Kurzsichtige Strategie

Stellungnahme der Erklärung von Bern zum Verkauf des Kraftwerkgeschäfts durch die Firma ABB

Wenige Monate nach Sulzer hat nun auch die Firma ABB am 30. März ihr Kraftwerkgesellschaft vollständig verkauft. Dieser Entscheid kommt nicht überraschend. Übertriebene Nachfrageprognosen, Finanzierungsprobleme und der Widerstand gegen Grossprojekte haben die Kraftwerkindustrie seit Beginn der 90er Jahre in eine Krise gebracht. Mit der Verhinderung des Milliardenauftrags Bakun in Malaysia haben im Fall von ABB auch NGOs (Nichtregierungsorganisationen) wie die Erklärung von Bern (EvB) zu den Problemen beigetragen.

An der ABB-Aktionärsversammlung vom April 1998 hatte die EvB den Antrag gestellt, dass die Firma ihre Kraftwerkstrategie überdenken und verstärkt auf die Rehabilitierung bestehender Anlagen und auf Alternativenergien ausrichten solle. In der Studie "High Risk - Low Return?" hatten die EvB und der Schwedische Naturschutzbund SSNC zuerst aufgezeigt, dass die Strategie der ABB mit ihrem starken Schwerpunkt auf neuen Grossprojekten keine längerfristige Zukunft hat.

Der ABB-Verwaltungsrat lehnte den EvB-Antrag ab, und Firmenchef Göran Lindahl betonte an der Aktionärsversammlung 1998 das langfristige Engagement seiner Firma im Kraftwerkgeschäft. Stattdessen folgt nun plotzlich der vollständige Rückzug aus dieser Branche. Die Erklärung von Bern bedauert diese wenig vorausschauende Strategie.

ABB Power Generation bzw. Sulzer Hydro werden vorläufig auch als Teil der Firmen Alstom bzw. VA Tech Kraftwerkkomponenten produzieren. Aufträge wie Drei-Schluchten (China) und Ilisu (Türkei) bleiben bestehen; ein möglicher Auftrag für das Maheshwar-Kraftwerk im indischen Narmada-Tal könnte auch unter Alstom über die Schweiz abgewickelt werden. Die EvB wird diese Projekte aus sozialen und ökologischen Gründen bekämpfen. Das Schicksal von Adtranz Schweiz zeigt auf, dass der Verkauf des Kraftwerkgeschäfts durch ABB und Sulzer die Produk- tion in der Schweiz zudem gefährdet, ohne dass irgendwelche Alternativen erarbeitet würden.

Die jüngste Entwicklung zeigt zudem, dass die Exportrisikogarantie (ERG) mit ihrem starken Schwerpunkt auf grossen Wasserkraftwerken ein kurzsichtiges und wenig geeignetes Instrument zur Arbeitsplatzsicherung in der Schweiz bildet. Im Fall des Drei-Schluchten-Auftrags konnte die EvB beispielsweise 1998 aufgrund interner ABB-Dokumente zeigen, dass die ERG jeden Arbeitsplatz fur diesen Auftrag mit 26'000 Franken pro Jahr subventioniert. Mit der Förderung innovativer Zukunftstechnologien könnte der Bund längerfristig mehr und zukunftstauglichere Arbeitsplätze schaffen als durch den Versuch, durch kontroverse ERG-Aufträge Arbeitsplätze und Strukturen zu erhalten, die keine langfristige Zukunft haben.