Zucker in Babynahrung In Südafrika verkauft Nestlé Müttern von Babys regelrechte Zuckerbomben

Seit Generationen ernähren südafrikanische Mütter ihre Babys mit Nestlé-Produkten. Auch in der Provinz Ostkap, einer der ärmsten des Landes, geben viele Mütter ihr mageres Einkommen für den Kauf dieser Produkte aus. Dass die Gesundheit ihrer Kinder unter diesen leiden kann, ahnen viele nicht. Welche Folgen das hat, deckt eine Recherche auf, die Public Eye vor Ort gemacht hat.

Die Mittagssonne scheint auf die grünen Hügel rund um das Dorf Madwaleni. Nombuyiselo Ntondo trägt ihr Baby auf dem Rücken und füllt eine Pfanne mit Regenwasser, das sich im Tank neben ihrem Haus angesammelt hat. Zurück in der runden Hütte mit der Backsteinmauer und dem kegelförmigen Dach bringt sie das Wasser auf einem kleinen Gasherd zum Kochen. Das Haus hat nur einen Raum, in dem sie mit ihrer Mutter und ihren beiden Kindern lebt.

Es gibt weder fliessendes Wasser noch Strom. «Für das Baby nutzen wir Regenwasser, für uns das Wasser aus dem Fluss», berichtet die junge Frau. Unter dem wohlwollenden Blick ihrer Mutter, die das Kleinkind liebevoll auf den Schoss genommen hat, schüttet Nombuyiselo Ntondo sechs Packungen Nestum-Getreideflocken für Babys und eine grosse Dose Nan-Milchpulver in eine Plastikschüssel. Dann verrührt sie alles. Diese Menge, erklärt sie, reicht für einen Monat. Sie entnimmt ein paar Löffel davon und bereitet eine Flasche für ihren sechs Monate alten Sohn zu.

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Das magere Einkommen von Nombuyiselo Ntondo geht vollständig für Nestlé-Produkte drauf. Dabei ahnt die Mutter nicht, dass diese die Gesundheit ihres Babys gefährden könnten.

Nombuyiselo Ntondo hat ihr Baby seit Geburt mit Milchpulver ernährt. Seit es drei Monate alt ist, fügt sie Nestum hinzu. Und seit Kurzem gibt sie ihm jeden Tag zusätzlich Cerelac-Getreidebrei – ebenfalls ein Nestlé-Produkt. «Das ist sehr teuer», seufzt sie und erzählt, dass sie ihre gesamte Sozialhilfe – umgerechnet 50 Franken pro Monat, das einzige Einkommen der Familie neben der Sozialhilfe ihrer Mutter – für den Kauf dieser Produkte ausgibt. Denn sie möchte, dass ihr Baby gut ernährt und gesund ist. «Es braucht das, um zu überleben», meint sie.

Traditionell hohes Vertrauen in Nestlé-Produkte

Babynahrung von Nestlé ist in dieser abgelegenen, ländlichen Gegend der südafrikanischen Provinz Ostkap, die wir im vergangenen Oktober besucht haben, sehr beliebt. Diese Region, in der Nelson Mandela geboren wurde und in der mehr als sieben Millionen Menschen leben, weist eine der höchsten Armuts- und Unterernährungsraten des Landes auf. Weil es kaum Jobs gibt, verlassen viele Männer ihr Dorf, um anderswo Arbeit zu suchen. Die Frauen bleiben zurück und sorgen allein für die Kinder.

In dieser Provinz ist die Stillrate noch niedriger als im Landesdurchschnitt. Die Gabe von Nestlé-Säuglingsmilch von Geburt an ist weitverbreitet, und Getreidebreie der Marke Nestum oder Cerelac verkaufen die lokalen Läden in grosser Zahl. «Meine Mutter hat mir diese Produkte empfohlen», beteuert Nombuyiselo Ntondo. Die Grossmutter bestätigt, dass sie dieselben Produkte vor fast 30 Jahren schon ihrer Tochter gegeben hat. «Die Ärzte im Spital haben mir gesagt, dass ich sie verwenden soll», erinnert sich Nojekele Ntondo.

