RAM Steuer Kongolesischer Mobilfunk-Skandal: Belgisches Firmengeflecht operierte via Kinshasa und Genf
Agathe Duparc, in Zusammenarbeit mit Robert Bachmann, 10. September 2025
Auf dem Papier schien es eine gute Idee, das Chaos im wachsenden Mobilfunksektor der Demokratischen Republik Kongo (DRK) regulieren zu wollen. Von den 105 Millionen Einwohner*innen haben heute knapp 60 Millionen ein Handy-Abo. Unzählige gefälschte Mobiltelefone werden selbst in etablierten Geschäften verkauft: Diese Geräte funktionieren nicht zuverlässig und sind teils sogar gefährlich. Handys werden auch oft gestohlen, was zu Gewalt und illegalem Handel führt.
Im Dezember 2018 versprach der frisch gewählte Präsident Félix Tshisekedi eine neue Ära. Denn das Regime seines Vorgängers Joseph Kabila, seit 2001 im Amt, war von Krieg im Osten des Landes, Korruption und Veruntreuung geprägt, wie wir in der umfangreichen Recherche Congo Hold-up berichteten. Eine zentrale Massnahme der neuen kongolesischen Regierung war der nationale Digitalisierungsplan als «Hebel für Integration, gute Regierungsführung, Wirtschaftswachstum und sozialen Fortschritt».
So kündigte der kongolesische Minister für Post und Telekommunikation im September 2020, mitten in der Coronakrise, die Einführung eines Handyregisters (Registre des appareils mobiles, RAM) an. Minister Augustin Kibassa, ein Schwager von Präsident Tshisekedi, stützte sich dabei auf eine Empfehlung der Internationalen Fernmeldeunion. Das Register erfasst die IMEI-Nummer (welche jedes Gerät eindeutig identifiziert) sämtlicher Mobiltelefone und kann somit gefälschte oder gestohlene Geräte sperren.

Skandal um die RAM-Steuer
Viele Nachbarländer der DRK kennen schon solche Handyregister – mit kostenloser Registrierung. Die kongolesischen Behörden hingegen finanzieren ihr RAM über eine jährliche Steuer: Für 2G-Telefone bezahlen Nutzer*innen 1 US-Dollar, für 3G-, 4G- und 5G-Geräte gar 7 Dollar. Das Geld wird automatisch in sechs Raten durch die Telefongesellschaften abgebucht. Die Regierung versprach, dass die Einnahmen «verschiedene Verbesserungen» beim Zugang zur Informations- und Kommunikationstechnologie finanzieren würden, etwa «neue Handyfabriken» oder gratis WLAN an Universitäten und in öffentlichen Räumen.

Doch die Steuer für das fehleranfällige Register löst in erster Linie breite Empörung aus, schliesslich müssen 73 Prozent der kongolesischen Bevölkerung mit weniger als 2,15 US-Dollar pro Tag auskommen. Wer zwei SIM-Karten im selben Telefon hat, wie in der DRK üblich, muss die Steuer gar zwei Mal entrichten, was bei den einkommensschwächsten Menschen ihr aufgeladenes Guthaben gleich wieder aufbraucht. Manche Nummern werden ohne Vorwarnung blockiert, obwohl die Regierung eine Gnadenfrist von ein bis zwei Jahren für gefälschte Geräte versprochen hatte. Konsument*innenverbände organisierten deshalb Demonstrationen gegen die RAM-Steuer, die sie als «illegal und unsozial» bezeichnen. Auch das kongolesische Parlament diskutierte das Thema. Viele Mitglieder forderten die Abschaffung des Registers. Einige sprachen gar von «offenem Betrug».

30% für schweizerisch-kongolesische Supportfirma
Der Skandal schlägt sich auch in den Staatsfinanzen nieder. Bei Einführung der RAM-Steuer, welche die Behörden als «Gebühr» bezeichnen, kündigte der Telekommunikationsminister an, dass das Register mit Hilfe eines privaten Unternehmens namens 5C Energy RDC umgesetzt werden sollte. Diese bislang unbekannte Firma gehörte laut kongolesischen Medien zu einer Gruppe, deren Hauptfiliale - 5C Energy SA - in Genf ist. Sie sei aufgrund von «Referenzen bei einer ganzen Reihe von Projekten in Afrika» ausgewählt worden. So erklärte es zumindest der Präsident der Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation (ARPTC), die für die Umsetzung des RAM zuständig war und deren Leitung direkt vom kongolesischen Präsidenten ernannt wird. Die Aufgabe der Firma laute, «fünf Jahre lang die Einführung des RAM zu unterstützen» und «technischen Support» zu leisten. Im Gegenzug erhält sie ganze 30 Prozent der RAM-Steuer. Der Rest sollte an den kongolesischen Staat gehen.
