Das Image des Ölhändlers leidet Socar – Feuer und Flamme für so vieles

Der staatliche Ölkonzern von Aserbaidschan versucht mit grossem Sport- und Kultursponsoring zu bestechen – in ganz Europa und besonders in der Schweiz, wo Socar das Esso-Tankstellennetz aufgekauft und seine wichtigste Handelsniederlassung angesiedelt hat. Doch sein Image hat stark gelitten, seit das Mutterunternehmen in den Sog der Kriegspropaganda von Präsident Alijew geraten ist. Aber auch, seit der Name Socar am Rande einer weitreichenden maltesischen Korruptionsaffäre auftauchte, die vermutlich zur Ermordung der Journalistin Daphne Caruana Galizia führte.

Etwas unbeholfen erscheint ein neuer Socar-Partner nach dem anderen auf dem Bildschirm. In Videos auf Youtube rühmen sie die Vorzüge der «eleganten, modernen und dynamischen» aserbaidschanischen Marke, deren Logo nunmehr die zu ihrer Autogarage oder ihrem Transportunternehmen gehörige Tankstelle ziert. Für den Bieler Händler, der «sehr viel Werbematerial» erhalten hat, bestehen keine Zweifel mehr: «Socar ist eine Schweizer Marke geworden.»

© wikimedia

Wir schreiben das Jahr 2014, zweieinhalb Jahre nach der Übernahme des Schweizer Netzes von 160 Esso-Tankstellen durch Socar Energy Switzerland. Der staatliche Ölriese aus Aserbaidschan, dem heute 200 Tankstellen in der ganzen Schweiz gehören – über 60 davon mit einem Migrolino-Shop, dessen Personal direkt bei der Schweizer Tochter des aserbaidschanischen Konzerns angestellt ist – ist voll auf Verführungskurs.

Socars Logo: eine Flamme in den Nationalfarben Aserbaidschans, aufgrund seiner reichen Erdölvorkommen auch Land des Feuers genannt.

Socar betreibt auf Twitter Kriegspropaganda

Dabei könnte fast in Vergessenheit geraten, dass Socar eine staatliche Gesellschaft unter der Gewalt des Clans um Präsident Alijew ist, Aserbaidschans Alleinherrscher seit der Unabhängigkeit des Landes 1991. Mithilfe des riesigen Staatskonzerns, einer wahren Geldmaschine, wird Europa mit Petrodollars überschwemmt und eine moderne Armee unterhalten, die im jüngsten Konflikt die armenische Bevölkerung in Bergkarabach in die Flucht trieb. Socar teilte die militärische Begeisterung vollumfänglich, wie die patriotischen und kriegslustigen Tweets des Staatskonzerns während des gesamten Konflikts zeigen.

Diese Haltung steht in krassem Gegensatz zu Socars bisherigen Bemühungen. Seit einem Jahrzehnt zückt der Konzern mit seinem 49-Milliarden-Dollar-Umsatz (2019) jederzeit gerne sein Scheckheft, um die Herzen der Europäerinnen und Europäer zu erobern. Ihre Königsdisziplin hat er sich auf jeden Fall gekauft: den Fussball. Für einen geheim gehaltenen Betrag überzeugte Socar die Uefa mit Sitz in Nyon, eine seiner Hauptpartnerinnen zu werden und Aserbaidschan zahlreiche europäische Prestige-Spiele im weit entfernten Baku zuzuspielen.

Auch Musikbegeisterte will die Hauptstadt verzücken. Aserbaidschan gewann 2011 den Eurovision Song Contest und war im darauffolgenden Jahr Gastland. Socar schaffte es zudem, sein damaliges Bohrturm-Logo neben demjenigen des Montreux Jazz Festival zu platzieren (und zahlte dafür 400000 Franken). Der Bohrturm wurde inzwischen durch die oben erwähnte Flamme in den Farben der aserbaidschanischen Flagge ersetzt, die noch immer stolz an der Seite der Co-Partner des Festivals lodert.

Socar wählte ausserdem die Schweiz als Standort für seine wichtigste Handelsfiliale, die Socar Trading SA. Die Ende 2007 diskret in Genf eingetragene Firma hat sich als bedeutende Akteurin im Öl- und Gashandelsgeschäft durchgesetzt und mit hohen Löhnen etliche Spezialistinnen und Spezialisten in ihre Reihen gezogen, die die «Professionalität» ihrer Arbeitgeberin in den höchsten Tönen loben. Und auf politischer Ebene macht die intensive bilaterale Zusammenarbeit zwischen Bern und Baku die kleine Kaukasusrepublik zu einer privilegierten Partnerin in der ehemaligen Sowjetunion.

