Offengelegt: Die Steuertricks der Bahnhofstrasse

Nun steht also die Einigung zwischen den USA und der Schweiz in Sachen UBS: Kontoinformationen von 4'450 der insgesamt 52'000 US-Konten bei der UBS gehen an die Steuerbehörde. Allerdings werden die Kriterien, nach denen die Steuerflucht-Konten ausgewählt werden, erst in drei Monaten offengelegt. US-Gerichtsakten zeigen aber bereits heute, wie die UBS, Schweizer Banker und Anwälte den Betrug an der Allgemeinheit aufgezogen haben.

Schon im Februar 2009 hatte der Bundesrat per Notrecht die Herausgabe von UBS-Kundendaten an die USA verfügt. Diese Informationen werden dort für Verfahren gegen Steuerflüchtlinge und Ihre Helfershelfer gebraucht. Das Geständnis des Angeklagten John McCarthy, das Teil eines Abkommens (Plea Agreement) mit den US-Behörden ist, zeigt, wie die UBS für ihren Kunden Offshore-Konstruktionen bastelte, um Einkommen und Vermögen vor den Steuerbehörden zu verstecken.

Dreiste Ratschläge der Bankenmitarbeiter

In diesem Fall war es eine Briefkastenfirma in Hong Kong (COGS Entreprise), die ein Konto bei der UBS in der Schweiz besass. Da McCarthy in Kalifornien ein Unternehmen besitzt, konnte er mit fingierten Aufträgen und Rechnungen Geld an diese Firma schicken. Die Briefkastenfirma diente auch als Sammelbecken für Überweisungen aus anderen Offshore-Bankkonten McCarthys. Obwohl die UBS nach Schweizer Recht McCarty sogar schriftlich als «wirtschaftlich Berechtigten» des COGS-Kontos festhalten musste, verschwieg sie dies den US-Behörden. McCarthy sagt, die UBS habe ihm vorgeschlagen, auf diese Weise Steuern zu hinterziehen, das sei üblich bei US-KundInnen.

Der vom UBS-Mitarbeiter vermittelte Schweizer Anwalt (siehe unten) riet McCarthy, durch die Zwischenschaltung einer Lichtensteinischen Stiftung eine weitere Sicherheit gegenüber den Steuerbehörden einzubauen. Ebenso schlug er den Abschluss einer Schweizer Versicherung und die Eröffnung eines Bankkontos auf den British Virgin Islands vor, um so den nicht deklarierten Transfer von Geldern aus den USA zu erleichtern.

Helfershelfer im Visier

Die US-Behörden gehen nicht nur gegen Steuerflüchtlinge in den USA vor, sondern sie klagen auch gegen deren Schweizer Banker und Anwälte. Die ersten beiden Angeklagten sind der frühere UBS-Mitarbeiter, der bei der 2000 gegründeten «Neue Zürcher Bank» (NZB) im Private Banking tätig war, und der Steueranwalt Matthias Rickenbach. McCarthy war einer der vier Kunden, auf die sich diese Anklage stützt.

Schumacher und Rickenbach priesen gegenüber US-BürgerInnen die Tatsache, dass die NZB im Unterschied zur UBS kein Abkommen mit den US-Steuerbehörden zur Bekämpfung der Steuerflucht (Qualified Intermediary Agreement) geschlossen habe. Da die NZB in den USA zudem keine Filialen habe, sei sie auch nicht erpressbar. Nachdem die UBS ins Visier der US-Behörden geraten war, halfen Schumacher und Rickenbach Ihren KundInnen beim Transfer der Gelder von der UBS zur NZB.

Neben den oben beschriebenen Elementen Briefkastenfirma, Offshore-Konten, (Schein-)Versicherung und «Stiftung» gibt die Anklage gegen Schumacher und Rickenbach weitere pikante Details preis. So beschafften die beiden Kredit- und Bankkarten, die auf die Offshore-Konten liefen, so dass die Steuerflüchtlinge leicht Zugriff auf ihren versteckten Reichtum hatten. Für grössere Beträge halfen von Schumacher und Rickenbach gefälschte Kreditdokumente.

US-SteuerbetrügerInnen nahmen nur scheinbar einen Kredit auf, tatsächlich jedoch führten sie auf diese Weise ihr Steuerfluchtkapital zurück. Das Tüpfelchen auf dem i war dabei, dass sich die Zinskosten des Scheinkredites auch noch von den Einkommenssteuern abziehen liessen. Das flotte Duo übernahm ausserdem die Lieferung von Barbeträgen in die USA. Die Schwelle zum nackten Zynismus überschritt dann Schumacher, der Geld von US-KundInnen an seinen alten Vater überwies. Nach dem Tod des Vaters sollte dieses Geld dann als «Erbschaft» an die Verwandten des eigentlichen Besitzers ausbezahlt werden.

Verfahren bringen Licht in die verschlungenen Wege der Steuerhinterziehung

Jedes Verfahren und jedes Geständnis, das aufgrund der UBS-Kontendaten zustande kommt, vergrössert den Wissensstand der Behörden, mit welcher kriminellen Energie die Schweizer Banker und Anwälte zur Sache gingen. «Amerikanische Steuerpflichtige, die Steuern vermeiden wollten, indem sie ihr Vermögen auf Schweizer Konten versteckten, sollten wissen, dass diese Untersuchung weitergeht,» sagte Bezirksstaatsanwalt Jeffrey H. Sloman. In Zürich schwitzen derweil einige nicht nur wegen des Wetters.