Dieser lukrative Auftrag weckte schnell Verdacht; er war freihändig an 5C Energy RDC vergeben worden. Die Regulierungsbehörde ARPTC hatte auf eine Ausschreibung verzichtet, an der sich andere private Dienstleister in einem transparenten und fairen Verfahren hätten beteiligen können. Der Inhalt des Vertrags wurde unseren Informationen zufolge nie veröffentlicht.
5C Energy präsentierte sich damals im Internet als «unabhängige Gruppe mit internationaler Präsenz und grossem Partnernetzwerk» sowie als «Anbieter innovativer Lösungen in den Bereichen Digital, Industrie und Energie». Die Website ist mittlerweile verschwunden, kann aber über das Webarchiv eingesehen werden. 2021 wurden dort renommierte Kunden aufgeführt: die Erdölfirmen Total, Shell, Petrobras und Perenco sowie «Regierungen und Institutionen». Neben der kongolesischen ARPTC wurden die Ministerien für Erdöl und Kohle von Gabun, Tschad und Kongo-Brazzaville sowie der Verband der Bürgermeister Senegals und das Ministerium für Landfragen Gambias genannt. Wir haben online keine Hinweise auf diese Kooperationen gefunden. Dafür einige Artikel einer Medienplattform der gambischen Opposition: Sie berichtete über die umstrittene Vergabe eines Auftrags zur Steuererhebung, der 2020 ohne Ausschreibung an eine Firma namens 5C Energy Company Gambia gegangen sei. Der Vorgang wird derzeit von einer lokalen Regierungskommission untersucht.
Auf dieser Webseite ist der Bereich „Kontakt“ nicht mehr zugänglich, aber in einer späteren, überarbeiteten Version der Seite gibt 5C Energy als einzigen Kontakt eine Adresse, eine E-Mail-Adresse und eine Telefonnummer in Genf an. Ein Unternehmen mit dem gleichen Namen, 5C Energy SA, hat seinen Sitz an dieser Adresse.
Auf unsere Fragen zu ihrer mutmasslichen Geschäftsbeziehung mit 5C Energy haben die Ölgesellschaften nicht geantwortet.


Firmengründung in Genf
5C Energy SA, das zentrale Unternehmen der Gruppe, wurde im März 2016 in Genf gegründet und von einem Wirtschaftsprüfer registriert, der das Kapital damals treuhänderisch hielt, also im Namen eines Dritten. An seiner Adresse, einem stattlichen Gebäude in der Genfer Altstadt, befindet sich auch die Kanzlei eines bekannten Anwalts. Acht Jahre später und lange nachdem der RAM-Skandal in der DRK aus den Schlagzeilen verschwunden war, stellte dieser Anwalt seine Kanzlei als Firmensitz für 5C Energy SA – mittlerweile umbenannt in Veltio Solutions SA – sowie für andere, indirekt damit verbundene Firmen zur Verfügung.
Zum Zeitpunkt der Gründung lautet der Unternehmenszweck von 5C Energy SA «Kauf und Verkauf von Materialien für technische Anlagen, Erdöl und Gas sowie Beratungsleistungen im Zusammenhang mit dieser Art von Projekten». Die Zeichnungsberechtigten sind belgische Geschäftsleute, die auch im Diamantenhandel tätig sind. Von Public Eye eingesehene Dokumente belegen, dass die Genfer 5C Energy SA mit dem kongolesischen Unternehmen 5C Energy RDC verbunden ist. Die Statuten von 5C Energy RDC wurden am 1. November 2019 von Jérôme Spaey, dem belgischen Präsidenten von 5C Energy SA in Genf, eingereicht. Zwanzig Tage später stieg ein weiterer Belgier, Philippe Heilmann, in das kongolesische Konstrukt ein, nachdem Jérôme Spaey ihm einen Teil des Kapitals übertragen hatte.
