Die Weltkarte der Schweizer Minen

Die Weltkarte der Schweizer Minen

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Der Einsturz von Kolwezi

Ein Drama in einem Konzessionsgebiet von Glencore zeigt die Gefahren des Kobalt-Rushs in der Demokratischen Republik Kongo auf. Für einen lächerlichen Anteil an den Ressourcen des Landes riskieren dort Minenarbeiter im Kleinstbergbau ihr Leben.

Zwischen der Mine und dem Minenarbeiter gibt es so etwas wie eine uralte Fehde.

In Kolwezi, in der Demokratischen Republik Kongo, werden die Minen immer weiter ausgebaut. Mit Sprengstoff und Baggern bauen die multinationalen Rohstoffkonzerne immer mehr wertvolles Kupfer und Kobalt ab.

Die Versprechungen der Energiewende lassen die Rohstoffpreise manchmal in die Höhe schnellen. In einer der ärmsten Regionen der Welt drängen sich dann Tausende von Kongolesen um die Konzessionsgebiete, die sich die grossen Rohstoffkonzerne sichern konnten. Mit Spitzhacken graben sie im Kleinstbergbau nach ihrem Stück vom Kuchen – kaum mehr als ein paar Krümel, die sie mitunter in Stollen 50 Meter unter der Erde finden.

Es kommt immer wieder zu Unfällen. So wie am Donnerstag, 27. Juni 2019, auf dem Gelände der Kamoto Copper Company (KCC), einer Tochtergesellschaft von Glencore, wo täglich bis zu 2000 Minenarbeiter im Kleinstbergbau am Graben sind. Der Einsturz von zwei Stollen in einem Teil des Konzessionsgebiets, das der Zuger Konzern nicht selbst ausbeutete, endete in einer Tragödie. Laut Glencore starben 30 selbstständige Bergleute unter den Trümmern; das lokale Rote Kreuz geht von bis zu 80 Todesopfern aus. Der Zuger Konzern betonte sogleich die Illegalität der Tätigkeit der Minenarbeiter: Es gebe keinen Zusammenhang zwischen den Aktivitäten von KCC und den zwei Vorfällen.

Aber was zählen schon die Risiken, wenn man Hunger hat. «Es ist beängstigend da unten», erklärte ein Minenarbeiter aus Kolwezi in einem Beitrag des belgischen öffentlich-rechtlichen Medienunternehmens RTB. «Es ist gefährlich, aber wir haben keine Wahl. Wir sind nicht in reiche Familien hineingeboren worden, also müssen wir diesen Beruf ausüben. Hier gibt es nichts anderes zu tun.» Am Tag nach dem tragischen Unfall waren die Bergleute bereits wieder unterwegs: Dieses Mal wurden sie von der zur Verstärkung gerufenen kongolesischen Armee zurückgedrängt. 

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Der Durst von BHP nach chilenischem Kupfer

Im Herzen der Atacama-Wüste überbeansprucht der Rohstoffkonzern die wertvollen Wasserressourcen für seine Kupferminen und verursacht irreversible Schäden am Ökosystem.

Die Atacama-Wüste ist einer der trockensten Orte der Erde. Mittendrin klafft ein grosses Loch, die Escondida-Kupfermine des australischen Minenkonzerns BHP. Sie liegt nur unweit der Salzton-ebene «Punta Negra», eine der wenigen Wasserinseln der Region.

Doch statt sorgsam mit den Grundwasserreserven umzugehen, habe BHP diese während mehr als einem Jahrzehnt systematisch über der in Chile geltenden Höchstmenge genutzt. Das schrieb die chilenische Strafverfolgungsbehörde CDE 2020, nachdem der Konzern im Vorjahr das Dreifache der mit der Regierung vereinbarten Wassermenge abgezweigt habe. Wegen «fortdauernder, kumu-lativer, permanenter und irreparabler Schäden» am Ökosystem erhob die Behörde Anklage gegen den Minenbetreiber.

Nach dessen Verpflichtung, bis zu 93 Millionen US-Dollar für die Wiedergutmachung aufzuwenden, wurde das Verfahren 2021 mit einem Vergleich beigelegt. Die weltweit mit Abstand produktivste Kupfermine, deren Rohstoffe BHP über eine Handelsfirma in Zug vertreibt, durfte weiterproduzie-ren.

Ein Urteil des Ersten Umweltgerichts von Chile unterstrich wenige Monate später, welch starken Druck die Kupferproduktion von BHP auf die knappen Wasserressourcen des Landes ausübt. Es verordnete einer anderen BHP-Kupfermine, Cerro Colorado, den sofortigen Wasserentnahme-stopp. Der Konzern stellte die Produktion ein.

Heute ist der Kupferabbau nicht weniger wasserintensiv, doch wegen der Energiewende haben Nachfrage und Kupferpreis angezogen. Wohl darum will BHP Cerro Colorado wieder in Betrieb nehmen und alle seine chilenischen Minen weiter ausbauen. Im Weg stehe, so der Konzern, einzig die Bürokratie.

