Schweiz-Kasachstan: eine lange Liebesgeschichte mit vielen Skandalen

Die Recherche von Public Eye über die geheimen Vermögenswerte des kasachischen Präsidenten Kassym-Schomart Tokajew, die teilweise von der Schweiz aus verwaltet wurden, ist nur eine Episode einer jahrzehntelangen Saga. Sie erzählt von der Anziehungskraft, die das friedliche Helvetien – insbesondere seine diskreten Finanz- und Immobilien-Dienstleistungen sowie seine Rohstoffhandelsfirmen – auf die Elite des autoritären zentralasiatischen Landes Kasachstan ausübt. Und von den Skandalen, die sich daraus ergeben können.
© Keystone / Salvatore Di Nolfi
Handschlag zwischen Bundespräsident Guy Parmelin und dem kasachischen Präsidenten Tokajew bei einem offiziellen Besuch in der Schweiz im November 2021.

Anfang der 2000er Jahre entdeckte die Genfer Justiz die Konten von Präsident Nursultan Nasarbajew bei Credit Agricole und Pictet in Genf, die von US-amerikanischen Ölfirmen geäufnet wurden, um im Gegenzug Förderrechte in Kasachstan zu erhalten. Daraufhin wurden rund 115 Millionen Franken gesperrt. Diese erste «Kasachstan-Affäre» endete mit der Rückzahlung dieser Gelder an NGOs vor Ort unter der Aufsicht der privaten Stiftung Bota.  

Im Jahr 2010 ermittelte die Bundesanwaltschaft (BA) gegen Nasarbajews Schwiegersohn, den Milliardär Timur Kulibajew, und einen seiner Partner wegen Geldwäscherei. Diese umfangreiche Untersuchung, in die auch die Credit Suisse verwickelt war, wurde 2013 eingestellt. Als Reaktion auf ein Rechtshilfeersuchen war die kasachische Finanzpolizei zu dem Schluss gekommen, dass in Kasachstan niemand zu Schaden gekommen ist und folglich keine vorherige Straftat zu den mutmasslich in der Schweiz begangenen Geldwäschegeschäften vorlag.  

Kurz vor der Einleitung des Verfahrens hatte sich Dinara Kulibajewa, die jüngste Tochter des Präsidenten und Ehefrau des Milliardärs Timur Kulibajew, in der Schweiz niedergelassen, zunächst 2007 im Tessin und zwei Jahre später in Genf, wo sie heute zwei Immobilien besitzt, die sie für horrende Summen in Anières (74,7 Millionen Franken) und Collonge-Bellerive (62 Millionen Franken) erworben hat. Sie lebt dort immer noch in aller Ruhe und profitiert von einer Pauschalbesteuerung.  

Auch die umstrittene kasachische Familie Khrapunov hat ein Auge auf die Schweiz geworfen und sich 2007 in Cologny niedergelassen. Viktor, der ehemalige Bürgermeister der grössten kasachischen Stadt Almaty, wurde damals verdächtigt, die materielle Bereicherung seiner Frau Leila unterstützt zu haben. Zusammen mit ihrem Sohn Ilyas, der mit Muchtar Abljasows Tochter verheiratet ist – dem nach Frankreich geflüchteten langjährigen politischen Gegner Nasarbajews, der ebenfalls für die Veruntreuung von Milliarden beschuldigt wird – wurden sie zu den schwarzen Schafen des derzeitigen Regimes. 

An den Ufern des Genfersees sind die kasachischen Netzwerke besonders geschäftig. 2014 enthüllte Le Temps, wie Thomas Borer (der ehemalige Schweizer Botschafter in Berlin) und die grosse Zürcher Anwaltskanzlei Homburger AG im Auftrag der kasachischen Regierung gearbeitet hatten. Damit sollte Druck auf die Schweizer Justiz ausgeübt werden, die sich gerade geweigert hatte, die Khrapunovs – im Rahmen einer 2012 eingeleiteten und inzwischen eingestellten Ermittlung – auszuliefern, damit sie ihre Haltung änderte. Nationalrat Christian Miesch (SVP/BL), ein enger Freund Kasachstans und seines autoritären Regimes, hatte gemeinsam mit Lobbyisten aus der kasachischen Hauptstadt Astana eine entsprechende Interpellation verfasst. 

Schliesslich machte auch Nationalrätin Christa Markwalder (FDP/BE) Schlagzeilen. Ihr 2013 eingereichter, regimefreundlicher parlamentarischer Vorstoss war von einer PR-Agentur verfasst worden, die von einer dem Ex-Präsidenten Nasarbajew nahestehenden kasachischen politischen Partei beauftragt worden war.

Die dunklen Geschäfte des kasachischen Präsidenten liefen über die Schweiz