Dunkle Schweizer Deals des kasachischen Präsidenten

Public Eye liegen exklusive Dokumente vor, die zeigen, wie Kassym-Schomart Tokajew vor einigen Jahren und höchst diskret über Vermögenswerte von Rohstoff-Firmen verfügte. Damit hat der heutige Präsident von Kasachstan und vorherige Generaldirektor der Vereinten Nationen in Genf möglicherweise gegen kasachisches Gesetz verstossen. Betrieben hat Tokajew diese verdeckten Geschäfte über seinen eingebürgerten Sohn, der in der Rhonestadt lebt. Ein Teil der Profite ist auf einem Zürcher Konto bei Julius Bär gelandet. Der Fall illustriert die Attraktivität der Schweiz für die zentralasiatische Elite und die Notwendigkeit eines öffentlichen Registers der wirtschaftlich Berechtigten von Unternehmen.

2019 wurde Kassym-Schomart Tokajew zum Präsidenten von Kasachstan gewählt. Der Nachfolger des berüchtigten Nursultan Nasarbajew gab im Januar 2022 den Schiessbefehl auf Demonstrationen gegen die Erhöhung der Gaspreise, bei denen 232 Menschen starben. Anlässlich der Krise erwirkte Tokajew eine Verfassungsänderung , um sich von seinem Vorgänger zu distanzieren, der jahrzehntelang den Autoritarismus, die Korruption und den Nepotismus im Land verkörperte. Soeben hat er vorgezogene Neuwahlen angekündigt, die am 20. November 2022 stattfinden werden.

Unsere Auswertung Tausender E-Mails aus den Jahren 2006 bis 2014 zeigt, wie Tokajew selbst genau jene Praktiken nutzte, die in der Elite Kasachstans schon unter Nasarbajew grassierten. Die Dokumente legen offen, dass er neben seinen damaligen politischen Funktionen namhafte Beteiligungen an zwei kasachischen Unternehmen besass: Abi Petroleum Capital sowie Kazakhstan Tungsten & Molybdenum Company (KTMC). Dabei könnte es sich um einen Verstoss gegen kasachische Gesetze handeln, die Beamten und Parlamentariern verbieten, privatwirtschaftlich tätig zu sein und Unternehmensbeteiligungen über 5% zu halten.

Die Anlagen in Erdöl und Metallen verwaltete sein in Genf ansässiger Sohn Timur Tokajew sowie ein Neffe. Auf dem Papier waren die Beiden die Aktionäre der zwei Unternehmen, deren Gewinne zum Teil in die Schweiz transferiert wurden: Von Oktober 2012 bis Februar 2013 können wir Zahlungen von fast 1,8 Millionen US-Dollar der Abi Petroleum Capital auf ein Konto von Julius Bär in Zürich belegen. Dieses gehörte Edelweiss Resources LLP, einer Briefkastenfirma, die kurz zuvor von Timur Tokajew gegründet wurde. Ein seltsamer Dienstleistungsvertrag zwischen den beiden Unternehmen – die den gleichen Personen gehörten – diente der Privatbank gegenüber als Erklärung für die Geldflüsse.

In seiner Zeit als Generaldirektor der Vereinten Nationen in Genf (von März 2011 bis Oktober 2013) versuchte Kassym-Schomart Tokajew auf Anraten des damaligen Präsidenten Nasarbajew, seine Beteiligungen zu verkaufen. Sein Sohn Timur leitete damals die Renovation eines Konferenzsaals im Genfer UNO-Gebäude. Finanziert wurden die Arbeiten vom kasachischen Staat, inklusive stolzen 384’117 US-Dollar für Wandteppiche, die an dessen Schwiegermutter gingen.

Kasachstan steht auf Rang 102 von 180 des Corruption Perception Index 2021 von Transparency International. Die von Public Eye eingesehenen Dokumente zeigen, wie Anwält*innen, Treuhänder*innen und Bankangestellte der mächtigen Familie Tokajew in Genf, Zürich, Basel und im Tessin den roten Geldteppich ausgerollt haben. Die Schweiz braucht dringend mehr Transparenz im Finanzwesen, insbesondere über ein Register der wirtschaftlich Berechtigten von Unternehmen. Der Bundesrat muss dafür die entsprechende Empfehlung der Financial Action Task Force (FATF) umsetzen, welche globaler Mindeststandard zur Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität ist.

Mehr Informationen hier oder bei:

Oliver Classen, Mediensprecher, 044 277 79 06, oliver.classen@publiceye.ch

Robert Bachmann, Rohstoffexperte, 044 277 79 22, robert.bachmann@publiceye.ch