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Der Weltuntergang nach Vale

Der Einsturz eines Bergwerkdamms in Brasilien forderte 272 Menschenleben. Er offenbarte die schweren Versäumnisse des Bergbauriesen und das Versagen der Sicherheitskontrollen vor Ort.

Es geht um eine der schlimmsten sozialen und ökologischen Katastrophen in der Geschichte Brasiliens. Wir schreiben den 25. Januar 2019. Um 12.30 Uhr essen die meisten Minenarbeiter einer Mine des brasilianischen Vale-Konzerns in der Region Brumadinho im Bundesstaat Minas Gerais in der Kantine zu Mittag. Plötzlich fliesst ein Strom mit einem Volumen von 13 Millionen Kubikmetern mit einer Geschwindigkeit von bis zu 80 Kilometern pro Stunde auf sie zu. Kurz zuvor ist der vorgelagerte Staudamm eingebrochen, die gewaltige Lawine aus Schlamm und Minenabfällen reisst Bäume, Dämme und Infrastruktur mit sich. 272 Menschen verlieren ihr Leben.

Für den Minenbetreiber Vale ist dies der zweite Dammbruch dieser Art innerhalb von etwas mehr als drei Jahren. Die kurz vor der Tragödie erstellten offiziellen Statistiken weisen für Brasilien rund 200 Staudämme aus, die wie jener in Brumadinho ein Risiko darstellen. Ein Viertel davon wird vom Vale-Konzern betrieben, der seine Handelstätigkeit seit 2006 aus seiner Niederlassung in Saint-Prex VD führt.

Die Ermittlungen der brasilianischen Justiz werfen schnell die Frage nach der Aussagekraft der technischen Kontrollen bei dieser Art von Infrastruktur auf. Nachdem es zunächst nicht gelungen war, eine Bestätigung für die Stabilität des Brumadinho-Staudamms zu erhalten, wandte sich Vale an den deutschen Konzern TÜV Süd. Der Rohstoffkonzern wird verdächtigt, die Prüfgesellschaft unter Druck gesetzt zu haben, um einen Blankoscheck zu erhalten. Trotz interner Schreiben, in denen vor der unmittelbaren Bedrohung durch den Damm gewarnt wurde, zertifizierte die brasilianische Niederlassung des TÜV Süd diesen schliesslich.

Vale wirbt nun auf der Konzernwebsite mit dem Slogan «Wir werden Brumadinho nie vergessen». Das ist zu hoffen. 

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Die toxische Asche des Fénix-Projekts

Mit der Komplizenschaft der staatlichen Behörden und unter Missachtung der Rechte indigener Gemeinschaften betreibt der Zuger Solway-Konzern seine Geschäfte im von Gewalt gezeichneten Guatemala.

Seit es sie gibt, ist die Fénix-Mine Grund für Konflikte. Das Projekt zum Abbau von Nickel war in den 1960er-Jahren im Nordosten Guatemalas entstanden, zu Beginn eines Bürgerkriegs (1960 – 1996), der mehr als 200 000 Opfer forderte. 1978 mobilisierte das Militärregime die Armee, um soziale Bewegungen zu unterdrücken und ausländische Investitionen zu schützen. Auf dem Platz von Panzós, einer Ortschaft etwa 40 Kilometer von der Mine entfernt, hatten sich etwa 700 Mitglieder der indigenen Gemeinschaft der Q’eqchi’ versammelt, um gegen den Diebstahl ihres Landes zu protestieren. Es kam zu einem Massaker, 53 unbewaffnete Menschen wurden erschossen.

2011 kaufte die Zuger Solway Investment Group die Vermögenswerte von einem kanadischen Unternehmen; dessen Management war mit Anschuldigungen um Zwangsräumungen sowie körperliche und sexuelle Gewalt konfrontiert gewesen.

Die Bergbauaktivitäten in der Fénix-Mine wurden drei Jahre später über die lokale Solway-Tochter Compañía Guatemalteca de Níquel (CGN) wieder aufgenommen. Die Q’eqchi’, die in der Region die Mehrheit bilden, behaupten jedoch, nicht konsultiert worden zu sein, und prangern an, dass der Izabal-See mit Schwermetallen verseucht worden sei. Gemäss der UNO-Deklaration über die Rechte indigener Völker müssen Staaten mit indigenen Völkern kooperieren, um ihre freiwillige Zustimmung zu jedem Projekt zu erhalten, «das sich auf ihr Land oder ihre Gebiete und sonstigen Ressourcen auswirkt». Das Verfassungsgericht Guatemalas verfügte im Juni 2020 die Einstellung der Aktivitäten, bis eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung vorliegt und eine rechtmässige und respektvolle Konsultation der indigenen Gemeinschaften stattgefunden hat.

Dank der Komplizenschaft einiger guatemaltekischer Minister blieb die Mine jedoch in Betrieb. Im Jahr 2021 griffen unter anderem die Truppen für Aufstandsbekämpfung des Landes ein, um die Ketten von Demonstrant*innen zu durchbrechen, welche die Lastwagen der CGN blockierten. Geleakte Dokumente des Konzerns Solway zeigten kürzlich, dass das Management wusste, dass ihre Bergbauaktivitäten für die Verschmutzung des Izabal-Sees verantwortlich waren. Der Konzern wurde auch beschuldigt, die lokale Gemeinschaft und Journalist*innen unter Druck gesetzt und Einfluss genommen zu haben, um den Widerstand gegen die Fénix-Mine zu brechen. Bei einer Demonstration im Mai 2017 erschoss die Polizei einen Fischer.

