Aussenwirtschaftspolitik: Neue Strategie ohne gesetzliche Grundlage

Public Eye und Alliance Sud begrüssen die gestrige Anhörung zur neuen Aussenwirtschaftsstrategie in der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats (APK-N), kritisieren aber deren ungenügende Rechtsgrundlage. Sie fordern ein griffiges Aussenwirtschaftsgesetz um diesen für Menschenrechte und Umwelt höchst relevanten Politikbereich auf eine solide Basis zu stellen.

An ihrer Sitzung hat sich die APK-N mit der bundesrätlichen Aussenwirtschaftsstrategie befasst. Die Überprüfung der Strategie hat sich laut Bundesrat Parmelin wegen der «tiefgreifenden Veränderungen» in der Welt aufgedrängt. Public Eye und Alliance Sud begrüssen diese Neuausrichtung, auch weil die neue Strategie ihre langjährige Forderung nach mehr Transparenz und Mitsprache in der Aussenwirtschaftspolitik aufnimmt. Enttäuschend ist hingegen ihre Beschränkung auf die Förderung des Schweizer Wohlstands und damit die eigenen Wirtschaftsinteressen. Dabei wird u.a. auf Artikel 54 der Bundesverfassung verwiesen. Dieser Artikel beinhaltet aber auch die Achtung der Menschenrechte und die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen.

Die Hauptkritik der beiden Organisationen betrifft aber die fehlende gesetzliche Grundlage der Strategie. Denn das aus dem Jahr 1982 stammende Bundesgesetz über aussenwirtschaftliche Massnahmen dient einzig dem Schutz der Schweizer Wirtschaft und bietet daher keinen rechtlichen Rahmen für die in der Strategie in Aussicht gestellte «nachhaltige Aussenwirtschaftspolitik». Zudem gibt die Bundesverfassung, auf welche sich die neue Strategie abstützt, in der Aussenpolitik wenig inhaltliche Orientierung. Daher braucht es dringend eine Konkretisierung der verfassungsrechtlichen Grundlagen in Form eines Aussenwirtschaftsgesetzes, wie es Public Eye und Alliance Sud wiederholt gefordert haben, zuletzt anlässlich der Kontroversen um mutmasslich aus Zwangsarbeit stammende Importprodukte aus der chinesischen Region Xinjiang.

Das notwendige Gesetz muss Grundsätze, Ziele und Prioritäten der Schweizer Aussenwirtschaftspolitik und besonders des Aussenhandels festlegen. Denn wie das knappe Resultat der Abstimmung zum Indonesien-Abkommen gezeigt hat, steht der Souverän bilateralen Handelsabkommen, die Menschenrechte und Umweltfragen zu wenig berücksichtigen, zunehmend kritisch gegenüber. Zudem muss ein Aussenwirtschaftsgesetz die Mitwirkungsverfahren definieren, um die in der Strategie in Aussicht gestellte «partizipative Aussenwirtschaftspolitik» auf eine solide Rechtsgrundlage zu stellen, damit die demokratische Legitimation der Handelspolitik künftig kein Lippenbekenntnis bleibt.

Weitere Informationen bei:

Thomas Braunschweig, Public Eye, 044 277 79 11, thomas.braunschweig@publiceye.ch
Isolda Agazzi, Alliance Sud, 079 434 45 60, isolda.agazzi@alliancesud.ch