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Vor fast 30 Jahren hatten Ärzte Nojekele Ntondo geraten, Nestlé-Produkte zu verwenden. Sie empfahl sie dann ihrer Tochter.

Seit Generationen geniesst hier Nestlé das Vertrauen der Eltern, die Produkte des Konzerns gelten als gesündeste Lösung zur Ernährung von Babys. Dieser Glaube wird von Müttern an Töchter weitergegeben. Wie Nombuyiselo Ntondo verbrauchen viele ihr mageres Einkommen, um ihren Kindern «nur das Beste» zu bieten. Dabei ahnen sie nicht, dass diese Produkte der Gesundheit der Babys schaden können.

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«Das Marketing trägt Früchte»

Diese Risiken kennt Andrew Miller nur zu gut. Seit rund zehn Jahren leitet der Arzt die Neonatologie und Kinderstation des Spitals von Madwaleni. Das ehemalige Missionsgebäude aus dem Jahr 1960 versorgt mit seinen 180 Betten ein Einzugsgebiet von 200’000 Menschen. Am Eingang des Spitals beklagt der Arzt die Schäden infolge der weitverbreiteten Gabe von industrieller Säuglingsersatznahrung. «Die Babys, die in diesen Gemeinschaften erkranken und hospitalisiert werden müssen, sind fast ausschliesslich mit Säuglingsmilch ernährt worden», gibt er zu bedenken.

Miller bedauert, dass die Muttermilch sehr oft durch künstliche Säuglingsnahrung ersetzt wird. Dies entgegen den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die ausschliessliches Stillen bis zum Alter von sechs Monaten empfiehlt. «Die Gabe von künstlicher Säuglingsmilch verursacht zahlreiche Infektionen bei unterernährten Babys in der Region», sagt der Mediziner. Ursachen dafür sind der Mangel an sauberem Trinkwasser und Strom sowie die Unmöglichkeit, Babyflaschen zu sterilisieren. Zudem erfolge bei Müttern, die nicht stillen, keine Übertragung des Immunschutzes auf die Kinder. Der Arzt stellt in seiner täglichen Praxis fest, dass das Risiko eines Spitalaufenthalts für gestillte Babys viel geringer ist, ausser bei vorbestehenden Grunderkrankungen.

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Das Spital von Madwaleni, das derzeit erweitert wird, liegt am Ortseingang. Es versorgt eine Bevölkerung von 200'000 Menschen.

Andrew Miller weiss, dass es gute Gründe für die Verwendung von Säuglingsmilch geben kann, beispielsweise wenn Mütter berufstätig sind oder nicht stillen können. Oftmals erfolgt die Entscheidung gegen das Stillen jedoch im Glauben, industrielle Produkte seien die bessere Wahl. «Das Marketing trägt Früchte. Es lässt die Frauen glauben, dass sie Säuglingsmilch verwenden sollten, wenn sie es sich leisten können.» Deshalb tun sie alles, um den Babys das vermeintlich Beste zu ermöglichen. Doch die Produkte sind teuer. Und wer einmal aufs Stillen verzichtet hat, kann nicht mehr zurück.

«Für ein Baby ist das nicht die richtige Ernährung»

In den armen Gegenden fehlt den Müttern das Geld, um die teure Säuglingsersatznahrung zu kaufen. Deshalb machen sie es wie Nombuyiselo Ntondo: Sie mischen Milchpulver für Säuglinge mit Nestum-Getreidebrei. Dieser ist für Babys unter sechs Monaten nicht geeignet. Aber er ist halt billiger und lässt den Schoppen etwas nahrhafter erscheinen.

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Andrew Miller, hier mit seiner Frau Katie, leitet die Kinderklinik und Neonatologie des Spitals von Madwaleni.

Diese Praxis beunruhigt Andrew Miller: «Die Säuglinge hier leiden an Unterernährung. Aber nicht, weil es ihnen an Nahrung fehlt, sondern weil diese qualitativ minderwertig ist. Sie haben Wachstumsstörungen, weil sie nicht genügend Protein erhalten.» Nestum-Produkte enthalten nur 5% Protein, dafür sehr viele Kohlenhydrate. «Für mich als Arzt ist klar: für ein Baby ist das nicht die richtige Ernährung.» Und noch etwas bereitet ihm Sorgen: der Zucker.

