Uno-Konferenz über Entwicklungsfinanzierung: Scheitern vorprogrammiert

Bern, 11.03.2002 - Im Hinblick auf die Uno-Konferenz über Entwicklungsfinanzierung, die am 18. März in Monterrey (Mexiko) beginnt, werfen Schweizer NGOs den Industrieländern eine destruktive Haltung vor. Insbesondere die USA hätten alles daran gesetzt, die Konferenz zu einem internationalen Stelldichein ohne konkrete Resultate zu degradieren. Alles, was die Industriestaaten irgendwie verpflichtet hätte, sei im Voraus aus der Schlussresolution hinausgekippt worden. Auch die Position der Schweiz wird kritisiert.

Den reichen Ländern sei es offensichtlich nicht ernst damit, die weltweite Armut bis 2015 zu halbieren, erklärten die Arbeitsgemeinschaft der Hilfswerke, die Erklärung von Bern und Fastenopfer an einer gemeinsamen Medienkonferenz in Bern. Sie handelten nach der Devise „Wir haben kein Geld. Die Armen sollen sich selber helfen“.

Erstmals in ihrer Geschichte organisiert die Uno vom 18. bis 22. März in Monterrey (Mexiko) eine Weltkonferenz, die sich ausschliesslich mit Fragen der Entwicklungsfinanzierung beschäftigt. Zur Debatte steht die Frage, wie die grossen globalen Entwicklungsziele, insbesondere die Halbierung der Armut bis 2015, finanziert werden können. Die Agenda reicht von der Mobilisierung eigener Ressourcen und der Zukunft der öffentlichen Entwicklungshilfe über die Rolle privater Kapitalflüsse und des Handels sowie der Entschuldung bis hin zur Reform des Weltfinanzsystem. Die Entwicklungsländer, die in der Uno die Konferenz gegen den Willen der Industriestaaten durchsetzten, verknüpften denn auch grosse Hoffnungen an sie.

Diese Hoffnungen seien schon vor Konferenzbeginn zunichte gemacht worden, erklärten Schweizer Entwicklungsorganisationen in Bern. „Monterrey“ werde die Bemühungen im weltweiten Kampf gegen die Armut nicht weiterbringen, sondern zurückwerfen, erklärte Bruno Gurtner von der Arbeitsgemeinschaft Swissaid/Fastenopfer/Brot für Alle/Helvetas/Caritas. Die Industriestaaten, allen voran die USA, hätten den ursprünglichen, durchaus substantiellen Uno-Vorschlag für die Abschlussresolution nach Strich und Faden verwässert. Alle für die Industrieländer halbwegs verpflichtenden Formulierungen seien herausgestrichen worden. Zudem hätten die USA ihre Präsenz in Monterrey davon abhängig gemacht, dass das jetzige „Nullresultat“ nicht mehr verändert werde. Die Devise der reichen Länder laute ganz offensichtlich: „Wir haben kein Geld. Die Armen sollen sich selber helfen“, kritisierte Gurtner.

Schlechte Noten erhielt auch die Schweiz, die ebenfalls vorab auf unverdächtige Absichtserklärungen gesetzt habe. Auch sie anerkenne zwar, dass es eine substantielle Erhöhung der Entwicklungshilfe brauche, um die Milleniumsziele zu erreichen, erklärte Markus Brun von Fastenopfer. Gleichzeitig habe sie es aber abgelehnt, im Schlussdokument quantitative Vorgaben zu integrieren. Das sei typisch für die Haltung des Bundesrates: Gegen aussen brüste er sich damit, die Entwicklungshilfe bis 2010 auf 0,4 Prozent des Bruttosozialproduktes zu erhöhen. In Tat und Wahrheit sei dieses bescheidene Ziel (die Uno gibt 0,7 Prozent vor) schon längst wieder in Frage gestellt. Brun forderte den Bund auf, trotz Schuldenbremse die Entwicklungsgelder wie versprochen zu erhöhen und sich mittelfristig an der Uno-Vorgabe zu orientieren. Auch sei es höchste Zeit, den Widerstand gegen neue Finanzierungsquellen wie die Kapitaltransaktionssteuer (Tobin Tax) aufzugeben.

Gegen den Versuch des Monterrey-Konsenspapiers, internationalen Handel und ausländische Direktinvestitionen als die geeigneten Entwicklungsinstrumente darzustellen, wehrte sich Christine Eberlein von der Erklärung von Bern. Die Handelsliberalisierungen hätten in vielen Entwicklungsländern dazu geführt, dass die Märkte mit Billigimporten überflutet und kaputt gemacht wurden – zum Schaden der lokalen ProduzentInnen. Umgekehrt seien viele nördliche Länder noch immer nicht bereit, ihre Märkte für Produkte aus dem Süden zu öffnen, was den Entwicklungsländern Milliardenverluste eintrage. Bei den Direktinvestitionen hätten es praktisch alle Regierungen abgelehnt, die von NGOs und Gewerkschaften geforderte rechtliche Verankerung von Pflichten und Standards für ausländische Investoren estzuschreiben. „Wir brauchen kein privates Sponsoring von Entwicklungshilfe, sondern verbindliche Regeln zugunsten der Rechte der armen Menschen und für nachhaltige Finanzflüsse“, meinte die EVB-Vertreterin.