Dunkle Deals und mangelnde Verantwortung: Ernüchternde Bilanz an erster Glencore-GV

Zug, 09.05.2012 - Undurchsichtige Geschäfte, Steuerflucht, Missachtung von Menschen- und Umweltrechten: Ein Jahr nach seinem Börsengang werden die Vorwürfe gegen den Schweizer Rohstoffriesen Glencore immer lauter. An der heutigen ersten Generalversammlung fordern regierungsunabhängige Organisationen (NGO) deshalb mehr Transparenz – und von der politischen Schweiz eine bessere Regulation des risikoreichen Rohstoffsektors.

Anlässlich der ersten Generalversammlung des Zuger Rohstoffkonzerns hat die britische NGO „Global Witness“ Recherchen zu Geschäften von Glencore in der Demokratischen Republik Kongo publiziert. Sie zeigen ein Geflecht intransparenter Deals, primär mit Firmen des Israeli Dan Gertler, der eng mit Kongos Präsident Kabila befreundet ist. Offenbar hat Kongos Regierung Lizenzen für Kupfer- und Kobaltminen weit unter Marktwert verkauft, viele davon an den Mittelsmann Gertler. Durch diese korrupte Praxis könnten Kongos Bevölkerung dringend benötigte Einnahmen von über fünf Milliarden Dollar entgangen sein.

Glencore, mit 186 Milliarden Dollar Umsatz zweitgrösster Schweizer Konzern, ist zwar seit einem Jahr an den Börsen von London und Hongkong kotiert. Trotzdem finden sich im Geschäftsbericht kaum Informationen zu diesen umstrittenen Geschäften. Genau so wenig wie zu den jüngst publik gewordenen Vorwürfen, Glencore kaufe über Zwischenhändler im Kongo von Kindern geschürfte Rohstoffe, halte sich nicht an gesetzliche Arbeitsstandards und habe durch seine Bergbau-Aktivitäten den Fluss Luilu massiv verschmutzt.

In Kolumbien wiederum, wo Glencore Kohleminen betreibt, wurde der Konzern im Januar 2012 gebüsst, weil er seine Aktienmehrheit bei mehreren Tochterunternehmen nicht registrieren liess. Aktuell untersucht der Rechnungsprüfungshofs Glencores Bergbau-Lizenzen und die mögliche Übervorteilung Kolumbiens. Etwas Licht ins Dunkel könnte in solchen Fällen die Publikation der an Förderländer bezahlten Steuern und Abgaben bringen, wie dies neue Gesetze in den USA und der EU anstreben.

Dass Glencore regelmässig für Negativschlagzeilen sorgt, ist Folge seiner hochriskanten Geschäftsstrategie. So lagen wertmässig 2011 über 70 Prozent der Produktionsanlagen im Kongo, in Kolumbien, Kasachstan oder Äquatorialguinea, also in besonders korruptions- und konfliktreichen Regionen. Dass die Minimierung sozialer und ökologischer Risiken im Rohstoffsektor eine gemeinsame Verantwortung von Staat und Firmen ist, betonte Alexander Karrer vom Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) kürzlich am „Global Commodities Summit“ in Lausanne. Neben Firmen wie Glencore muss also auch die politische Schweiz aktiv werden und Transparenz- und Sorgfaltsstandards für den Sektor verbindlich gestalten, so wie es die NGO-Kampagne Recht ohne Grenzen fordert.