Im Juli 2020, also zwei Monate vor Einführung der RAM-Steuer, änderte 5C Energy SA ihre Statuten. Der neue Unternehmenszweck umfasst nun eine breite Palette von Dienstleistungen im Bereich der Informationstechnologie: «Digitale Transformation, mobile Lösungen für Finanzdienstleistungen, Digitalisierung, Blockchains, Kommunikation, Mehrwertdienste, Support sowie Beratungs- und Entwicklungstätigkeiten im Zusammenhang mit dieser Art von Projekten». Diese Neuausrichtung deutet darauf hin, dass die Genfer 5C Energy SA eine Rolle bei der Erlangung des lukrativen kongolesischen Vertrags gespielt haben könnte.
Wie viele Millionen brachte die Handy-Steuer?
Über zwei Jahre sorgten die RAM-Steuer und 5C Energy für Schlagzeilen in den kongolesischen Medien und führten zu öffentlichen Debatten und Kontroversen. Angesichts der Proteste machte Präsident Tshisekedi – besorgt um seine Popularität – schliesslich eine Kehrtwende: Im Februar 2022 kündigt seine Regierung an, dass die RAM-Dienstleistungen künftig kostenlos seien. Die obligatorische Steuer ist damit abgeschafft und der akute Skandal beendet, doch viele Fragen bleiben offen.
Bis heute wurde die Höhe der Gelder, die der Bevölkerung zwischen September 2020 und Februar 2022 abgeknöpft wurden, nicht offiziell ermittelt. Bei Einführung der RAM-Steuer schätzte der Präsident der Regulierungsbehörde ARPTC die Einnahmen auf jährlich über 50 Millionen US-Dollar. Vor der Nationalversammlung sprach der Minister für Post und Telekommunikation ein Jahr später von 25 Millionen US-Dollar, die seit der Einführung tatsächlich geflossen seien, also nur halb so viel.
Nach Schätzungen verschiedener Parlamentsmitglieder hätten die Einnahmen jedoch 106 Millionen US-Dollar betragen müssen. «Diese Berechnung basiert auf den Zahlen des Ministers, nämlich 26,6 Millionen 2G-Telefone und 11,4 Millionen Handys mit 3G und mehr» erinnert sich Claude Misare, Mitglied der grossen Kammer des Parlaments, auf Anfrage von Public Eye.
Die kongolesische Nichtregierungsorganisation Observatoire de la dépense publique (ODEP) wiederum schätzte 2021, dass das System fast 266 Millionen US-Dollar hätte einbringen müssen. Diese erheblichen Abweichungen haben den Verdacht auf intransparente Misswirtschaft noch verstärkt.
Auf der Suche nach dem verlorenen Steuergeld
Der noch grössere Skandal ist, dass die Staatseinnahmen aus der RAM-Steuer, wovon gemäss Verteilschlüssel 70 Prozent der Regulierungsbehörde ARPTC und der Rest 5C Energy zustanden, in den öffentlichen Finanzen unauffindbar sind. Dies stellte die Wirtschafts- und Finanzkommission der Nationalversammlung im Dezember 2021 fest. «Wir müssen Ihnen leider mitteilen, dass das RAM weder im Gesamtbudget noch in den Sonderkonten oder Nebenbudgets enthalten ist. Es wurde überall gesucht, aber nichts gefunden», erklärte der Kommissionspräsident gegenüber der kongolesischen Presse.
«Die Steuer war auch nicht im interministeriellen Erlass vom 27. November 2020 aufgeführt, der die Abgaben und Gebühren des Ministeriums für Post und Telekommunikation sowie der ARPTC regelt», sagt Valéry Madianga, ehemaliger Experte der ODEP auf Anfrage von Public Eye. «Es hätte eine technische Analyse gebraucht, um festzustellen, ob eine gerichtliche Untersuchung angezeigt ist. Diese hätte höchstwahrscheinlich ergeben, dass es sich um einen krassen Fall von illegaler Bereicherung handelt», meint der Antikorruptionsaktivist, der heute als Koordinator des Forschungszentrums für öffentliche Finanzen und lokale Entwicklung (CREFDL) tätig ist.
Der in Erklärungsnot geratene Telekommunikationsminister Augustin Kibassa argumentiert, dass die abgebuchten Beträge keine Steuern sondern «eine Vergütung für die von der ARPTC erbrachten Dienstleistungen und Leistungen» seien. Er gibt zu verstehen, dass die Verwaltung dieser Gelder ausschliesslich dieser der kongolesischen Präsidentschaft direkt unterstellten Regulierungsbehörde obliege.
Geheimniskrämerei um Vertrag mit 5C Energy
Eine Koalition von Antikorruptionsorganisationen, die sich in der Plattform «Le Congo n’est pas à vendre» (CNPAV) zusammengeschlossen haben, fordert vergeblich «vollständige Transparenz« über «die Akteure und Firmen, die an der Einführung und Umsetzung dieser illegalen Steuer beteiligt waren».