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Glencore: bis zum letzten Stück Kohle

Trotz seines Aktionsplans für den Klimaschutz baut Glencore seine Präsenz in der umweltschädlichsten aller fossilen Energiequellen immer weiter aus, indem der Konzern neue Minen in Kanada aufkauft.

Auf Französisch ist ein bekanntes Sprichwort: Versprechen verpflichten nur diejenigen, die daran glauben. Einer, der in der Kunst der unverbindlichen Zusagen nicht zu schlagen ist, ist Glencore.

Nach dem Pariser Klimaabkommen von Ende 2015 hatte sich der Zuger Konzern verpflichtet, sich schrittweise von seinen Kohleminen zu trennen, um bis 2050 einen Netto-CO2-Ausstoss von Null zu erreichen. Um seine Investoren zu beruhigen, beschloss Glencore sodann im Februar 2019, seine Kohleproduktion bei 150 Millionen Tonnen pro Jahr «einzufrieren». 2023 schliesslich gab Glencore ein feindliches Übernahmeangebot für seinen kanadischen Rivalen Teck Resources ab. Ziel war es, ihre Aktivitäten in einem Mega-Rohstoffkonzern zusammenzulegen und die Kohleaktivitäten in einem Spin-off zu bündeln.

Weitgehend parallel dazu hat Glencore jedoch 1) den grössten Kohle-Tagebau Lateinamerikas (Cerrejón, 2021) vollständig übernommen, 2) sich von seiner Obergrenze von 150 Millionen Tonnen pro Jahr verabschiedet (eine Obergrenze, die Glencore noch nie erreicht hat), und 3) beschlossen, für fast 7 Milliarden US-Dollar nur die Kohleminen von Teck in Kanada zu übernehmen und das Kohlegeschäft im eigenen Unternehmen zu behalten.

Mit Teck sichert sich Glencore nicht nur mehr Kohle, der Konzern holt sich auch ein neues Problem ins Haus. Die in British Columbia gelegenen Minen von Teck umfassen vier Tagebaugruben mit einer Jahresproduktion von etwa 25 Millionen Tonnen Kohle. Das indigene Volk der Ktunaxa (oder Kutenai) befindet sich seit Jahrzehnten in einem Konflikt mit Teck; es wirft ihm vor, die Gewässer mit Selen zu verschmutzen, wodurch die Zahl der Fische drastisch sinke. Nun sollten sich die Indigenen nicht zu früh über den Besitzerwechsel freuen: Glencore will eine der Minen ausbauen und bis in die 2070er-Jahre weiter betreiben.

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Keine Kohle für den Ausstieg

Der EP-Konzern verdient mit deutscher Braunkohle viel Geld. Ob dabei etwas für den Rückbau nach dem Kohleausstieg 2038 übrig bleibt, ist fraglich.

Eine klimaschädlichere Energiequelle als Braunkohle gibt es nicht. Obschon sich Deutschland bis 2038 von dieser minderwertigen Sorte verabschiedet haben will, zelebriert ein tschechischer Milliardär in der ostdeutschen Lausitz aktuell deren letztes Hurra.

Daniel Křetínský, dessen Vermögen das US-Wirtschaftsmagazin «Forbes» auf 9,6 Milliarden US-Dollar schätzt, besitzt nicht nur Anteile an einem Londoner Spitzenfussballclub, sondern kontrolliert mit der EP-Gruppe auch einen Konzern mit Handelssitz im Kohleepizentrum Zug. Er vertreibt in erster Linie «Übergangsbrennstoff». Die Wortschöpfung soll die dreckige Kohle aus den fünf deutschen Tagebauten schönreden, die der Konzern betreibt.

Davor, dass der Kohleausstieg für die ostdeutsche Region alles andere als glimpflich verlaufen wird, warnen zahlreiche deutsche Umweltorganisationen. Die Folgekosten des Braunkohleabbaus, die gemäss Greenpeace Deutschland 5 bis 10 Milliarden Euro betragen dürften, seien aktuell kaum gedeckt. Auch Křetínskýs Kohlefirmen fehle dafür das Geld. Dieses soll mittels «Bilanzkosmetik» abgeschöpft und anderswo in dessen kafkaesk anmutendem Firmenkonstrukt angehäuft worden sein. Zurück blieben magere Firmenhüllen, ohne Mittel, um die notwendige Rekultivierung der alten Minengelände zu finanzieren.

Insbesondere der bereits jetzt bestehende Wassermangel soll sich in den Kohleregionen wegen der Klimaerhitzung nach 2038 weiter verschärfen. Wird sich der milliardenschwere Investor bis dann aus dem Staub gemacht haben? 

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Rohstoffhändler diktieren Nickelpolitik

Nickel ist auf Neukaledonien ein hochpolitisches Thema. Statt Verantwortung für ihre indigenen Angestellten zu übernehmen, streichen Glencore und Trafigura die Segel.