Die in Südafrika verkauften Nestum-Produkte enthalten mehr als 2 Gramm zugesetzten Zucker pro Portion. Für das Baby von Nombuyiselo Ntondo, das seit dem dritten Lebensmonat mit Nestum gefüttert wird, bedeutet dies 120 Gramm Zucker pro Monat oder einen Würfel pro Tag. Hinzu kommen jeden Tag insgesamt zwei Zuckerwürfel in den beiden Portionen Cerelac-Getreidebrei, die das Kind neu zusätzlich isst.

«Wir wollen keinen Zucker»

Wäre dieses Baby in der Schweiz, in Frankreich oder in Deutschland geboren worden, hätte es hingegen Produkte bekommen, die Nestlé auf der Verpackung stolz als «ohne Zuckerzusatz» anpreist. Nicht so in Südafrika: Wie anderswo in Afrika fügt der Agrar- und Lebensmittelkonzern dort den meisten seiner Babycerealien Zucker hinzu. Nachdem Public Eye erstmals 2024 über diese skandalöse Doppelmoral berichtet hatte, gab Nestlé im März 2025 bekannt, zwei Varianten ohne Zuckerzusatz auf den südafrikanischen Markt gebracht zu haben. Wir haben diese Produkte in den Geschäften von Madwaleni allerdings nicht gefunden.

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Ncebakazi Thwenya und ihr Baby vor ihrem Haus in Madwaleni. Der Mutter war nicht bewusst, dass die Nestum- und Cerelac-Produkte so viel Zucker enthalten.

«Wir wollen keinen Zucker in den Lebensmitteln für unsere Kleinsten», empört sich Ncebakazi Thwenya. Die Mutter wusste nicht, dass die Nestum- und Cerelac-Produkte, die sie ihrem sechs Monate alten Baby gibt, Zucker enthalten. Jetzt macht sie sich Sorgen um die Folgen für die Gesundheit ihres Kindes. Und sie fällt aus allen Wolken, als sie erfährt, dass Nestlé die Getreidebreie in der Schweiz und anderswo in Europa ohne Zuckerzusatz verkauft. «Diese Firma muss gestoppt werden, sie macht unsere Babys krank!», empört sie sich.

Auf Anfrage bekräftigt Nestlé, dass der Konzern «einen einheitlichen Ansatz in Bezug auf die Ernährung aller Babys weltweit» verfolge. «Wir verbessern unser Portfolio seit Jahren und bieten Getreidebrei mit und ohne zugesetzten Zucker in derselben Preisspanne an.» Der Konzern würde in allen seinen Märkten die nationalen Gesetze einhalten und den Zuckergehalt stets transparent und in Übereinstimmung mit den lokalen gesetzlichen Bestimmungen angeben. «Wir täuschen die Konsumentinnen und Konsumenten nicht.»

«Unsere Gesundheitsversorgung ist nicht gewappnet» 

Südafrika ist eines der wichtigsten Länder für Cerelac und Nestum auf dem afrikanischen Kontinent, Nestlé setzt dort damit über 30 Millionen Schweizer Franken um. Dies zeigen Daten, die Public Eye von Euromonitor erhalten hat, einer auf die Lebensmittelindustrie spezialisierten Marktanalysefirma. Der Schweizer Konzern kontrolliert fast die Hälfte des Marktes. 

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Cerelac und Nestum sind in Südafrika sehr beliebt. Die Produkte sind überall erhältlich, von städtischen Zentren bis hin zu den entlegensten ländlichen Gebieten.

Seine Getreidebreie sind überall zu finden, in Städten ebenso wie in abgelegenen, ländlichen Gebieten. «Alle kaufen diese Marken, die es schon so lange gibt», beobachtet Maria van der Merwe. Wir treffen die Präsidentin des Verbands der Ernährungsberater*innen in Südafrika (ADSA) in Johannesburg, dem wirtschaftlichen Zentrum des Landes. «Die Menschen verbinden diese Marken mit gesunden und nährstoffreichen Lebensmitteln.»

