Das Hochrisikoprojekt Sachalin II

Die Credit Suisse beteiligt sich an der Finanzierung der Öl- und Gasförderung auf der Insel Sachalin vor der Küste Ostsibiriens. Dies, obwohl beim Hochrisik-Projekt „Sachalin II“ unzählige Fälle von krasser Verletzung internationaler Umweltstandards dokumentiert sind und es die letzten Exemplare des westpazifischen Grauwals existentiell bedroht. Damit verliert die Behauptung der Credit Suisse, Umweltanliegen ernst zu nehmen, jede Glaubwürdigkeit.

Sachalin II ist das weltweit grösste integrierte Öl- und Gasförderprojekt. Es besteht aus drei Offshore-Plattformen, von denen Pipelines auf dem Meeresboden an die Küste führen. Zwei parallele Pipelines durchschneiden über 800 Kilometer die Insel der Länge nach. Ganz im Süden der Insel werden die grösste Gas-Verflüssigungsanlage mit einem Hafen und Verladeeinrichtungen gebaut.

Die „Sakhalin Energy Investment Company“ (SEIC) ist in der Steueroase Bermuda registriert und wird von Gasprom dominiert (50% + 1 Aktie). Die anderen Beteiligten sind Shell (27,5%) und die japanischen Konzerne Mitsui (12,5%) und Mitsubishi (10%).

Zu den vielen Problemen, die im Laufe der letzten Jahre von NGOs, aber auch von Experten im Dienste von SEIC, Enwicklungsbanken- und Exportkreditagenturen, russischen Wissenschaftsinstituten und Regierungsstellen gehören:

Grauwale

Die Förderplattformen befinden sich in der Nähe der einzigen bekannten Sommer-Nahrungsgründe der letzten 120 westpazifischen Grauwale. Auf Druck von Umweltorganisationen wurde die Pipeline um die Nahrungsgründe herum verlegt. Dennoch wurden die Wale während des Baus durch Lärm, Schiffsverkehr und aufgewirbelte Sedimente gestört und bedroht (Kollision mit Schiffen). Der kleinste Ölunfall hätte katastrophale Folgen auf die Wal-Population.

Flussüberquerungen

Die Pipeline durchquert über 1000 Flüsse. In den meisten Fällen wurde einfach durch den Fluss gebaggert, die Trübung durch aufgewirbeltes Material und durch Verschmutzungen von den Baumaschinen schädigte die flussabwärts liegenden Laichgründe (darunter diejenigen der akut bedrohten Lachsart Sachalin Taimen). Zudem wurden die beiden Pipelines nicht gleichzeitig, sondern nacheinander gebaut, was die Schäden verdoppelte. Fehlender Erosionsschutz und Erdrutsche führen auch in Zukunft zum Eintrag von störenden Sedimenten in die Flüsse. In seismisch aktiven Zonen und bei grösseren Erdrutschen droht zudem eine Ölpest durch den Bruch der Pipeline.

Meeresökosysteme und Fischgründe

Die Aniva-Bucht im Süden der Insel wurde ausgebaggert, um eine schiffbare Rinne für die Tanker zu erhalten. Das ausgebaggerte Material wurde mitten in die fischreiche Bucht gekippt, statt es in tieferen Gewässern weniger schädlich zu entsorgen. Muschelbänke und Fischgründe wurden dadurch geschädigt und teilweise zerstört.

Ölkatastrophen

Die Meeres- und Land-Ökosysteme Sachalins sind abgesehen von der schleichenden Beeinträchtigung durch den Bau und Betrieb der Öl-und Gasförderanlagen auch durch einen Unfall mit anschliessender Ölpest bedroht. Wegen der extremen Wetterbedingungen und der Vereisung im Winterhalbjahr gibt es keine Erfahrungen mit Massnahmen zur Eindämmung von Ölkatastrophen. Auch nach mehreren Jahren und unzähligen Versuchen hat SEIC für 4 von 6 Katastrophenplänen die Zustimmung der russischen Behörden immer noch nicht erhalten.

Soziale Auswirkungen

Auch der Umgang mit der lokalen Bevölkerung ist weit von dem entfernt, was bei solchen Grossprojekten als „best practice“ gilt. Leidtragende des Ölbooms auf Sachalin sind auch die Ureinwohnervölker der Insel, die Niwchen, Nanai, Oroken, Orochen und Ewenken. Sie sind traditionell Fischer und Rentierzüchter. Deshalb sind sie auf eine intakte Umwelt angewiesen. Erst nachdem Angehörige der indigenen Minderheiten Sachalins mit Blockaden auf Ihre Situation aufmerksam gemacht hatten, gab SEIC einen „Sakhalin Indigenous Minories Development Plan“ in Auftrag.

Die Auswirkungen eines Projektes von dieser Grössenordnung sollten aber vor Baubeginn untersucht und möglichst gemildert werden und nicht erst, wenn die Betroffenen protestieren.

Credit Suisse verstösst gegen die Equator Principles

Das Projekt ist an sich ein Skandal. Das Verhalten der Credit Suisse erscheint jedoch um so skandalöser, wenn ihre Verpflichtung zu den Equator Principles berücksichtigt wird.

Die Erklärung von Bern und Bank Track fordern die Credit Suisse in einem Brief vom 08.07.2008 dazu auf, aus der Finanzierung des Projektes auszusteigen.