Bundesrätliches Ja zum Yusufeli-Staudamm ist voreilig und unverantwortlich

Zürich, 14.02.2007 - Knapp zwei Monate nach der Gewährung einer Exportrisikoversicherung für den gigantischen Ilisu-Staudamm im Südosten der Türkei hat der Bundesrat in seiner heutigen Sitzung nun auch den Weg für den Yusufeli-Staudamm geebnet. Der Bau eines weiteren Mammutkraftwerks im Nordosten des Landes würde für die Menschen der Region jedoch gravierende wirtschaftliche und ökologische Schäden bedeuten.

Heute hat der Bundesrat eine zwar mit zusätzlichen Auflagen versehene, aber grundsätzliche Zusage für eine Exportrisikoversicherung erteilt, die Alstom Schweiz für Generatorenlieferungen in Millionenhöhe erhalten soll. Die Erklärung von Bern (EvB) bedauert diesen Entscheid zu Gunsten des Yusufeli-Staudamms ausserordentlich. Die der EvB vorliegenden Studien sowie eigens in Auftrag gegebene Expertisen zeigen, dass auch dieses Dammprojekt in keinster Weise den internationalen Standards (wie jenen der Weltbank oder der OECD) entspricht.
Die Umsiedlungspläne für die betroffenen 12000 Menschen sind mangelhaft. Selbst ein Bericht vom türkischen Ministerium für öffentliche Bauten kommt zum Schluss, dass das vorgesehene Ersatzland – trockene Felsböden – „ungeeignet“ ist und keine angemessene Entschädigung für die Stadt Yusufeli darstellt. Durch die Überflutung des Coruh Tals werden zudem die gesamten Einnahmen aus Landwirtschaft und Tourismus wegfallen.
Die Massnahmen, welche den Lebensunterhalt der betroffenen Bevölkerung sichern sollen, sind unvollständig und intransparent. Überdies gibt es keine ausreichende Vereinbarung zwischen der Türkei und dem Anrainerstaat Georgien über die Nutzung des grenzüberschreitenden Flusses Coruh. Klar missachtet werden auch ökologische Standards: Bedroht sind zwölf in der Region lebende Tierarten sowie 21 Pflanzenarten. Für keine Pflanzen- bzw. Tierart. sind jedoch ökologische Ausgleichsmassnahmen vorgesehen. Überdies ist damit zu rechnen, dass beim Bau des Staudamms zwei endemische Fischarten aussterben werden.
Aufgrund dieser zahlreichen Mängel ist es nicht erstaunlich, dass der Bundesrat den positiven Grundsatzentscheid an zusätzliche Auflagen geknüpft hat. Schon im Fall des Ilisu-Staudamms erteilte der Bundesrat vergangenen Dezember eine Exportrisikoversicherung an vier Schweizer Firmen, nachdem er vorgängig mit der türkischen Regierung diverse Zusatzauflagen ausgehandelt hatte. In beiden Fällen wurden diese Auflagen jedoch nicht veröffentlicht. Die betroffene Bevölkerung weiss daher nicht, ob ihre Anliegen berücksichtigt werden.
Die EvB fordert eindringlich, dass erstens alle Zusatzauflagen unverzüglich veröffentlicht werden und zweitens, dass in Übereinstimmung mit Weltbankstandards zuerst alle strittigen Fragen geklärt werden, bevor der Bundesrat endgültig über Projekte von solcher Tragweite entscheidet.