Auf Neukaledonien ist der Kampf nach Unabhängigkeit eng mit Nickel verbunden. Bis zu einem Drittel soll die Erde der Inselgruppe im Pazifik, die seit ihrer Kolonisierung 1853 zu Frankreich ge-hört, aus dem Rohstoff bestehen. Eine spezielle Politik, die sogenannte «Nickel-Doktrin», soll sicherstellen, dass die indigenen Gemeinschaften angemessenen Wohlstand aus dem natürlichen Reichtum ziehen. Doch aktuell bestimmen zwei Schweizer Rohstoffriesen über das Schicksal der neukaledonischen Nickelindustrie.

Glencore und Trafigura halten beide Anteile an je einem der drei grossen Minenunternehmen, de-ren Geschäft beinahe die gesamte Exportwirtschaft der Insel ausmacht. Doch Anfang 2024 standen die Zeichen der beiden Firmen auf Abschied. Wegen der anhaltend tiefen Weltmarktpreise hatte Trafigura einen Investitionsstopp bekannt gegeben, Glencore sogar die Stilllegung seiner Mine angekündigt.

Als wenige Monate nach den Erklärungen der Schweizer Konzerne die zentralistische Regierung in Paris eine Wahlrechtsreform verkündete, entflammte ein lange angestauter Konflikt. Die indigene Unabhängigkeitsbewegung zog auf die Strasse, lieferte sich Strassenschlachten mit der bewaffneten Polizei. Diese eröffnete das Feuer, auch mit scharfer Munition. Am Ende der wochenlangen Kon-frontationen waren 14 Todesopfer zu beklagen.

Die politische Brisanz scheint Glencore nicht umgestimmt zu haben. Obwohl zahlreiche Inselbewohner*innen durch den Entscheid verarmen, hat Glencore die Mine stillgelegt und 1200 Menschen entlassen, viele davon Indigene.

In seinen neuesten Werbespots bewirbt der Zuger Konzern Nickel als essenziell. Dasselbe scheint für seine Angestellten nicht zu gelten.

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Nornickels serielle Umweltzerstörung

Erst ein auslaufender Dieseltank offenbart 2020 die jahrzehntelange Umweltzerstörung um die arktische Nickelmine. Gehandelt werden die Rohstoffe über Zug.

Seit der Gründung als sowjetisches Arbeitslager vor 90 Jahren gehört Umweltzerstörung unzertrennbar zum Minenkomplex im nordrussischen Norilsk. Nach Jahrzehnten sauren Regens zeugen heute nur noch kilometerweit kahle Landstriche von den einstigen arktischen Lärchenwäldern. Das unterdessen vom russischen Konzern Nornickel betriebene Nickel-Werk ist gemäss Messungen der US-Weltraumbehörde NASA der mit Abstand grösste Schwefeldioxid-Verschmutzer weltweit. Zudem leitet die Betreiberfirma routinemässig tonnenweise Eisen, Kobalt und Nickel in die angrenzenden Flüsse.

Die schleichende Umweltzerstörung wurde von den russischen Behörden lange toleriert. Doch im Mai 2020 konnten auch diese nicht mehr wegschauen. Nachdem ein Dieseltank eingestürzt war, zogen sich knapp 21'000 Tonnen Treibstoff als tiefroter Teppich über die angrenzenden Flüsse. Nornickel hatte nicht nur die Instandhaltung der Anlage, sondern auch notwendige Massnahmen zur Eindämmung der Wasserverschmutzung verschleppt und anschliessend zu verhindern ver-sucht, dass Wissenschaft und Medien die Folge einer Reihe grober Managementversagen untersuchen und dokumentieren konnten.

2021 verknurrte die russische Umweltschutzbehörde das Unternehmen des Oligarchen Wladimir Potanin zu einer Busse in Höhe von rund 1,9 Milliarden Franken. Doch von der russischen Rekord-busse für ein Umweltdelikt ging nur ein Bruchteil an die ansässigen indigenen Völker, deren Lebensgrundlage auf den zerstörten natürlichen Ressourcen beruht.

Seitdem arbeitet Nornickel an der Umsetzung der Wiedergutmachungsstrategie, die der Konzern als Reaktion auf das Diesel-Desaster ins Leben gerufen hat. Ob tatsächlich mehr als Greenwashing passiert, kann im heutigen Russland, das seit 2022 unter Kriegsrecht steht, kaum unabhängig überprüft werden. Gesichert ist: Gehandelt wird das sibirische Nickel weiterhin in Zug, wie bereits seit über 20 Jahren.

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Der Bauxit-Fluch und seine Folgen

Sprengungen für den Ausbau einer Bauxit-Mine des Rio-Tinto-Konzerns zwingen in Guinea ganze Dörfer zum Umzug.

Das stete Donnergrollen habe den Alltag unerträglich gemacht, erzählten Anwohner*innen der Sangarédi-Mine der Organisation Fian Deutschland. Bis zu 500 Meter an ihr Dorf sollen die Explosionen des Minenkonzerns vorgerückt sein. Sie liessen Häuser einstürzen, wirbelten Staub in die Luft, brachten Wasserquellen zum Versiegen.