«Socar hält Aserbaidschan am Leben und sein Geschäftsführer hat viel mehr Macht als ein Minister. Er muss unweigerlich ein Vertrauter des Präsidenten Ilham Alijew sein.»

So bringt es eine der Genfer Tochterfirma nahestehende Person auf den Punkt und karikiert die ausländischen Angestellten von Socar, die «in diesem hochpolitischen Kontext eine Pflicht zur Neutralität kennen, wie die drei kleinen Affen, die sich Augen, Mund und Ohren zuhalten.»

Die Verhaftung, die alles ändert

Was immer schwieriger fällt. Der Name Socar ist mehrmals in den Medien aufgetaucht, im Kontext einer ebenso peinlichen wie schmutzigen Affäre. Alles beginnt mit einer abenteuerlichen Verhaftung mitten auf dem Mittelmeer.

Am 20. November 2019 um halb sechs Uhr früh wird der Geschäftsmann Yorgen Fenech von der maltesischen Polizei auf seiner Luxusyacht mit Kurs auf Sizilien verhaftet. Der 39-jährige Malteser ist Erbe eines Hotel- und Casinokonglomerats. Vor allem aber ist er auch Socars lokaler Partner auf der kleinen Insel. Dank seines Geschicks konnte der aserbaidschanische Konzern eines seiner ambitioniertesten Projekte verwirklichen: den Bau und ab 2017 den Betrieb des neuen Gaskraftwerks Delimara im Südosten Maltas, das von Socar mit Flüssigerdgas (LNG) beliefert wird.

© GettyImages
Das Gaskraftwerk Delimara, das vom Konsortium Electrogas Malta betrieben wird.

Yorgen Fenech schläft heute im Gefängnis, er wird der «Beihilfe zum Mord» beschuldigt. Aufgrund der belastenden Beweislage wird er verdächtigt, die Ermordung der maltesischen Journalistin Daphne Caruana Galizia am 16. Oktober 2017 in Auftrag gegeben zu haben. Kurz bevor sie bei der Explosion ihres Autos ums Leben kam, stellte die Journalistin und Bloggerin Untersuchungen zu möglichen Veruntreuungen in Zusammenhang mit dem Kraftwerk an. Sie hatte 680’000 vertrauliche E-Mails und Dokumente von Electrogas Malta Ltd. erhalten, dem Konsortium, an das im Frühling 2013 der 450-Millionen-Euro-Auftrag zum Bau des Gaskraftwerks vergeben worden war. Socar Trading SA hält 33,3% der Aktien, ebenso der deutsche Grosskonzern Siemens. Das restliche Drittel wird von einem dritten Unternehmen kontrolliert, dessen Aktionär Yorgen Fenech ist. In Malta läuft derzeit eine Ermittlung gegen Electrogas.

Am Genfer Stammsitz der Socar Trading SA zeigt man sich verblüfft über den Sturz des maltesischen Geschäftsmanns. «Socar war sehr stolz auf dieses Projekt, das ganz aus Genf gesteuert wurde. Es ging darum, Schwer- und Gasöl und Diesel, die sehr umweltschädlich sind, durch Flüssigerdgas zu ersetzen, das Socar nach Malta importierte», gibt eine Quelle aus dem Bankwesen preis. Der aserbaidschanische Riese versucht nun, solche grossen, integrierten und «vorbildlichen» Projekte in Afrika zu vermarkten – schliesslich geht die nationale Rohölproduktion zurück, während das Gas im Überfluss zur Verfügung steht. Zudem weihte Aserbaidschan im Oktober zusammen mit der Europäischen Union die Trans Adriatic Pipeline (TAP) ein, eine Gaspipeline, die Erdgas aus dem Kaspischen Meer nach Westeuropa befördern soll. Der Sitz der Firma, die die TAP verwaltet, befindet sich in der Schweiz, konkret im steuergünstigen Baar im Kanton Zug.

«Für die Geschäftsleitung war Fenechs Verhaftung ein Schlag ins Gesicht.»,

erklärt ein Genfer Trader. «Sie fiel aus allen Himmeln. Es ist sehr schwer zu schlucken, dass man als mafiöses Unternehmen abgestempelt wird, das an einem Mord beteiligt gewesen sein soll», In Baku soll Socars Präsident explodiert sein: «Wir versuchen, unser Image aufzubessern, und dann passiert so etwas!», soll er ausser sich vor Wut gesagt haben.