«Niemand weiss, wie viel 5C Energy in Material investiert hat, wann dieses amortisiert ist und wie lange der Vertrag überhaupt läuft. Diese Dinge werden bewusst im Dunkeln gelassen, damit der Präsident und seine Entourage die Republik weiterhin plündern und das Volk berauben können», schrieb ein kongolesisches Medium Ende 2021. Die gleiche Quelle schätzte die Einnahmen von 5C Energy auf mindestens 12 Millionen US-Dollar. Mehrere Parlamentsmitglieder forderten Einsicht in den Vertrag zwischen 5C Energy SA und der Regulierungsbehörde ARPTC, stiessen aber auf eine Mauer. «Dokumente dieser Art werden vertraulich behandelt. Nach meiner Anfrage bekam ich viele Probleme und ein enger Berater von Präsident Tshisekedi hat mich sogar bedroht», erklärt Parlamentarier Claudel Lubaya gegenüber Public Eye und zeigt den Screenshot mit der Bedrohung. Der Oppositionspolitiker forderte in der Nationalversammlung auch die Rückzahlung der «unrechtmässig verbuchten» Gelder.

Denn das Versprechen, mit der RAM-Steuer kostenloses WLAN an Universitäten und in öffentlichen Räumen zu finanzieren, wurde laut diversen Quellen nicht eingehalten. «Das hat nur in der Zeit funktioniert, als die Regierung das gerade gross ankündigte», sagt Claudel Lubaya. Auch Ex-Parlamentarier Juvenal Munubo, der sich ebenfalls gegen die Steuer eingesetzt hat, spricht von einem «Schwindel»: «WLAN bleibt für die breite Öffentlichkeit grösstenteils unzugänglich».
Im Korruptionsindex 2024 von Transparency International steht die Demokratische Republik Kongo auf Platz 163 von 180 Staaten. Die Anschuldigungen gegen jene Kreise, die 5C Energy RDC mutmasslich unterstützten, häufen sich. Verschiedene Oppositionsstimmen werfen Präsident Tshisekedi und seinen Vertrauten vor, von diesem Finanzskandal profitiert zu haben – was diese dementieren.
«Wo das Geld geblieben ist, ist ein Staatsgeheimnis», erklärt der kongolesische Anwalt Hervé Diakese gegenüber Public Eye. 2022 hatte er im Namen von Konsument*innen mehrere Klagen eingereicht, ohne Erfolg.
«Ich bin kein Dieb, und mein Regime auch nicht!», hatte Präsident Félix Tshisekedi geantwortet und die Vorwürfe weit von sich gewiesen.
Der einflussreiche Monsieur H.
Auch 5C Energy kam ungeschoren davon und konnte seinen Einfluss mitten im Skandal sogar noch ausbauen. Eine Recherche von Bloomberg zeigte letztes Jahr, dass die ausländischen Chefs der vier grössten Mobilfunkbetreiber in der DRK Ende 2021 in die Residenz des Präsidenten in Kinshasa bestellt wurden. Dort wird ihnen eine deutliche Erhöhung ihrer Steuerrechnung angekündigt. Als die CEOs Widerspruch äussern, interveniert «ein weisser, dunkelhaariger Mann, der bisher still im hinteren Teil des Raumes sass, und sagt, sie sollten sich besser an die Regeln halten». Es handelt sich um Philippe Heilmann, Partner von 5C Energy RDC. Er ist vom kongolesischen Präsidenten beauftragt, besagte Steuererhöhung zu begleiten, die aber letztlich nicht umgesetzt wird.
Der diskrete Herr Heilmann war bis 2024 Geschäftsführer von Dreams of Africa, einem 2008 gegründeten Familienunternehmen, das im Grosshandel mit Diamanten und Edelsteinen tätig ist. Laut Bloomberg hat seine Familie die Diamantenbörse in Antwerpen mitgegründet. Die online einsehbare Jahresrechnung zeigt, dass Dreams of Africa mit seinen wenigen Angestellten zwischen 2020 und 2023 einen Gewinnanstieg von 10’650 Euro auf über 4 Millionen Euro verzeichnete. 2024 ging der Profit auf etwas über 2 Millionen Euro zurück. Heilmann ist auch im Immobiliensektor tätig, und zwar über eine Firma, die er im März 2024 in Antwerpen gegründet hat. Gemäss Africa Intelligence ist er zudem auf dem Sicherheitsmarkt präsent: Ein israelisches Unternehmen, das mit dem Schutz von Präsident Félix Tshisekedi und der Ausbildung seiner Republikanischen Garde betraut ist, habe diesen hochsensiblen Auftrag dank Unterstützung von Heilmann erhalten.
