Rohstoffplatz Schweiz wird zur Oase der Intransparenz

27.10.2011 - Wie die USA will nun auch die EU-Kommission alle Öl- und Bergbaukonzerne verpflichten, ihre Zahlungen an Regierungen der Förderländer offenzulegen. Damit soll die Steuerbasis rohstoffreicher Entwicklungsländer gestärkt und Korruption bekämpft werden. Nur die Schweiz hinkt hinterher, obwohl das Rohstoffgeschäft hierzulande immer wichtiger wird. EvB und Swissaid fordern Transparenzregeln auch für Schweizer Firmen.

Das Rohstoff-Business boomt, die Preise für Öl, Gas, Kohle, Metalle und Erze sind hoch. Trotzdem profitiert die Bevölkerung ressourcenreicher Länder wie Angola, Sambia oder Kongo kaum von den Schätzen, die unter ihrer Erde liegen. Korrupte Regierungen in den Förderländern und Steuertricks der multinationalen Energie- und Bergbaukonzerne zweigen jene Milliarden ab, die dringend für Investitionen in das Gesundheits- oder Bildungswesen benötigt würden. Einer der wichtigsten Gründe für diesen fatalen „Rohstofffluch“ ist die mangelnde Transparenz in den Zahlungsströmen zwischen Staaten und Unternehmen wie auch innerhalb der weit verzweigten Konzerne.

Mit dem am Dienstag publizierten Vorschlag der EU-Kommission zur Revision zweier dafür entscheidender Richtlinien dürfte sich dies bald ändern. Falls EU-Parlament und -Rat zustimmen, müssen künftig alle im EU-Raum ansässigen Rohstoff- und Holzunternehmen pro Land und pro Projekt deklarieren, was sie den jeweiligen Regierungen an Abgaben, Konzessionen und Steuern zahlen. Damit geht die EU sogar einen Schritt weiter als die USA, die im Sommer 2010 ähnliche Regeln für dort börsenkotierte Firmen erlassen hatten.

"Endlich hat auch die EU-Kommission die Zeichen der Zeit erkannt", erklärt Lorenz Kummer, Rohstoff-Experte bei Swissaid, "nun steht die Schweiz unter noch grösserem Zugzwang.“ Denn seit 1998 haben sich die Nettoeinnahmen dieses volkswirtschaftlich immer wichtigeren Sektors mehr als verfünfzehnfacht und die Schweiz damit zum globalen „Commodity Hub“ gemacht. Damit der Rohstoffplatz Schweiz nicht zu einem ähnlichen politischen Reputationsrisiko wird, wie es der Finanzplatz heute schon ist, müssen auch die am Genfer- und Zugersee ansässigen Rohstoffkonzerne gesetzlich dazu verpflichtet werden, ihre Zahlungen an Regierungen offenzulegen. Und wie im EU-Vorschlag müssen auch die nicht-börsenkotierten Unternehmen der Transparenzpflicht unterliegen.

„Die EU macht einen wichtigen Schritt, sie setzt aber nur an der Regierungsseite des Ressourcenfluchs an. Die Kehrseite davon, die aggressive Steuervermeidung der Rohstoffkonzerne – oft und gerne mit Hilfe der Schweiz – bleibt unangetastet. Diese kann nur angegangen werden, wenn Rohstoffkonzerne auch ihre Umsätze, Kapitalkosten und Gewinne mittels „Country by Country Reporting“ länderweise offenlegen müssen“, sagt Andreas Missbach, Mitautor des Rohstoffbuchs der Erklärung von Bern. Am G20-Gipfel in Cannes, auf dessen Agenda auch die Ressourcentransparenz steht, bietet sich dafür die nächste Gelegenheit.