Nun zeigt sich die Kehrseite der Medaille. Seit zwei Jahren untersuchen verschiedene internationale Medien Fenechs undurchsichtige Geschäfte im Rahmen des Daphne Project; sie stützen sich dabei auf Dokumente, zu denen auch Public Eye Zugang hatte. Die Rechercheteams entdeckten, dass die in Dubai eingetragene Firma 17 Black Limited im Herbst 2015 mehrere Millionen Dollar von Unternehmen erhalten hatte, deren wirtschaftlich Berechtigte alle Aserbaidschaner waren.

Hinter 17 Black Limited (später in Wings Development umbenannt) steckte niemand anderes als Yorgen Fenech, wie die Nachrichtenagentur Reuters und die «Times of Malta» enthüllten. Dieses Konstrukt hatte Daphne Caruana Galizias Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Sie hatte jedoch nicht die Zeit gehabt, die Geheimnisse zu entschlüsseln.

Ein ehemaliger U-Bahn-Angestellter als Strohmann

Ein Bericht der maltesischen Anti- Geldwäscherei-Behörde Fiau machte zwei als «suspekt» bezeichnete Überweisungen in einer Höhe von insgesamt 1,4 Millionen Dollar aus, die am 17. und 26. November 2015 an 17 Black Limited bezahlt worden waren. Das Geld kam von Mayor Trans Limited, einer auf den Seychellen registrierten Firma mit Konten in Montenegro und Lettland, deren letztendlich Begünstigter (ultimate beneficial owner, UBO) zu dieser Zeit ein gewisser Rufat Baratzada war. Gemäss Entdeckungen von Reuters sieht der aserbaidschanische Bürger ganz nach einem Strohmann aus: Es handelt sich um einen ehemaligen U-Bahn-Angestellten, der in einer bescheidenen Wohnung in Baku lebt.

Die Ermittlungsbehörden in Malta interessierten sich ausserdem für zwei Firmen aus Panama, die Ende 2015 gegründeten Hearnville Inc. und Tillgate Inc., deren wirtschaftlich Berechtigte zwei maltesische Amtsträger waren: Konrad Mizzi, der maltesische Energieminister, der den Bau des neuen Gaskraftwerks unterstützt hatte,

und Keith Schembri, der Stabschef des damaligen Premierministers Joseph Muscat, der das Dossier ebenfalls mitverfolgte. In einer E-Mail vom 17. Dezember 2015 ist zu lesen, die Konten der beiden Firmen würden «innerhalb eines Jahres Einnahmen von 2 Millionen Euro generieren», und zwar dank monatlicher Zahlungen in Höhe von 150 000 Euro von 17 Black Limited und einem anderen Konstrukt.

Ob Yorgen Fenech den Herren Mizzi und Schembri das Geld tatsächlich überwiesen hat, ist nicht bekannt. Jedenfalls mussten die beiden nach seiner Verhaftung zurücktreten.

Die maltesische Polizei ermittelt derzeit wegen Verdachts auf Geldwäscherei und Korruption in Zusammenhang mit dem Kraftwerksvertrag. Die mysteriöse Mayor Trans Limited, die in Malta keine bekannten Aktivitäten betrieb, soll für korrupte Zahlungen benutzt worden sein. Bisher unbeantwortet ist die Frage, ob dieses Konstrukt im Auftrag der Socar Trading gehandelt haben könnte.

Bisher konnte keine formelle Verbindung zwischen den beiden Unternehmen hergestellt werden. Doch Public Eye ist an ein weiteres Teil des riesigen Puzzles gelangt. Laut unseren Informationen erschien Rufat Baratzada bei der Eröffnung des Kontos von Mayor Trans Limited in Montenegro als Unterzeichner, wohingegen der letztendlich Begünstigte (UBO) ein gewisser T. H. war. Auf Linkedin sind unter diesem Vor- und Nachnamen mehrere Personen registriert, darunter ein Socar-Ingenieur mit lapidarem Profil. Ein Element, das zwar nicht ausreicht, um eine Verbindung zu bestätigen, aber doch irritiert.

Finanzakrobatik noch und noch

Ab 2015 betreute eine bekanntere Figur das maltesische Kraftwerksprojekt von Genf aus: Turab Musayev, aserbaidschanisch-britischer Doppelbürger. Eine Quelle berichtet, dieser Geschäftsmann mit sehr westlichem Habitus sei von der Socar Trading «aufgrund seiner Kompetenzen im Gassektor» eingestellt worden und sei «auch mit dem Aufbau des heute sehr gut funktionierenden Flüssigerdgas-Desks in London betraut» gewesen. Offiziell hatte Turab Musayev den Status eines Beraters.

