Rana Plaza: Fortschritte bei Inspektionen, Stillstand bei Opferentschädigung

Der Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza vor 18 Monaten in Bangladesch zeitigt erste Konsequenzen. Erstinspektionen von über 1‘100 Fabriken im Rahmen eines neuen Gebäude- und Brandschutzabkommens förderten 80'000 Sicherheitsprobleme zutage. Zugleich wartet ein Grossteil der Opfer und Hinterbliebenen weiter auf Wiedergutmachung.

Zürich, 24. Oktober 2014

Das Inspektoren-Team des «Accord on Fire and Building Safety in Bangladesh» konnte bis Ende September wie geplant seine Erstinspektionen in den über 1’100 Zulieferfabriken der mittlerweile knapp 190 Unterzeichnerfirmen, darunter auch vier Schweizer Unternehmen, durchführen. Die mehr als 80‘000 dabei identifizierten Sicherheitsprobleme und 400 daraus resultierenden Korrekturpläne zeigen die Notwendigkeit und Bedeutung dieser wegweisenden Präventionsinitiative auf.

Weit weniger ermutigend ist die Situation betreffend der überfälligen Wiedergutmachung. Bis Anfang Oktober 2014 sollten alle Opfer und Hinterbliebenen die ihnen zustehende Entschädigung aus dem ILO-Kompensationsfonds erhalten.  Tatsächlich wurde aber nur 1‘500 Betroffenen eine erste Rate überwiesen, die lediglich 40 Prozent ihrer Gesamtentschädigung entspricht. Die Auszahlung weiterer Raten sowie die Entschädigung der restlichen Antragstellenden bleibt ungewiss, so lange dem Fonds immer noch knapp die Hälfte der geforderten 40 Millionen US Dollar fehlt.

Es ist erschreckend, dass sich viele Textilkonzerne um die Entschädigung jener Menschen foutieren, die massgeblich zu ihrem Geschäftserfolg beigetragen haben. Die säumigen Firmen haben 2013 gesamthaft einen Profit von über 22 Milliarden US$ gemacht und setzen die Betroffenen erneut grossem Leid aus. Denn viele davon sind mittlerweile wieder auf Stellensuche, gelten auf dem Arbeitsmarkt jedoch als «geschädigt» und finden deshalb keine neue Anstellung.

Im Juni forderten die sieben OECD-Staaten Dänemark, Frankreich, Deutschland, Italien, die Niederlande, Spanien und Grossbritannien alle Firmen mit Geschäftsbeziehungen zu Rana Plaza sowie die bangladeschische Regierung auf, einen substantiellen Beitrag an den Kompensationsfonds zu leisten. Auch die in der Schweiz von der EvB koordinierten Clean Clothes Campaign erwartet von allen betroffenen Firmen umgehend ihrer Entschädigungspflicht nachzukommen.

Weitere Informationen hier oder bei:
Silvie Lang, EvB-Koordinatorin der CCC-Eilaktionen, 044 277 70 09, silvie.lang@evb.ch

Hintergrund: Das Rana Plaza-Arrangement

Das «Arrangement» ist ein Übereinkommen, welches die Entschädigung der Verletzten und der Opferfamilien des Rana Plaza Fabrikeinsturzes regelt. Das Übereinkommen wurde von der Clean Clothes Campaign mitinitiiert und wird, wie das Sicherheitsabkommen, von der ILO begleitet. Die bangladeschische Regierung, lokale sowie internationale Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen sowie die Textilfirmen El Corte Ingles, Bonmarché, Primark und Loblaw haben das Arrangement unterzeichnet und sich damit verpflichtet, einen Beitrag an die Kompensation der Betroffenen zu leisten. Die Entschädigungszahlungen laufen über einen von der ILO verwalteten Solidaritätsfond.

www.ranaplaza-arrangement.org