Rohstoffpolitik der Weltbank soll sich an Menschenrechten orientieren

Zürich, 08.03.2004 - Auf Einladung der Erklärung von Bern hat heute der ehemalige Umweltminister von Indonesien, Dr. Emil Salim, an einem Seminar mit der Direktion für Entwicklungs-zusammenarbeit (Deza) und dem Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) die Ergebnisse einer zweijährigen Studie zur Rohstoffpolitik der Weltbank vorgestellt. Die sogenannte Extractive Industry Review stellt der Weltbank ein schlechtes Zeugnis aus und plädiert für weitgehende Reformen, wie ein langfristiger Ausstieg aus dem Erdölsektor und die Respektierung der Menschenrechte.

Weltbank Präsident James Wolfensohn hatte im Jahr 2000 bei den Jahrestreffen von IWF und Weltbank Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eine Beurteilung des Weltbankengagements im Rohstoffsektor versprochen. Sie sollte untersuchen, ob und wieweit der Rohstoffsektor, insbesondere in den Bereichen Erdöl, Gasförderung und Bergbau, zur Armutsbekämpfung beiträgt. Der heute in Bern von Dr. Emil Salim präsentierte Bericht von Januar 2004 kommt zum Schluss, dass der Rohstoffsektor nur indirekt zur Armutsbekämpfung beiträgt, jedoch in vielen Fällen mit Krieg, Armut, Klimawandel, Korruption und Menschenrechtsverletzungen einhergeht. Der Bericht empfiehlt der Weltbank, ihre Politik künftig auf Menschenrechte auszurichten und sich längerfristig insbesondere aus dem Erdölsektor zurückzuziehen. Stattdessen soll sie die Förderung für erneuerbare Energien und Energiesparmassnahmen erheblich ausweiten.

Die EvB fordert gemeinsam mit 300 weltweiten Nichtregierungsorganisationen und Nobelpreisträgern wie Erzbischof Desmond Tutu (Südafrika) und Rigoberta Menchu (Guatemala) die Umsetzung der wegweisenden Empfehlungen. „Die weltweiten Untersuchungen und Gespräche mit der betroffenen Bevölkerung haben klar gezeigt, dass die Einnahmen aus dem Rohstoffsektor nicht den Armen zugute kommen“, sagt Christine Eberlein von der Erklärung von Bern. Sie fordert die Schweizer Verantwortlichen auf, ihren Einsitz im Exekutivrat der Weltbank zu nutzen und bei der in einigen Wochen anstehenden Abstimmung über den Bericht für dessen vollständige Annahme einzutreten. „Wenn es der Weltbank tatsächlich mit der Armutsbekämpfung ernst ist, bietet nun die Umsetzung der Empfehlungen der „Extractive Industry Review“ eine reelle Chance zu echter solidarischer und nachhaltiger Entwicklung“.
Einige der wichtigsten Empfehlungen der Extractive Industry Review:

  • Eine Empfehlung, die seitens der Erklärung von Bern besonders begrüßt wird, ist der geforderte "prior informed consent": danach müssen von Projekten Betroffene (Indigene, lokale Gemeinschaften) in ihrer Sprache und ihrer Kultur entsprechend schon in der Planungsphase umfassend informiert werden. Projekte in den Bereichen Erdöl, Gasförderung und Bergbau dürfen nur bei ausdrücklicher Zustimmung lokaler und indigener Gemeinschaften von der Weltbank finanziell unterstützt werden.
  • Alle Beeinträchtigungen im Lebensstandard sind zu entschädigen und unfreiwillige Umsiedlungen sind auszuschliessen.
  • Die EIR fordert von der Weltbank eine umfassende Menschenrechtspolitik zu entwickeln, die Menschenrechte zu respektieren und auch durchzusetzen. Der Bericht spricht sich gegen Investitionen im Rohstoffsektor in Ländern aus, deren Regierung und Verwaltung korrupt sind.
  • Die EIR fordert die Weltbank auf, sich bis 2008 aus der Finanzierung von Öl- und Kohleprojekten zurückzuziehen und stattdessen ihre Unterstützung für regenerative Energien massiv auszubauen.