Innerhalb des Electrogas-Konsortiums sicherte sich die Socar Trading das beste Kuchenstück und erreichte, dass der maltesische Staat sie während zehn Jahren damit betraute, das neue Kraftwerk mit Flüssigerdgas (LNG) zu versorgen. Und da Socar Trading dieses LNG nicht selbst liefern konnte, unterzeichnete sie im April 2015 einen Kaufvertrag mit dem Riesen Shell, der im Übrigen auch für die Beförderung des Produkts nach Malta und die anschliessende Lagerung zuständig war. Socar Trading nahm damit also eine reine Vermittlerrolle ein. Reuters berechnete, dass die Genfer Socar-Tochter 2015 zwar 113 Millionen Dollar für den Kauf von LNG ausgab, dieses aber anschliessend für 153 Millionen an Electrogas weiterverkaufte und damit 40 Millionen Dollar Gewinn machte.

Mehrere Brancheninsider äusserten Zweifel an der Rationalität dieses Geschäfts und fragten sich, warum Electrogas das Flüssigerdgas nicht direkt und damit deutlich günstiger bei Shell bezogen hatte.

Wie Reuters im Juni 2020 enthüllte, bestand auch im Rahmen eines anderen Grossprojekts eine persönliche Verbindung zwischen Turab Musayev und Yorgen Fenech: zum Windpark Mozura in Montenegro. Und auch hier stösst man auf einen zumindest verworrenen Deal: Im Dezember 2015 erwarb die staatliche maltesische Energiegesellschaft Enemalta 99% der Aktien des Windparks von einer Offshore-Firma namens Cifidex Limited für 10,3 Millionen Euro. Zwei Wochen zuvor hatte diese auf den Seychellen ansässige Briefkastenfirma denselben Anteil für 2,9 Millionen Euro gekauft.

Involviert in die ausgeklügelte Transaktion war die berüchtigte 17 Black Limited: Sie hatte Cifidex 3 Millionen Euro vorgeschossen und sich den Betrag anschliessend zurückzahlen lassen – mit einem Zuschlag von 4,5 Millionen Euro «Gewinnbeteiligung».

Reuters zufolge kontrollierte Turab Musayev die Firma Cifidex, was der aserbaidschanische Geschäftsmann jedoch abstritt. Er drohte, gegen fünf maltesische Medien zu klagen, die diese Information ebenfalls veröffentlicht hatten. Im vergangenen August brachte die Daphne Foundation neue Beweise für die Beteiligung des aserbaidschanischen Geschäftsmanns an diesem Konstrukt zutage. Im Dezember 2019 trat Turab Musayev auf leisen Sohlen aus dem Verwaltungsrat von Electrogas Malta zurück.

Was weiss die Chefin von Socar Trading?

Mariam Almaszade, seit Juni 2018 CEO von Socar Trading, könnte wohl einige Fragen beantworten. In einem früheren Leben arbeitete die aserbaidschanische Juristin, die in der Schweiz studiert hatte, bei der damaligen Genfer Kanzlei De Cerjat Prensilevich De Blasi. Wie mehrere uns bekannte E-Mails zeigen, war sie von 2012 bis 2015 mit der Verwaltung mehrerer Firmen betraut.

Ihr Auftraggeber war Rovshan Tamrazov, ein aserbaidschanischer Geschäftsmann mit einem Profil, das stutzig macht. Im Internet findet man weder Artikel noch Bilder des offiziellen Inhabers der Handelsfirma Maddox SA, die seit 2013 in Genf ansässig ist, sowie ihres Offshore-Gegenstücks Maddox Energy Trading, das 2010 auf den britischen Jungferninseln eingetragen wurde und dessen einzige Aktionärin ab März 2011 eine andere, ebenfalls dort ansässige Gesellschaft namens Crowbar Holdings war.

Von 2012 bis 2015 war Mariam Almaszade die alleinige Geschäftsführerin der Crowbar Holdings. Der Recherchedesk der «Tribune de Genève» deckte vor Kurzem auf, dass die Offshore-Gesellschaft am 24. November 2015 über 2,3 Millionen Euro auf das Konto von Yorgen Fenechs 17 Black Limited überwiesen hatte. Der Grund für diese Zahlung bleibt rätselhaft.