Mit mehreren Tausend Tonnen Sprengstoff jährlich eweitert das Konsortium um den britisch-australischen Minenkonzern Rio Tinto, der den Handel über die Beteiligungsgesellschaft Rio Tinto Switzerland in Zürich abwickelt, seit 2016 die Bauxit-Mine in Guinea. Eine Landschaft mit der doppelten Fläche der Stadt Genf soll der Mine weichen. Finanziert wird das Vorhaben unter anderem mit einem Kredit der Weltbank von über 200 Millionen US-Dollar. Seither ist an Landwirtschaft kaum mehr zu denken, was vor allem die Frauen zu spüren kriegen, die in der Region oft die Gärten bestellen.

Wegen der Bedeutung für die Automobilindustrie gilt das Aluminiumerz Bauxit in der EU als kritischer Rohstoff. Doch Guineas Bevölkerung sieht vom wachsenden Interesse an seinen Bodenschätzen wenig mehr als die Schattenseite. Obwohl das Land einer der weltgrössten Bauxit-Produzenten ist, liegt das tägliche Pro-Kopf-Einkommen bei nur rund 3 Franken.

Als die Bevölkerung des Dorfes Hamdallaye während der Pandemie der Minenfirma weichen musste, bot diese ihr als neuen Wohnort eine der Abräumhalden an. Der Umsiedlung hatte die Bevölkerung damals bestenfalls notgedrungen zugestimmt. Auch Bewohner*innen anderer Dörfer berichten, ihre Landrechte seien missachtet worden. Heute wehren sich die Gemeinschaften in einem Verfahren bei der unabhängigen Beschwerdestelle der Weltbank. Gegen die Missachtung ihrer Landrechte, gegen die Sprengungen, gegen die Umweltzerstörung.

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Die bedrohte Stille der Tiefsee

Auf der Suche nach Metallen arbeitet der Freiburger Konzern Allseas daran, den Abbau von Rohstoffen bis in die Tiefen des Pazifiks auszuweiten. Seine Unterwasserroboter drohen ein noch unentdecktes Ökosystem zu zerstören.

In einer Tiefe von mehr als 4000 Metern erstickt der Druck die Schallschwingungen und das Sonnenlicht ist weg. Nur wenige und weitgehend unbekannte Tierarten erzeugen ihr eigenes Leuchten. Weitab von neugierigen Blicken findet in den Tiefen der Clarion-Clipperton-Bruchzone im Herzen des Pazifiks der nächste Bergbauboom statt: Unterwasserroboter kratzen und saugen den Meeresboden ab.

Der Tiefseebergbau verspricht eine Fülle von Nickel, Mangan, Kobalt oder Kupfer für eine Welt, die immer mehr auf Strom setzt. Am Erfüllen dieser Versprechen arbeiten die Ingenieur*innen von Allseas. Das in Châtel-Saint-Denis FR ansässige Unternehmen, das auf den Bau von Offshore-Ölplattformen und Unterwasserpipelines spezialisiert ist, kooperiert für erste Tests mit der kanadischen The Metals Company (TMC), an der Allseas weniger als 20 % hält. Seit 2022 haben die Partner mehrere Tausend Tonnen Metall an die Oberfläche gebracht und planen, bis Ende 2025 in die industrielle Phase überzugehen. Der Zuger Gigant Glencore, ehemaliger Aktionär von TMC, hat sich bereits 2012 die Hälfte dieser Meeresmetalle gesichert.

Die Pläne der Unternehmen basieren allerdings auf einer dünnen wissenschaftlichen Basis und bringen erhebliche ökologische Risiken mit sich. Greenpeace warnt vor der Zerstörung ganzer Ökosysteme. 2023 forderten gegen 1000 Wissenschaftler*innen ein Moratorium für den Tiefseebergbau. 38 Länder, darunter auch die Schweiz, unterstützen diese Forderung.

Ende Juli 2025 konnte sich die Versammlung der Internationalen Meeresbodenbehörde nicht auf einen Codex für den Meeresbergbau einigen; die Spannungen zwischen den Mitgliedstaaten sind beträchtlich. Die USA unter Donald Trump preschen offenbar vor. Der Bewohner des Weissen Hauses hat einige Monate zuvor ein Dekret erlassen, das den grossflächigen Abbau von Mineralien, auch in internationalen Gewässern, ermöglichen soll. Was einigen Unternehmen in der Schweiz in die Hände spielen würde. 

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Schweizer Rohstoffkonzerne besitzen und betreiben heute knapp 200 Bergwerke. Am häufigsten fördern sie den Klimakiller Kohle, aber auch für die Energiewende begehrte Transitionsmineralien wie Kupfer und Kobalt. Public Eye hat diese Minen in einer umfassenden Recherche erstmals kartiert. Zehn Fälle illustrieren: Vertreibungen, Umweltzerstörung und lebensgefährliche Arbeitsbedingungen gehören zum Geschäftsmodell.