Eine weitere interessante Facette ist, dass der Bruder von Philippe Heilmann in Kinshasa ansässig ist. Gemäss seinem LinkedIn-Profil war er für Glencore in der Schweiz tätig und arbeitete zwischen März 2020 und Oktober 2021 als Vertriebsleiter des Rohstoffkonzerns in der DRK. Ein Schreiben, das Public Eye vorliegt, zeigt, dass er im November 2020 ein Treffen zwischen Ivan Glasenberg, damals CEO von Glencore, und dem kongolesischen Präsidenten Félix Tshisekedi organisiert hat.
Philippe Heilmann hat auf die wiederholten Anfragen von Public Eye nicht reagiert.
Der Fünfer und s’Weggli?
Ähnlich diskret wie Philippe Heilmann ist dessen Geschäftspartner Jérôme Spaey, der lange Zeit in Angola gelebt hat. Anschliessend hat er sich in Richtung DRK aufgemacht, wo er den RAM-Auftrag erhielt.
Im März 2022, nachdem die RAM-Steuer abgeschafft war, gewannen zwei Konsortien aus sechs Unternehmen eine vorläufige Ausschreibung für den Wiederaufbau mehrerer kongolesischer Universitäten. Ein wichtiges Detail: Die Regierung hatte angekündigt, diese Arbeiten im Gesamtwert von 120 Millionen US-Dollar teilweise aus den Einnahmen der RAM-Steuer zu finanzieren.
Das kongolesische Online-Medium Actualite.cd enthüllte indirekte Verbindungen von Spaey zu zwei der Baufirmen (ZS Africa Solutions und SRP Construction), die den Zuschlag erhielten und somit von einem Teil der RAM-Einnahmen profitiert hätten. Public Eye hatte Einsicht in entsprechende Dokumente der Plattform zum Schutz von Whistleblowern in Afrika (PPLAAF), die diese Informationen belegen.
Auf Anfrage hat uns Jérôme Spaey folgende Antwort zukommen lassen: «Ich bin weder Aktionär von ZS Africa Solution noch von SRP Construction und war dies auch nie, weder direkt noch treuhänderisch. Ich habe diese Unternehmen weder faktisch noch rechtlich geleitet, sodass ich mich zu diesen Unternehmen nicht äussern kann.»
Weitere Informationen
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Nebulöses Unternehmensgeflecht
Das mit der Renovierung der Universitäten von Mbuji-Mayi und Kananga beauftragte Unternehmen heisst SRP Construction. Dessen Gründer und Aktionär ist zusammen mit Jérôme Spaey Teilhaber eines Bauunternehmens in Frankreich. Auffällig ist zudem die Firma ZS Africa Solutions in der DRK, welche die Renovierungsaufträge für die Nationale Pädagogische Hochschule und das Nationale Institut für Hoch- und Tiefbau in Kinshasa sowie für die Universität von Bunia erhalten hat. ZS Africa Solutions wurde von einem Israeli mitgegründet, der – wie Jérôme Spaey – Aktionär eines Bauunternehmens mit Sitz in der Slowakei ist. Auf der Website von ZS Africa Solutions wurden vor einigen Jahren unter «abgeschlossene Projekte» auch Arbeiten aufgeführt, die zwischen 2010 und 2015 von der Firma Jedastruct LDA in Luanda durchgeführt wurden. Dieser Vermerk wurde inzwischen gelöscht. Derselbe Jérôme Spaey ist Geschäftsführer eines Unternehmens gleichen Namens in Ungarn. Laut Unterlagen, die Public Eye vorliegen, gibt es noch ein weiteres Unternehmen namens Jedastruct, dessen Statuten im Februar 2020 in der DRK eingereicht wurden. Die beiden Teilhaber sind wiederum Jérôme Spaey und sein Partner Philippe Heilmann.
