Wie transparent und verantwortungsvoll sind Online-Modehändler? Zalando, Galaxus & Co im Firmencheck

Mit der Marktmacht kommt die Verantwortung: Der rasante Aufstieg grosser E-Commerce-Plattformen zu führenden Modehändlern bewegte diese bislang jedoch nicht zu menschen- und umweltverträglichen Geschäftspraktiken. Das zeigt ein umfassender Report von Public Eye anhand von vier untersuchten Kernkriterien. In «Blackbox Online-Modehandel» wird erstmals die soziale und ökologische Nachhaltigkeit der neuen digitalen Branchenführer überprüft und verglichen. Das Resultat ist ernüchternd und ruft nach gesetzlicher Regulierung der Modeindustrie. Public Eye macht hier konkrete Vorschläge und startet einen entsprechenden Appell.

In der Schweiz wird heute schon fast jedes dritte Kleidungsstück im Internet gekauft. Und der Übergang vom stationären zum digitalen Modegeschäft beschleunigt sich weiter. Mit einem geschätzten Umsatz von 1,04 Milliarden Franken (2021) kontrolliert der deutsche Konzern Zalando bereits knapp 10% des Schweizer Bekleidungs- und Schuhmarkts. Parallel zum Profit wächst aber auch die soziale und ökologische Verantwortung der grossen Online-Anbieter. Deshalb hat Public Eye in einem umfassenden Firmencheck zehn der in der Schweiz bekanntesten Online-Modehändler diesbezüglich unter die Lupe genommen. Die Analyse von About You, Alibaba, Amazon, Asos, Bonprix, Galaxus, La Redoute, Shein, Wish und Zalando beleuchtet vier Hauptaspekte der Unternehmensverantwortung dieser neuen Akteure: die Lieferkettentransparenz, die Lohnpolitik in den Produktionsländern, die Arbeitsverhältnisse in der hiesigen Logistik und den Umgang mit den (bis zu 50% betragenden) Retouren.

Zunächst die halbwegs gute Nachricht: Zu den Herstellerbetrieben ihrer Eigenmarken machen wenigstens 6 von 10 Online-Modehändlern einige Angaben. Für Fremdmarken hingegen ist Herkunftstransparenz in keinem der untersuchten Online-Shops ein Aufnahmekriterium. Auch fand sich dort nirgendwo ein Hinweis, dass die Textilarbeiter*innen in den Produktionsländern einen existenzsichernden Lohn erhalten. Die Suche nach Informationen über (hoffentlich nicht prekäre) Arbeitsbedingungen in der riesigen Logistik lieferte ebenfalls keine Resultate. Und nur 4 der 10 Firmen veröffentlichen Statements zur Vermeidung der Vernichtung von Retouren. Aber verbindliche Richtlinien dazu? Wieder Fehlanzeige! Dabei hätten die dominanten Plattformen als «Gatekeeper» die Aufgabe und Möglichkeit, die in der Mode-Industrie überfälligen sozialen und ökologischen Mindeststandards endlich entscheidend voranzubringen.

Das schlechte Abschneiden der Firmen im Report «Blackbox Online-Modehandel» zeigt die Notwendigkeit von klaren rechtlichen Leitplanken auf, die den aktuellen Strukturwandel in der Schweiz politisch gestalten und Risikofaktoren wie Menschenrechtsverletzungen, Armutslöhne oder Ressourcenverschwendung gesetzlich minimieren. Wie immer mehr Konsumierende will auch Public Eye eine Mode, die nichts zu verbergen hat (mehr dazu in diesem Videoclip), ohne Ausbeutung auskommt und nicht im Müll landet. Konkret fordern wir dafür vom Schweizer Parlament eine gesetzliche Pflicht zur Einhaltung von existenzsichernden Einkommen und Schaffung von Herkunftstransparenz, ein Vernichtungsverbot für neuwertige Kleider und besseren Schutz der Arbeitsrechte in der Logistik. Denn für Mensch und Umwelt schädliche Geschäftspraktiken dürfen nicht länger durch Wettbewerbsvorteile belohnt, sondern sollen künftig durch rechtliche Massnahmen sanktioniert werden. Wer dieses Gesetzespaket für Verantwortung und Transparenz im Modehandel unterstützen will, kann das unter www.unboxfairfashion.ch tun.

Die wichtigsten Grafiken des Reports gibt’s hier zum Download.

Mehr Infos bei:

Oliver Classen, Mediensprecher, 044 277 79 06, oliver.classen@publiceye.ch
David Hachfeld, Textilexperte, 044 277 79 14, david.hachfeld@publiceye.ch