Die Expertin für Ernährung teilt diese Einschätzung nicht, insbesondere wegen des sehr hohen Zuckergehalts dieser Produkte. Einerseits sei Zucker für die Ernährung von Kindern nicht notwendig. Andererseits präge sich bei jenen, die bereits als Babys solchen Zuckermengen ausgesetzt waren, womöglich eine Vorliebe für Zucker ein, die ein Leben lang anhält. Diese frühe Exposition trage zur Verbreitung von Fettleibigkeit bei. Genau deswegen schliessen die Richtlinien der WHO den Zusatz von Zucker in Babynahrung aus. 

Nestlé ist sich der Risiken bewusst und erteilt sogar entsprechende Ratschläge auf seiner südafrikanischen Website für Eltern von Kleinkindern. «Kinder können sich an süsse Lebensmittel gewöhnen», schreibt Nestlé. «Ein hoher Zuckerkonsum führt zu kurz- und langfristigen Risiken.» Fazit des Lebensmittelkonzerns: «Es ist daher besser, den Konsum von jeglichem zugesetzten Zucker zu begrenzen.» Trotzdem fügt ihn der Multi seinen im Land beliebtesten Getreidebreien weiterhin bei.

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Maria van der Merwe, Präsidentin von ADSA, dem Verband der Ernährungsberater*innen in Südafrika, ist besorgt über den Zuckergehalt der Nestlé-Produkte.

Heute ist die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung Südafrikas von Übergewicht oder Fettleibigkeit betroffen. Die Behörden sind besorgt über die «alarmierende Zunahme» der Zahlen. Fettleibigkeit betrifft aber nicht nur Erwachsene: Laut einer aktuellen Studie von Unicef ist der Anteil übergewichtiger Kinder in Südafrika zwischen 2000 und 2022 von 9 auf 21% gestiegen. Fettleibigkeit ist dort mittlerweile die häufigste Form der Fehlernährung bei Kindern, noch vor Untergewicht.

Der steigende Anteil der fettsüchtigen Menschen führt zu einer exponentiellen Zunahme von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck und bestimmten Krebsarten. In Südafrika leidet jede neunte erwachsene Person – das sind mehr als 4 Millionen– an Diabetes, einer der häufigsten Todesursachen im Land. Die damit verbundenen Kosten sind enorm. «Unsere Gesundheitsversorgung ist nicht gewappnet gegen die Zunahme nicht übertragbarer Krankheiten, die auf unserem Land lastet», warnt Maria van der Merwe.

«Die Fehlernährung bekämpfen»

Derweil sind Hunger und Unterernährung ein nach wie vor ungelöstes Problem in Südafrika. «Im gleichen Haushalt finden sich Menschen mit Fettleibigkeit und solche, die unterernährt sind», hält Ernährungsberaterin Maria van der Merwe fest. «Das ist ein typisches Symptom für ein Land im wirtschaftlichen Wandel. Wir stehen zwischen zwei Fronten. Und das eine führt zum anderen: Das unterernährte Kind von heute ist der fettleibige Erwachsene von morgen.»

Die ADSA-Präsidentin berichtet, dass sie kürzlich Besuch von einem Nestlé-Vertreter erhalten habe. Dabei wurden Produkte wie Cerelac und Nestum beworben, die für Babys ab sechs Monaten bestimmt sind, wenn das alleinige Stillen den Ernährungsbedarf nicht mehr deckt. «Es hat mich schockiert, dass diese Produkte als Lösung für die Mangelernährung in Südafrika präsentiert wurden», empört sie sich. «Das ganze Werbematerial war auf den verborgenen Hunger ausgerichtet, und das war auch die Botschaft, die während der Diskussion vermittelt wurde.»

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Cerelac und Nestum werden als gesunde und nahrhafte Produkte beworben. Nestlé stellt sie als unverzichtbar für die Bekämpfung der Unterernährung in Afrika dar.