Fazit: Am Schluss spielt ein Genfer Anwalt den Gastgeber
Die von der kongolesischen Bevölkerung erhobene RAM-Steuer soll Millionen von US-Dollar eingebracht haben, die jedoch nie in den öffentlichen Finanzen verbucht oder gefunden wurden. Eine kleine kongolesische Firma, Teil einer Gruppe mit Sitz in Genf, die aufgrund eines geheimen Vertrags 30% der Einnahmen als Vergütung für «technische Supportleistungen» erhält. Zwei belgische Geschäftsmänner sind an diversen Firmen beteiligt und scheinen Zugang zu den höchsten Kreisen der politischen Macht zu haben, wie es in der DRK leider oft vorkommt. Nicht zu vergessen die Verbindungen in die Schweiz.
Kräftig mitgeholfen beim RAM-Skandal hat nämlich auch die florierende helvetische Beratungsbranche. Diese bietet massgeschneiderte Finanz- und Rechtsdienstleistungen an, ist aber im Gegensatz zu Finanzintermediären immer noch vom Geldwäschereigesetz (GwG) ausgenommen. Sie ist also nicht verpflichtet, Sorgfaltspflichten wie Identifizierung, Klärung und Verständnis der Aktivitäten des Kunden (KYC) einzuhalten und allfällige Verdachtsfälle auf Geldwäscherei zu melden.
Seit 5C Energy im Jahr 2016 in Genf gegründet wurde, hat das Unternehmen von solchen Dienstleistungen profitiert. Die Firma wurde zu Beginn von einem Treuhänder registriert und am Schluss – trotz des RAM-Skandals in der DRK – bei einem Anwalt domiziliert: Wie wir eruieren konnten, stellte ein bekannter Genfer Anwalt im Oktober 2024 seine Kanzlei als Sitz für Veltio Solutions SA (seit März 2023 der neue Name von 5C Energy SA) sowie von Jespa Invest Holding SA zur Verfügung. Letztere leitet ihren Namen von Jérôme Spaey ab und hält Aktien von Veltio. «Einem Unternehmen einen Sitz zu bieten, ist eine wichtige juristische Dienstleistung. Es geht nicht nur darum, dem Kunden einen Briefkasten zur Verfügung zu stellen, sondern auch darum, die Post zu lesen und gegebenenfalls darauf zu reagieren», erklärt ein Jurist, der sich mit solchen Praktiken auskennt.

In diesem Fall dauerte das Gastspiel nur wenige Monate, gerade lange genug, um den Laden zu schliessen. Jérôme Spaey, dessen Tätigkeit im Kongo in den dortigen Medien breit diskutiert wurden, hat sich zurückgezogen und lebt aktuell in Dubai. Im Februar 2024 trat er bei Veltio Solutions SA zurück, seine Zeichnungsberechtigung ist letzten November erloschen. Im Februar dieses Jahres wurde das Unternehmen aufgelöst und liquidiert. Die Jespa Invest Holding SA hat ihren Sitz weiterhin in der Kanzlei des Anwalts. Dieser hat den Erhalt unserer Anfrage bestätigt, inhaltlich jedoch nicht darauf reagiert.
Wir haben den aktuellen und früheren Verantwortlichen von 5C Energy SA/Veltio Solutions SA über ein Dutzend detaillierte Fragen gestellt. Die Insolvenzverwalterin antwortet in deren Namen, dass «die in Genf ansässige 5C Energy SA nie in der Demokratischen Republik Kongo tätig war und im Zusammenhang mit dem von 5C Energy RDC dort erhaltenen Auftrag keine Vergütung erhalten hat». Im Übrigen sei sie «weder in der Lage noch berechtigt, Fragen zu beantworten, die ein anderes Unternehmen mit Sitz in einem anderen Land betreffen». Abschliessend schreibt sie, dass «Jespa Invest Holding SA (...) wie der Name schon sagt, niemals operative Aktivitäten jeglicher Art irgendwo auf der Welt ausgeübt hat, wobei zu präzisieren ist, dass sie niemals 5C Energy RDC oder irgendein anderes Unternehmen mit Sitz in Afrika gehalten hat». Jérôme Spaey liess uns folgende Stellungnahme zukommen: «Was die Aktivitäten von 5C Energy RDC betrifft, stelle ich fest, dass Ihre Fragen grösstenteils auf Anschuldigungen beruhen, die bereits öffentlich im Kongo erhoben wurden und völlig unbegründet sind.» Er wiederholt, dass «5C Energy SA niemals im Rahmen des RAM tätig war und daher auch nie in diesem Zusammenhang vergütet wurde».

Lesen Sie unsere Recherche Congo Hold-up.

Erfahren Sie mehr über den Kampf der Anwaltslobby gegen Regulierung.