Fabrizierte Verluste: NGOs lancieren OECD-Beschwerde gegen Glencores Steuerpraktiken

Zürich/Paris/Lusaka/Ottawa, 12.02.2011 - Gemeinsam mit Partnerorganisationen in Sambia, Frankreich und Kanada hat die Erklärung von Bern (EvB) heute offiziell Beschwerde gegen Glencore eingereicht. Sie wurde beim „Nationalen Kontaktpunkt“ der OECD-Richtlinien für multinationale Konzerne deponiert, der in der Schweiz beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) angesiedelt ist. Vorgeworfen werden dem Zuger Rohstoffgiganten massive Manipulationen und Buchführungstricks in Sambia.

Im Vorfeld seines Börsengangs wird Glencore heute offiziell mit seinen skandalösen Steuervermeidungspraktiken in Sambia konfrontiert. Der Grund: Trotz rekordhohen Kupferpreisen hat die Glencore-Tochter Mopani in den letzten Jahren immer nur Verluste ausgewiesen und deshalb nie Gewinnsteuern bezahlt. Minderheitsaktionäre an der Kupfermine, an der Glencore 73,1 Prozent hält, sind die kanadische Bergbaufirma First Quantum und der sambische Staat. Die Beschwerde der EvB und ihrer Partner stützt sich auf ein Audit der Buchprüfungsfirmen Grant Thornton und Econ Pöyry, das im Auftrag der sambischen Steuerbehörden mit Unterstützung Norwegens durchgeführt wurde.

Zu den auffälligsten Unregelmässigkeiten gehören die darin untersuchten, weil unerklärlich aufgeblasenen Betriebskosten von Mopani. Allein fürs Jahr 2007 haben die Buchprüfer für 380 Millionen Dollar keinerlei plausible Erklärung gefunden. Dazu kommen im Vergleich mit anderen Minen viel zu tiefe Kobalterträge und Verkaufspreise für Kupfer, die weit unter dem internationalen Referenzpreis lagen. Da Glencore fast alleiniger Abnehmer der Minenproduktion von Mopani ist, stellen die zu tiefen Kupferpreise eine eklatante Verletzung des „Arm’s Length Principle“ der OECD dar. Die dort festgeschriebene Pflicht auch im firmeninternen Handel Marktpreise zu verrechnen, soll genau das vermeiden, was Glencore während Jahren getan hat: Durch systematische Unterfakturierung ein rohstoffreiches Entwicklungsland um seine Einnahmen zu bringen.

Sambia ist eines der ärmsten Länder der Welt und die von Glencore im Jahr 2000 ausgehandelten „Royalties“ (Förderabgaben) lagen lange bei weltrekord-tiefen 0,6 Prozent. Es ist deshalb umso stossender, dass Glencore diesen Staat und seine Bevölkerung durch zynische Buchführungstricks um die Früchte des Kupferbooms bringt. Entsprechend fordert die Erklärung von Bern, dass die Glencore-Tochter Mopani in angemessenem Umfang Nachsteuern zahlt, ab sofort auf jegliche Manipulationen verzichtet und die sambischen Steuergesetze respektiert.

SF1/ 10vor10-Beitrag vom 14.04.2011 zu Glencores Börsengang