16. September 2025, Manuel Abebe und Adrià Budry Carbó

Unter den Schweizer Rohstoffhändlern finden sich immer mehr Eigentümer industriell betriebener Bergwerke. Mit riesigen Gewinnen aus Krisenzeiten tätigen diese Minenbarone Investitionen in Milliardenhöhe und dringen systematisch in die Produktion von Kohle, Kupfer oder Kobalt vor. Durch diese vertikale Integration steigern sie ihre Profitmarge und ihren Einfluss auf die Rohstoffmärkte. Die Händler verwandeln sich in mächtige Rohstoffkonzerne, die vom Abbau bis zum Verkauf die gesamte Wertschöpfungskette kontrollieren. Damit kommt ihnen auch bei der Wahrung von Menschenrechten und Umwelt eine noch grössere und direktere Verantwortung zu. Public Eye hat diese Entwicklung auch schon bei den Händlern von Agrarrohstoffen und den von ihnen kontrollierten Plantagen beschrieben; nun zeigt sich diese auch bei den Energierohstoffen und Metallen. 

Glencore steht unangefochten an erster Stelle der Schweizer Minenbarone. Seit der Übernahme des Bergbauunternehmens Xstrata 2012 steuert der Konzern aus seinem fürstlichen Hauptsitz in Zug nicht nur sein globales Handelsgeschäft, sondern auch den Betrieb Dutzender Minen. Damit ist er nicht allein: Unterdessen geniessen in seinem Gravitationsfeld zahlreiche Minenunternehmen wie Vale, BHP oder auch Trafigura die Steuerprivilegien und das milde Regulierungsklima vom Rohstoffplatz Schweiz.

Um zu zeigen, wie schwer die Schweiz im Minengeschäft inzwischen wiegt, hat Public Eye 199 aktive Minen (darunter eine Abbaustätte in der Tiefsee) identifiziert und diese metergenau kartiert. Diese gehören 25 Schweizer Rohstoffhändlern, die damit auch in den Abbau ihrer Produkte involviert sind. Die aufwendigen Recherchen in Handelsregistern, Geschäftsberichten, Datenbanken, Satellitenbildern und zahlreichen weiteren offenen Quellen belegen: Schweizer Rohstoffhändler graben, bohren und schürfen heute auf sechs Kontinenten nach alten Energierohstoffen wie Kohle und neuen Transitionsmineralien wie Kupfer und Kobalt.

An diesen zumeist in abgelegenen, einkommensschwachen Regionen befindlichen Orten, die von Schaltzentralen am Genfer-, Zuger- und Luganersee abhängen, fanden wir auch viele Geschichten über soziale und ökologische Missstände im Bergbausektor. Eine Auswahl davon ergänzt die exklusive Weltkarte der Schweizer Minen. Die zehn Fälle handeln von Kohleminen, die entgegen allen klimapolitischen Vereinbarungen bis 2070 weiterlaufen sollen. Von Nickel aus Gegenden, in denen die Polizei unbewaffneten Widerstand mit scharfer Munition beantwortet. Von Abbauplänen in der hochsensiblen Tiefsee. Oder von Kupfer, für dessen Produktion knappe Wasserreserven erschöpft werden.

Auf sechs Kontinenten aktiv

Über die Hälfte der Schweizer Minen liegt in Lateinamerika, Afrika und Asien. Beispielsweise in Brasilien, wo wir am zweitmeisten davon gefunden haben. Der dort ansässige Bergbaukoloss Vale schleust sein gesamtes Handelsgeschäft über eine Firma im Kanton Waadt und gilt für uns deshalb als Schweizer Händler. In den letzten zehn Jahren sind gleich zwei Dämme seiner über 20 Eisenerzminen gebrochen; die meterhohen Schlammlawinen haben mehrere Hundert Menschen getötet. In Südafrika, das über zwei Drittel seiner Energie aus Kohle gewinnt, investieren mehrere Schweizer Rohstoffhändler in neue Minen zum Abbau dieses Klimakillers, statt erneuerbare Stromquellen zu fördern. Durch solche Anlagen sind diese Firmen mitverantwortlich dafür, dass das riesige Land nicht vom fossilen Brennstoff loskommt.

Gerade Staaten, deren Einkommen stark von der Rohstoffproduktion abhängt, macht die Marktkonzentration weniger Konzerne zu schaffen. Beispielsweise der Demokratischen Republik Kongo (DRK), die zu einem Drittel von Erträgen aus diesem Schlüsselsektor abhängt. Die DRK ist der weltgrösste Produzent des Metalls Kobalt, das immer begehrter wird, weil es Batterien leistungsfähiger macht und zugleich verhindert, dass sie explodieren. 2024 kontrollierten drei Schweizer Rohstoffkonzerne mehr als 70% der Produktion im Land. Sie beeinflussen damit den Marktpreis und schliesslich auch, wie viel die DRK von ihrem natürlichen Reichtum behält.

In den letzten Jahren haben die Minenbarone die Kobaltproduktion wesentlich erhöht; allen voran gilt dies für den chinesischen Konzern CMOC, dessen Handelsarm IXM in Genf ist. Um dem daraus folgenden Preiszerfall entgegenzuwirken, hat die DRK 2025 ein Exportverbot für Kobalt erlassen. Trotzdem produzieren Minenunternehmen fleissig weiter, was die Exporterträge des Staats langfristig drücken dürfte. Es ist nur die letzte Episode im Land, die das ungleiche Machtverhältnis zwischen Konzernen und Produktionsländern verdeutlicht, das den Rohstofffluch ständig weiter reproduziert.

