Syngentas Börsen-Comeback: Warnung vor versteckten Investitionsrisiken!

Fünf Jahre nach seiner Dekotierung hat Syngenta für Ende Jahr einen Börsengang in China angekündigt. Eine von Public Eye in Auftrag gegebene Studie berechnet vor diesem Hintergrund erstmals die finanziellen Risiken durch das für Mensch und Umwelt hochgefährliche Geschäftsmodell. Neben den vielen hängigen Gerichtsfällen und immer mehr Verboten seiner veralteten Pestizide schlagen Klimaschäden durch das intransparente Kunstdünger-Geschäft besonders zu Buche. Zusammen könnten diese Gefahrenherde den Basler Konzern – und damit die Investor*innen – zwei bis dreistellige Milliardenbeträge kosten. 

Kurz nach der Übernahme durch den Staatskonzern ChemChina wurde 2017 Syngenta von der Schweizer Börse SIXT genommen. Diesen Sommer liessen die neuen Eigentümer nun verlauten, dass sie «vor Ende 2022» ein «initial public offering (IPO)» an der Shanghaier Tech-Börse Star Market planen. Mit einem Volumen von 45 Milliarden Dollar wäre dieser «Mega-Börsengang» international einer der grössten dieses Jahres. Angedacht ist auch schon eine Schweizer Zweitkotierung. Vor der Börsenzulassung müssen Unternehmen aber potenzielle Investor*innen mittels eines (in diesem Fall nur in Chinesisch verfügbaren) IPO-Prospekt über ihre Geschäftsrisiken informieren. Die laufenden Rechtsstreitigkeiten und eine verstärkte Regulierung seiner Pestizide, deren Negativeffekte auf Menschen und Umwelt immer besser dokumentiert sind, werden dort zwar erwähnt. Der Agrochemie-Konzern verzichtet aber auf jegliche Kalkulation der finanziellen Folgen, die sich daraus ergeben. 

Gänzlich ausschweigen tut sich der Prospekt über den im Portfolio versteckten Klimakiller: Kein Wunder, denn das inzwischen schon 14% am globalen Umsatz ausmachende Düngergeschäft birgt grosse Geschäftsrisiken. Das decken die Finanzanalysten von Profundo in einer für Public Eye erstellten Pionierstudie auf. Basierend auf Emissions-Schätzungen der Düngerindustrie hat das Amsterdamer Forschungsinstitut berechnet, dass Syngenta mit diesem Geschäftszweig zwischen 2016 und 2050 fast neun Mal mehr Treibhausgase verursachen dürfte als mit ihrem Pestizid- und Saatgutgeschäft. Auf der Basis von EU-Kohlenstoffpreisen schätzt Profundo mögliche Kostenfolgen über diesen Zeitraum auf bis zu 127,4 Milliarden Dollar. Dies unter Annahme, dass künftig die Emissionen (inkl. Dünger) der gesamten Gruppe – zu der neben der Syngenta AG auch der Pestizidhersteller Adama und die Landwirtschaftssparte von Sinochem gehören – bepreist werden. Das ist fast das Dreifache der durch den IPO angestrebten Marktkapitalisierung. 

Massiv sind auch die potenziellen Kosten der von Syngentas Produkten verursachten Gesundheits- und Umweltschäden. Profundo hat den direkt auf Pestizide zurückführenden Anteil an Behandlungskosten für zwei anerkannte Berufskrankheiten bei Anwender*innen von Paraquat & Co und an der Trinkwasseraufbereitung in Folge Pestizidverschmutzung berechnet. Allein dadurch könnten Syngenta in den nächsten zehn Jahren weltweit Kostenfolgen von 7,2 bis 14,4 Milliarden Dollar entstehen. Hinzu kommen weitere, zurzeit schwer bezifferbare Beträge etwa durch weltweit jährlich Millionen akute Pestizidvergiftungen. Bald könnte der Konzern in mehreren Gerichtsfällen zur Kasse gebeten werden. Nur schon die gegen 2000 Menschen, die Syngenta in den USA und Kanada für ihre Parkinsonerkrankung verklagt haben, können Entschädigungen in Milliardenhöhe bedeuten. Hinzu kommen Forderungen kanadischer Imker, die eine Dezimierung ihrer Bienenvölker geltend machen. 

All das zeigt: Das aktuelle Geschäftsmodell von Syngenta birgt auch finanziell hochgefährliche Altlasten und taugt nicht für die grossen Herausforderungen unserer Zeit wie die Klimakrise. In die Zukunft investieren geht deshalb definitiv anders.  

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Oliver Classen, Mediensprecher, 044 277 79 06, oliver.classen@publiceye.ch  

Carla Hoinkes, Landwirtschaftsexpertin, 044 277 79 04, carla.hoinkes@publiceye.ch