«Verborgener Hunger» bezeichnet einen Mangel an wichtigen Vitaminen und Mineralstoffen. Er ist hauptsächlich auf eintönige Ernährung ohne Abwechslung zurückzuführen, erklärt Maria van der Merwe. Dieses vielschichtige Problem lasse sich nicht mit einem einzigen Produkt lösen. «Aber bei diesem Nestlé-Vertreter war die Botschaft simpel: Sie müssen keine frischen Lebensmittel kaufen und für eine vielseitige Ernährung sorgen, denn es gibt eine Lösung, die Ihrem Kind alles bietet, was es braucht. Als Ernährungsberaterin, die in der öffentlichen Gesundheit tätig ist, empört mich diese Aussage.»

Was die ganze Sache noch schlimmer macht, ist laut Marie van der Merwe, dass Nestlé diese zuckerreichen Produkte in Regionen mit einer armen und benachteiligten Bevölkerung bewirbt: «Babynahrung mit hohem Zuckerzusatz macht die Schwächsten noch verletzlicher. Dabei sollten wir ihre Benachteiligung bekämpfen.»

 «Die Küken im Nestlé-Logo haben sich ins Gedächtnis eingebrannt»

Nomajoni Ntombela kennt sich bestens aus mit Nestlés Marketingstrategien in Südafrika. Die ehemalige Pflegefachfrau arbeitete in einem Spital in der Nähe von Johannesburg, als 1974 der Milchpulverskandal ausbrach. «Damals kamen Nestlé-Vertreter ständig zu uns ins Spital, sprachen mit den Ärzten, sponserten Konferenzen und verteilten Gratismuster», erinnert sie sich.

Diese aggressiven Geschäftspraktiken veranlassten viele Frauen, abzustillen und dafür industrielle Säuglingsnahrung zu verwenden. Das nährstoffarme Milchpulver erwies sich in Ländern mit niedrigem Einkommen, insbesondere in Afrika, als regelrechtes Gift für Babys, wenn es mit nicht trinkbarem oder verschmutztem Wasser angerührt wurde. Auf dem Höhepunkt der Krise hatte dies bis zu 200’000 vorzeitige Todesfälle pro Jahr zur Folge.

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Nomajoni Ntombela und Lynn Moeng leiten das Netzwerk für Säuglingsnahrung (Ibfan) in Afrika.

Die Pflegefachfrau Nomajoni Ntombela war auch an der Gründung des International Baby Food Action Network (Ibfan) beteiligt. Diese Organisation hat zum Ziel, das verhängnisvolle Marketing der Industrie zu stoppen und das Stillen zu schützen. 1981 verabschiedete die WHO einen internationalen Kodex, der jegliche Werbung für Säuglingsersatznahrung verbietet. Südafrika hat jedoch erst 2012 ein Gesetz erlassen, das diese schädlichen Praktiken verbietet. Und die Unternehmen finden immer neue Wege, um das Verbot zu umgehen. 

«Was wir heute erleben, ist immer noch das Ergebnis der massiven Marketingkampagne der 1970er-Jahren», kommentiert Nomajoni Ntombela. Jahrzehntelang lernte das zukünftige medizinische Personal an der Universität, dass diese Produkte verwendet werden sollten. Ärzt*innen und Ernährungsberater*innen vermittelten diese Haltung an Generationen von Eltern, die sie wiederum an ihre Kinder weitergaben. Auch wenn das Marketing in Spitälern heute nicht mehr so aggressiv ist, zielt Nestlé weiterhin auf das Gesundheitspersonal, insbesondere über das Nestlé Nutrition Institute. Der Konzern nutzt auch in Südafrika diese Plattform, die angeblich «die neuesten wissenschaftlichen Informationen und Erkenntnisse weitergeben» soll, um sein Image zu pflegen und seinen Einfluss auszuweiten.

«Nestlé hat eine Generation von kranken Menschen geschaffen, die süchtig nach seinen Produkten sind», sagt Nomajoni Ntombela. «Und dank des digitalen Marketings gelingt es dem Konzern nun, Millionen von Müttern direkt zu erreichen und mit irreführenden Botschaften ihr Vertrauen zu gewinnen. Die Küken im Nestlé-Logo, die gefüttert werden, haben sich ins Gedächtnis der Mütter eingebrannt. Das ist beängstigend.»

Recherche In Afrika verkauft Nestlé weiterhin Babynahrung mit viel zugesetztem Zucker