Auch in industrialisierten Weltregionen spielen Schweizer Rohstoffhändler ganz vorne mit. Allen voran in Australien. Das Land ist mit den ausgedehnten Kohle- und Eisenvorkommen ihre Lieblingsdestination, sie betreiben dort 40 Minen. Public Eye hat 2023 berichtet, wie die Kohlegeschäfte von Schweizer Konzernen in Down Under die Landrechte der indigenen Aborigines bedrohen. In Nordamerika und Europa sind die Minenbarone ebenfalls auf dem Vormarsch. Beispielsweise Trafigura, einer der umsatzstärksten Händler, der in den USA, Spanien und Finnland ein wachsendes Netz aus Zinkminen spannt. Das begehrte Metall schützt Eisen vor Rost – und verhilft dem Image des umstrittenen Ölhändlers zu mehr Glanz.

Die Förderung neuer Rohstoffe …

Neben Kobalt und Zink steigt durch die Elektrifizierung der Weltwirtschaft auch die Nachfrage nach anderen Metallen und Mineralien stark an. Das gilt auch für Kupfer, das für den Ausbau von Stromnetzen oder in Windradgeneratoren benutzt wird. Oder für Nickel, dank dem Batterien mehr Energie auf weniger Raum speichern können. Oder für das Aluminiumerz Bauxit, das nicht nur in der Automobilindustrie, sondern auch bei anderen zukünftig materialaufwendigen Anwendungen eine wichtige Rolle spielt.

© Carlos Alonzo/AFP
Seit es sie gibt, ist sie Grund für Konflikte: die Fénix-Mine zum Abbau von Nickel des Zuger Solway-Konzerns auf dem Land indigener Gemeinschaften im Nordosten Guatemalas.

Wegen ihrer zentralen Funktion in der Energiewende werden diese Rohstoffe auch als Transitionsmineralien bezeichnet. Wie heiss begehrt sie unterdessen sind, zeigt die lange Reihe geopolitischer Vorhaben, die alle grossen Player, von den USA über die EU bis zu China, unterdessen verfolgen. Dieses strategische Staatsinteresse haben auch die Schweizer Rohstoffhändler bemerkt; einige haben sogar dafür lobbyiert. Dank zahlreicher Investitionen sind sie unterdessen auch gut vorbereitet: Über ein Drittel der Minen, die wir gefunden haben, ist heute bereits auf den Abbau von Transitionsmineralien ausgelegt.

Nach Kupfer, einem der nach Wert bedeutendsten Metalle, schürfen Schweizer Rohstoffhändler in insgesamt 28 Minen. Darunter auch in der Escondida-Mine in Chile, der weltweit produktivsten Kupfermine. Die fünf grössten Schweizer Minenbesitzer haben inzwischen alle in den Abbau des umworbenen Metalls investiert. Schweizer Investitionen in den Abbau des ähnlich zukunftsträchtigen Lithiums fanden wir während unserer Recherche keine. Stattdessen treiben die Konzerne ihre Aktivitäten bei Nickel und Zink voran. Auch erste Minen für seltene Erden sind bereits in helvetischer Hand.

Weitere Informationen

  • Umfang und Grenzen der Analyse

    Die Karte hat den Anspruch, den Sektor komplett zu erfassen. Trotzdem dürften aufgrund von drei Faktoren gewisse von der Schweiz aus kontrollierte Minen auf unserer Karte fehlen. Erstens ist die Datenlage zum Rohstoffsektor gerade im Abbau noch immer sehr dünn. Gewisse Firmen publizieren weder Geschäftsberichte noch andere öffentliche Informationen über ihre Bergbautätigkeit. Zweitens ist die vorliegende Karte nur eine Momentaufnahme mit Stand Juli 2025. Über Jahre betriebene, unterdessen aber verkaufte Minen fehlen genauso wie neue Explorationsprojekte, die noch nicht im industriellen Massstab produzieren. Und drittens sind nur Minen erfasst, an denen Schweizer Rohstoffhändler nachweislich Anteile halten. Dabei kann es sich um vollständig kontrollierte Minen, Gemeinschaftsunternehmen oder Minen mit Minderheitsbeteiligungen handeln.

    Was auch fehlt, sind all jene Minen, mit denen Schweizer Rohstoffhändler langjährige Abnahmeverträge abgeschlossen haben. Mittels dieser wichtigen und oft geheimen Offtake-Agreements sichern sie sich exklusive Kaufrechte und üben so entscheidenden Einfluss auf die Produktion aus. Bei Missständen wird regelmässig auf solche Verträge mit Zulieferern verwiesen, um die Verantwortung dafür von sich zu weisen. Zudem haben wir die Infrastruktur für die Weiterverarbeitung der Minenerzeugnisse nicht kartiert, beispielsweise Schmelzereien. Auch Produktionsanlagen für Öl und Gas waren nicht Teil der Recherche. 

