NGOs fordern mehr Verantwortung von Banken

Davos, 27.01.2003 - Über hundert internationale Nicht-Regierungsorganisationen und soziale Bewegungen haben heute am Public Eye in Davos eine Deklaration veröffentlicht, in welcher sie Grossbanken und Investoren für die schädlichen Auswirkungen ihrer Tätigkeiten auf Umwelt und Gesellschaft zur Verantwortung ziehen.

Erklärung von Bern – Campagna per la Riforma della Banca Mondiale
Friends of the Earth (US) – WWF (UK)

Der Finanzsektor blieb bis anhin weitgehend von Kritik von Kampagnenorganisationen verschont, die sich auf multinationale Konzerne und internationale Organisationen, wie die Weltbank, den Internationalen Währungsfonds und die Welthandelsorganisation konzentriert haben.

„Unbemerkt von der Öffentlichkeit haben Banken und Investoren dazu beigetragen, einige der umweltschädlichsten Projekte der Welt zu finanzieren, wie den Drei-Schluchten-Staudamm in China“, sagte Michelle Chan-Fishel von Friends of the Earth (US), eine Organisation mit Gruppierungen in 70 Ländern. „Je mehr Menschen davon erfahren, desto mehr wird die Öffentlichkeit die Financiers zur Verantwortung ziehen, indem sie bewährte Strategien anwendet, wie bewusste Wahl der Bank, öffentlicher Druck und Aktionärsaktivismus. Zudem werden sie Druck auf Politiker ausüben, bindende Regeln zu erlassen.“

Die Collevecchio-Deklaration über die Verantwortung von Banken betont die einzigartige Bedeutung des Finanzsektors für die Behinderung oder Förderung von Nachhaltigkeit. Die Deklaration zeigt die Rolle der Banken bei der Finanzierung von Grossprojekten auf und betont, wie die Finanzinstitutionen die Schuldenkrise der Entwicklungsländer verschärfen. Sie kritisiert Grossbanken und Investoren, weil sie Firmen unter Druck setzen, ihre Gewinne über die Menschen zu stellen und internationale Wirtschaftsabkommen unterstützen, welche Armut und Einkommenskonzentration fördern.

Die Deklaration wurde in Collevecchio, Italien, von einer Gruppe von internationalen Aktivisten formuliert, die Kampagnen zu Banken, wie ABN-Amro, Morgan Stanley Dean Witter, UBS, Credit Suisse, West LB, Barclays, und Citigroup durchführen.

„Grossbanken versuchen die geringen Fortschritte in Richtung eines Schuldenerlasses für die Entwicklungsländer zu sabotieren“, fügte Andreas Missbach von der Erklärung von Bern hinzu. Er nahm Bezug auf laufende Diskussionen innerhalb des Internationalen Währungsfonds über ein Insolvenzverfahren für Staaten. „Menschen in Argentinien und in vielen Teilen der Welt hungern, und die Banken halten diese Staaten in einem tödlichen Kreislauf von Schulden gefangen.“

Die Collevecchio-Deklaration stellt sechs Forderungen auf, die Finanzinstitutionen berücksichtigen sollten: eine Verpflichtung zur Nachhaltigkeit, den Vorsatz ‚niemandem Schaden zuzufügen’, die Verpflichtung zur Übernahme von Verantwortung, Rechenschaftspflicht, Transparenz und die Verpflichtung Märkte nachhaltiger zu machen und Regulierung zu fördern. Das begleitende Umsetzungsdokument zeigt auf, welche Schritte Banken sofort unternehmen können, wie die Annahme von international anerkannten Standards für Kredite, Investitionen und die Vermittlungstätigkeit von Finanzinstitutionen.

„Wir erwarten, dass alle Banken und Investoren Standards über grosse Staudämme und Investitionen in Wäldern von hohem ökologischen Wert akzeptieren“, sagte Jules Peck, der Vertreter von WWF Grossbritannien. „Solche Standards garantieren, dass die Finanzinstitutionen nicht in Projekte investieren, die in ökologischer und finanzieller Hinsicht nicht nachhaltig sind.“

„Während die Bankiers im WEF darüber reden wie das öffentliche Vertrauen wiederhergestellt werden kann, indem sie Begriffe wie ‚Ethik’ und ‚Vertrauen’ missbrauchen, sollten sie sich lieber auf die Gründe für das öffentliche Misstrauen konzentrieren“, sagte Antonio Tricarico von der Kampagne für die Reform der Weltbank. „Die Banken haben mit der Collevecchio-Deklaration eine Grundlage für eine glaubwürdige und offene Debatte über finanzielle Nachhaltigkeit, die sie mit allen Betroffenen und der Zivilgesellschaft führen sollten.“