Dammbruch mit Konsequenzen: Europäisches Amt erlaubt Patente auf Pflanzen und Tiere

Das Europäische Patentamt (EPA) öffnet der Monopolisierung unserer Lebensgrundlagen Tür und Tor. In einem Präzedenzfall hat das Amt Patente auf konventionell gezüchtete Tomaten und Brokkoli akzeptiert. Die Erklärung von Bern und SWISSAID kritisieren diese Entscheidung scharf. Sie begünstigt Agrarkonzerne wie Syngenta und Monsanto und wird die Innovation in der Tier- und Pflanzenzucht bremsen.

Das Urteil der Grossen Beschwerdekammer des EPA ist ein seit langem erwarteter Grundsatzentscheid. Für die internationale Koalition «Keine Patente auf Saatgut»* führt sie das bestehende Patentrecht ad absurdum. Denn laut Gesetz sind Verfahren zur konventionellen Züchtung von Pflanzen und Tieren nicht patentierbar. Die Produkte, die aus dieser Züchtung entstehen, sollen hingegen Patentschutz erhalten – wie jetzt bei Tomaten und Brokkoli geschehen. Auf diese Weise kann das Verbot für Patente auf konventionelle Züchtungsverfahren problemlos umgangen werden.

«Das Patentamt hat mit seinem Entscheid den Weg für Konzerne wie Syngenta und Monsanto geebnet, die Kontrolle über die Grundlagen unserer Ernährung zu übernehmen», sagt François Meienberg, Landwirtschafts-Experte der Erklärung von Bern. «Wir fordern die Schweiz und die anderen Mitgliedstaaten des Europäischen Patentübereinkommens auf, jetzt politisch Druck auf das Europäische Patentamt auszuüben, um diese Praxis sofort zu stoppen.»

SWISSAID und die Erklärung von Bern halten auch nach dem EPA-Entscheid an ihrem im letzten Frühling eingereichten Einspruch gegen ein Peperoni-Patent von Syngenta fest. «Dabei handelt sich erstens um eine Entdeckung und nicht um eine Erfindung», sagt Fabio Leippert, Landwirtschaftsexperte von Swissaid. «Zudem behindern solche Patente eine vielfältige und innovative Tier- und Pflanzenzucht.» Laut der Koalition «Keine Patente auf Saatgut» sind beim EPA bereits mehr als 7500 Patentanträge auf Pflanzen und rund 5000 auf Tiere eingereicht worden; 3800 Patente wurden bereits erteilt. Rund 120 davon betreffen die konventionelle Züchtung, 1000 solche Anträge sind noch hängig.


Kontakte:

François Meienberg, Erklärung von Bern, 079 796 76 12
Fabio Leippert, SWISSAID, 078 621 76 74

Weitere Informationen:

Patente-Dossier der Erklärung von Bern

*Die Koalition «Keine Patente auf Saatgut»

«No patents on seeds» wird von der Erklärung von Bern, SWISSAID, Bionext (NL), Gene Watch (GB), Greenpeace Deutschland, Kein Patent auf Leben! (D), Misereor (D), Résau Semences Paysannes (F), Rete Semi Rurali (I) und dem norwegischen Development Fund getragen. Unterstützt von mehreren hundert Organisationen, setzt sich die Koalition gegen die Patentierung von Pflanzen und Tieren ein.