die Verpflichtung zur Bezahlung des gesetzlichen Mindestlohnes und fordert zu freiwilligen Zusatzzahlungen auf. 20 Jahre Erfahrung der CCC zeigen deutlich, dass Freiwilligkeit in diesem Bereich nicht funktioniert. Der Bekleidungsmarkt ist knallhart, solange höhere Zahlungen freiwillig sind, werden sie nicht gemacht, und die NäherInnen bleiben in der Armutsmisere stecken.

Mindestlöhne, die nicht existenzsichernd sind, kommen auf der ganzen Welt in den Produktionsländern der Bekleidungsindustrie vor. Auch in Osteuropa sind die Löhne in der Regel viel zu tief angesetzt. Gerade auch in der Türkei, wo Schild nach China den zweitgrössten Anteil produzieren lässt, sind zu tiefe Löhne, lange Überzeiten, Fälschungen der Lohnkontrollen und massive Einschränkung der Gewerkschaften an der Tagesordnung.

Die Forderung nach einem Existenzlohn wird also nicht weniger relevant, wenn Schild einen zunehmend grösseren Teil nach Europa zurück verlagert. Hungerlöhne sind leider nicht nur ein Problem in China, sondern kommen auch in unserer europäischen Nachbarschaft vor.