Etappensieg gegen Biopiraterie: Nach EvB-Einsprüchen zieht Pharmaunternehmen Patente zurück

Zürich/Bonn/Johannesburg, 27.04.2010 - Die Erklärung von Bern begrüsst die Ankündigung des deutschen Pharmaunternehmens Schwabe, wonach es vier vom Europäischen Patentamt bereits erteilte Pelargonium-Patente und ein weiteres eingereichtes nicht mehr verfolgen wird. Dieser wichtige Etappensieg im Kampf gegen Biopiraterie wurde freilich nur möglich, weil die EvB gemeinsam mit dem African Centre for Biosafety und dem Deutschen Evangelischen Entwicklungsdienst Schwabe mit Einsprüchen unter Druck gesetzt hatten. Eigentlich dürften solche Patente gar nicht erst erteilt werden.

Schwabe-Arzneimittel mit Sitz in Karlsruhe, deren Pelargonium-Produkt Umckaloabo wesentlich zum Umsatz des Unternehmens beiträgt, hat diverse Patente auf die medizinische Verwendung der Kap-Pelargonie angemeldet. Gegen vier davon hat die EvB gemeinsam mit ihren Partnern in Südafrika 2008 und 2009 beim Europäischen Patentamt (EPA) Einspruch erhoben. Dies weil es sich bei den Patenten um illegitime und illegale Aneignungen von traditionellem Wissen und genetischen Ressourcen handelt, die in eklatantem Widerspruch zur Biodiversitätskonvention stehen. Am 27. Januar 2010 hatte das EPA einem ersten Einspruch statt gegeben und ein Pelargonium-Patent auf ein Extraktionsverfahren widerrufen. Gestern nun kündigte Schwabe an, fünf Pelargonium-Patente nicht weiter zu verfolgen. Darunter sind alle vier, gegen welche die EvB Einspruch erhoben hat.

Mariam Mayet vom African Center for Biosafety kündigt an, dass die Trägerinnen und Träger des traditionellen Wissens in Alice, Südafrika, wo die Pelargonien geerntet werden, dennoch weiter kämpfen. Jetzt gehe es um eine angemessene Entschädigung für die unrechtmässige Nutzung des traditionellen Wissens der Gemeinschaft zur Produktion des Arzneimittels Umckaloabo. "Die Alice Community hat ein vitales Interesse an der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der Pelargonium-Arten in Südafrika und am Schutz ihres traditionellen Wissens. Die aktuellen Kräfteverhältnisse müssen sich ändern, inklusive der Eigentumsfragen", so Mayet.

"Der nächste Schritt besteht darin, Biopiraterie auch jenseits des Patentsystems zu bekämpfen", ergänzt François Meienberg von der Erklärung von Bern. "Die Nutzer biologischer Ressourcen und traditionellen Wissens müssen die Vorschriften der Biodiversitätskonvention erfüllen, insbesondere jene zur vorherigen informierten Zustimmung und gerechten Aufteilung des Nutzens." Gefragt ist also Gerechtigkeit, nicht Wohltätigkeit. Solange der Nutzen nicht aufgrund einvernehmlich festgelegter Bedingungen mit denjenigen geteilt wird, die ihr traditionelles Wissen und ihre genetischen Ressourcen zur Verfügung stellen, bleibt das Problem der Biopiraterie bestehen.

"Dass Schwabe seine fünf Pelargonium-Patente nicht weiter verfolgt, ist ein Durchbruch gegen Biopiraten", kommentiert Michael Frein vom Evangelischen Entwicklungsdienst. "Schwabes Pelargonium-Patent zu Extraktionsmethoden wurde erfolgreich bekämpft, aber es ist unmöglich, alle ähnlich gelagerten Fälle mit der gleichen Aufmerksamkeit zu verfolgen. Nur ein starkes, völkerrechtlich verbindliches internationales Abkommen kann Biopiraterie verhindern und den Opfern umfassende Rechtssicherheit geben."