Rechtshilfegesuch aus Malta in Sachen Socar Trading

Ein ehemaliger Genfer Trader, der sich bis 2013 im Umfeld Roshvan Tamrazovs bewegte, zeigte sich «sehr überrascht», da ihm zufolge «Maddox/Crowbar weder in Malta noch in Montenegro Geschäfte machte». Im vergangenen August ersuchte die maltesische Justiz die Bundesanwaltschaft um Rechtshilfe in Sachen Socar Trading. Sie interessiert sich insbesondere für die von Crowbar getätigte Zahlung. Die maltesische Anfrage sei in Bearbeitung, bestätigte uns ein Mediensprecher der Bundesanwaltschaft. Somit ist alles offen.

Schon lange wird in der Ölbranche über die engen Verbindungen zwischen Maddox und Socar Trading gemunkelt. Mariam Almaszade ist der lebende Beweis dafür. 2016 stieg sie ins Ölhandelsgeschäft ein, übernahm die Maddox SA und avancierte 2018 zur CEO von Socar Trading. Ein Banker, der die Händler und Händlerinnen der ehemaligen Sowjetunion bestens kennt, bestätigte, dass Maddox seit jeher in Socars Schoss gedieh. «Mariam Almaszade muss den Mächtigen Aserbaidschans wirklich nahestehen, um den Sprung von der kleinen Maddox zur riesigen Socar zu schaffen», erklärte er.

Von Public Eye dazu befragt, antwortete uns Socar Trading über eine internationale, auf Reputationsmanagement spezialisierte Agentur. Die Genfer Filiale gab sich «zutiefst erschüttert über den Mord an Daphne Caruana Galizia», wollte sich aber nicht zur laufenden Untersuchung äussern. Socar Trading distanzierte sich von Turab Musayev, den sie als «ehemaligen unabhängigen Berater» bezeichnete, der seine eigenen Projekte realisieren konnte und dessen Dienste «von der Firma nicht mehr in Anspruch genommen werden». Gemäss Turab Musayevs Profil auf Linkedin dauerte diese Beratungstätigkeit sieben Jahre und endete im Oktober 2020. Während dieser Zeit hatte der unabhängige Berater immerhin eine E-Mail- und Postadresse von Socar Trading, wie eine E- Mail zeigt, die in den Medien durchsickerte.

Socar Trading antwortete auch, man würde weder die Mayor Trans Limited noch deren wirtschaftlich Berechtigte kennen. Was die Crowbar Holdings betrifft, erklärte Mariam Almaszade, sie hätte «keine Kenntnis von der Zahlung» von 2,3 Millionen Euro an Yorgen Fenechs Firma im November 2015 gehabt, da sie im «ersten Quartal 2015» als Geschäftsführerin abgelöst worden sei. In der von der «Tribune de Genève» veröffentlichten Untersuchung versicherte eine ihr nahestehende Person, die anonym bleiben möchte, ein Walliser Jurist habe ihre Stelle übernommen und Frau Almaszade habe «keine Bankgeschäfte» für die Crowbar getätigt. Unterlagen, in die wir Einsicht erhielten, zeigen jedoch, dass sie als Geschäftsführerin der Maddox Energy Trading (deren alleinige Aktionärin die Firma Crowbar war) gelegentlich Rechnungen erhalten und Zahlungen kontrolliert hatte.

Fragen, die wir dem Walliser Juristen stellten, blieben unbeantwortet.

An den Schweizer Tankstellen, wo die blau-rotgrüne Socar-Flamme lodert, hat kaum jemand von diesen weit entfernten Intrigen Wind bekommen.

Doch im Zuge der um sich greifenden Enthüllungen fällt es dem stumm bleibenden Staatskonzern aus Aserbaidschan immer schwerer, sich als «elegante, moderne und dynamische» Marke zu positionieren.

© Keystone
Socar gehören heute 200 Tankstellen in der ganzen Schweiz, über 60 davon mit einem Migrolino-Shop.

Mehr zum Thema

Aserbaidschans Schicksal ist eng an den Rohölpreis gebunden: Das Erdöl hat Aserbaidschan reich gemacht. Innerhalb von 20 Jahren hat sich das Einkommen pro Kopf fast verzwanzigfacht. Doch grösster Profiteur ist der staatliche Ölkonzern Socar. Und dieser ist eng verbunden mit dem herrschenden Clan der Alijews.

Artikel lesen.

Dieser Artikel erschien im Public Eye Magazin Bestellen Sie kostenlos das Magazin