Forderung an Bundesrat Deiss: Keine Kapitalmarktliberalisierung in ärmeren Ländern

Der Druck der Kampagne "Kein weltweiter Ausverkauf des Service public an die WTO" scheint vorerst Erfolg zu haben. Die Schweizer Regierung zeigt sich in ihren Liberalisierungsabsichten in Bereichen des Service public sehr zurückhaltend.

Während die Schweiz in den GATS-Verhandlungen also wenig geben wird, will sie dafür von ärmeren Ländern umso mehr nehmen. So fordert die Schweiz von zahlreichen ärmeren Ländern die Liberalisierung ihrer Finanzmärkte sowie die Abschaffung der Kapitalverkehrskontrollen, obwohl gerade letztere Forderung seit der Asienkrise 1997/98 sehr kritisch diskutiert wird.

Die Erklärung von Bern fordert von Bundesrat Deiss die Rücknahme dieser von den Banken diktierten Forderungen.

Schweizer GATS-Forderungen für den Finanzsektor

Zürich, 4. Juni 2003

Sehr geehrter Herr Bundesrat Deiss

In den folgenden zwei Jahren wird sich die Schweiz aktiv an den WTO-Dienstleistungsverhandlungen beteiligen. Wir freuen uns, dass Sie die Bedenken der Schweizer Bevölkerung ernst nehmen und versichern, dass keine Bereiche des Service public Gegenstand dieser WTO-Verhandlungen sein werden.

Anlass zur Besorgnis ist jedoch die Tatsache, dass die Schweiz von zahlreichen Schwellenländern die Liberalisierung des Kapitalverkehrs sowie die Abschaffung der Kapitalverkehrskontrollen verlangt. Seit der Asienkrise 1997/98 wird die Kapitalverkehrsliberalisierung sowohl in der Wissenschaft und neuerdings sogar vom Internationalen Währungsfonds zunehmend kritisch beurteilt. Es wird festgestellt, dass Kapitalverkehrsliberalisierungen zu spekulativen Blasen führen können, die Inflation anheizen, die Kapitalflucht fördern und Länder anfälliger machen für die Übertragung von Finanzkrisen aus anderen Ländern.
Im beiliegenden Papier „Die Schweizer GATS-Forderungen für den Finanzsektor“ gehen wir näher auf diese Punkte ein.

Wir bitten Sie, sich dafür einzusetzen, dass die Schweiz die Forderung nach Kapitalmarktliberalisierung, insbesondere die Forderung nach der Abschaffung von Kapitalverkehrskontrollen zurücknimmt. Diese Forderungen liegen im alleinigen Interesse der Schweizer Banken und widerspiegeln in keiner Weise ein verantwortungsvolles Handeln zugunsten einer nachhaltigen Entwicklung in ärmeren Ländern.

Mit freundlichen Grüssen
Erklärung von Bern
Marianne Hochuli
Verantwortliche für den Bereich Handelspolitik

Kopien an das seco: Herrn Luzius Wasescha und Herrn Matthias Mayer