Wie Gunvor das Amazonasgebiet geplündert hat

Die jüngsten Geständnisse eines Ex-Angestellten bezüglich Schmiergeldzahlungen in Ecuador zeigen, dass Gunvor nichts gelernt hat aus seinen Straftaten in Afrika. Eine Recherche von Public Eye deckt nun die zentrale Rolle des Genfer Handelskonzerns bei Deals zwischen der staatlichen Ölgesellschaft Petroecuador und chinesischen Staatskonzernen auf, welche die Regierung Correa dazu veranlassten, riesige Kredite in Rohöl zurückzuzahlen. Während die ecuadorianische Bevölkerung massiv unter der Ausbeutung leidet, hat Gunvor ebenso massiv vom Exklusivzugang zum Amazonas-Öl profitiert, den der Rohstoffhändler unter undurchsichtigen Bedingungen erhalten hat.

Public Eye hat sich auf die Fährte von Gunvor in Ecuador begeben, wo das Unternehmen derzeit im Zentrum einer grossen Korruptionsaffäre steht. Und dies notabene nur anderthalb Jahre nachdem das Unternehmen in der Schweiz für Bestechungen in Kongo-Brazzaville und der Elfenbeinküste rechtskräftig verurteilt wurde. Nun wird ein Ex-Mitarbeiter von Gunvor vom US-Justizministerium beschuldigt, zwischen 2012 und 2020 mehr als 70 Millionen Dollar an Mittelsmänner bezahlt zu haben, wovon mindestens 22 Millionen in den Taschen ecuadorianischer Funktionäre gelandet sein sollen – im Austausch gegen besonders günstige Vertragskonditionen. Doch diese Deals sind nur die Spitze des Eisbergs.

Unsere Spurensuche vor Ort zeigt, wie das Genfer Handelshaus zu einem der wichtigsten Akteure im Geschäft mit Rohöl aus dem Amazonasbecken wurde, ohne je eine einzige Ausschreibung dafür gewonnen zu haben. Unter Ausnutzung des wirtschaftlichen Zusammenbruchs der Regierung von Präsident Rafael Correa und mit Unterstützung von Schweizer Banken drängte Gunvor Ecuador zur Kreditaufnahme bei asiatischen Staatskonzernen wie Petrochina. «Das Handelshaus half dabei, die Finanzierung von rund 5,4 Milliarden Dollar an erdölgesicherten Krediten bereitzustellen, die an Petroecuador gewährt wurden», hält die US-Strafklage fest. worden.

Laut einem Vertrag zwischen Petroecuador und Petrochina von 2009, der Public Eye vorliegt, musste ein Darlehen von einer Milliarde Dollar mit Rohöl innert 24 Monaten zurückgezahlt werden – zu einem Zinssatz von 7,25 Prozent. Bis zu 16 solcher Vereinbarungen wurden abgeschlossen. Durch Vermittlung von Gunvor ist Ecuador in einer Abwärtsspirale gefangen: So flossen in den letzten sechs Jahren rund 87 Prozent des ecuadorianischen Öls in die Schuldentilgung. Und da die seit 1972 genutzten Quellen langsam versiegen, muss Ecuador zur Ölgewinnung immer tiefer ins Amazonasgebiet vordringen. Mit fatalen Folgen für die dortige Bevölkerung und Umwelt.

Enorm profitiert von diesen Vorfinanzierungsverträgen hat hingegen Gunvor. Der Genfer Konzern und seine Satellitenfirmen, die das ecuadorianische Öl ab 2009 exklusiv in die Hände bekamen, verkauften es auf dem Latein- und US-amerikanischen Markt zu deutlich höheren Preisen als jenen, die in den Abkommen fixiert sind. Der resultierende Einnahmeverlust für Ecuador beläuft sich auf geschätzte 4 Milliarden Dollar. Trotz eines alarmierenden Berichts von Ecuadors Finanzkontrolle, der schon von 2010 datiert, wurde der Rohöl-Preis in diesen Verträgen niemals nachverhandelt.

Ein paar Gründe dafür stehen in den Public Eye ebenfalls vorliegenden Dokumenten, die detailliert beschreiben, wie die Provisionen unter den Mittelmännern aufgeteilt wurden. Ab 2013 veranlasste Gunvor die Zahlungen für diese deftigen Prämien über Singapur. Mehrere Millionen Dollar sollen auf Bankkonten in der Schweiz, Panama oder den Cayman-Islands gelandet und zum Teil an ecuadorianische Staatsangestellte weitergeleitet worden sein. Gemäss dem Ex-Mitarbeiter von Gunvor, der in den USA seine Schuld eingestand, hatten gewisse Führungskräfte «Kenntnis von diesem Korruptionsschema». Dieser Skandal zeigt einmal mehr die Notwendigkeit einer Regulierung dieses Hochrisikosektors mittels Sorgfaltsprüfungspflicht und der Schaffung einer spezifischen Aufsichtsbehörde.

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Oliver Classen, Mediensprecher, 044 277 79 06, oliver.classen@publiceye.ch


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