… bringt vor Ort die alten Probleme

Während die Verarbeitung der Rohstoffe in klimaschonendere Produkte weiter zunimmt, scheint sich die Menschenrechtssituation in den Abbauländern kaum zu bessern. Das zeigt eine Studie des internationalen Expert*innen-Netzwerks Business & Human Rights Resource Centre (BHRRC), das Berichte aus rund 250 Minen für die Produktion von Transitionsmineralien ausgewertet hat. Bei über drei Viertel (77%) gibt es mindestens eine Anschuldigung bezüglich Menschen- und Arbeitsrechtsverletzungen oder Umweltvergehen. Betroffen sind auch mehrere Dutzend Minen von Schweizer Rohstoffhändlern, wie ein Abgleich der BHRRC-Studie mit der Karte von Public Eye zeigt.

Häufigste Missstände sind Vertreibungen und die Beschneidung von Landrechten. Explorationslizenzen erstrecken sich oft über mehrere Tausend Hektaren. Für solch flächenintensiven Tagebau werden der Bevölkerung häufig landwirtschaftliche Flächen und ganze Dörfer weggenommen. Betroffen von diesen Zwangsenteignungen sind insbesondere indigene Gemeinschaften, wie die Schweizer NGO Voices mahnt: Schon heute liegen 54% der Minen für Transitionsmineralien auf oder in der Nähe von indigenen Territorien. Der Druck auf ihre Rechte und diejenigen ländlicher Bevölkerungsgruppen dürfte durch den neuen Boom weiter steigen.

Doch die Studie von BHRRC hält auch zahlreiche Vorwürfe von Rechtsverletzungen gegenüber Mineuren fest, deren Existenz von den Löhnen aus dem Bergbau abhängt. Sie arbeiten unter strengster körperlicher Belastung; Verletzungen und auch Todesfälle sind keine Seltenheit. Wie beim Abbau anderer Rohstoffe sind unsichere Arbeitsverhältnisse, überlange Arbeitstage und unzureichende Löhne auch im Minensektor weitverbreitet. Gewerkschaften, die sich gegen solche Missstände einsetzen, stehen in vielen Ländern unter Druck.

  • © Muhammad Fadli / Panos
  • © Christian Lombardi/Public Eye
  • © Matthew Abbott/Panos
Bei unseren Reportagen in Indonesien (links oben), Australien (links unten) oder Bolivien (rechts) haben wir immer wieder Arbeits- und Menschenrechtsverletzungen oder Umweltschäden dokumentiert.

Auch bei den Umweltschäden, die der Minensektor verursacht, dürfte es durch die Energiewende kaum zu Verbesserungen kommen. Beim Nickel werden sie besonders sichtbar. In Indonesien etwa roden Firmen für den Abbau mit schwindelerregendem Tempo Regenwald. Auch die enorme Wassernutzung und -verschmutzung gehört zu den Schäden bei der Förderung des Metalls. Ebenso die Luftverschmutzung: Ein russischer Konzern, der sein Nickel in Zug handelt, hat eine Stadt in Sibirien zum weltgrössten Hotspot vom sauren Regen verursachenden, giftigen Gas Schwefeldioxid gemacht.

In einigen der dokumentierten Fälle wurden diese Probleme von den Regierungen toleriert. Auch gegen dieses systematische Wegschauen wehren sich zahlreiche Gemeinschaften um die Minen der Rohstoffhändler. Aktivist*innen gegen die Korruption beklagen die Millionen von Franken, die ihre Länder nach Schmiergeldzahlungen des extraktiven Sektors an lokale oder nationale Eliten verloren haben; indigene Gemeinschaften protestieren gegen die Missachtung ihrer Landrechte; Gewerkschaften verhandeln mit Rohstoffkonzernen Entschädigungen für Angestellte nach Minenschliessungen. Dieser Widerstand gegen Bergbaukonzerne wurde in den letzten Jahren immer gefährlicher. 2023 wurden laut der britischen NGO Global Witness 25 Menschenrechtsverteidiger*innen in Verbindung mit Minenprojekten getötet, weit mehr als in jedem anderen Sektor.

Weitere Informationen

  • Gerechte Energiewende

    Begriff und Idee einer gerechten Energiewende stehen für den Übergang in eine klimaverträgliche Wirtschaftsweise, bei dem die Menschenrechte gewährleistet sind, die Umwelt geachtet und nachhaltige Entwicklung ermöglicht wird. Und zwar nicht nur beim Ausstieg aus den alten fossilen Energiequellen, sondern auch bei der Erschliessung neuer klimaneutraler Alternativen. Sie betrifft einzelne Personen, lokale Gemeinschaften, geografische Regionen oder gesamte Länder. Einen Beitrag dazu leisten beispielsweise Umschulungen und sozialverträgliche Anschlusslösungen für Angestellte in fossilen Sektoren, die Wahrung von Landrechten beim Ausbau von Minen für Transitionsmineralien, eine umfassende Rekultivierung nach der Schliessung von Kohlebergwerken oder neue Perspektiven für Regionen und Länder, die von Produktion und Export fossiler Energierohstoffe wirtschaftlich abhängig sind.

Die enge Vertraute Kohle

Während sich also auch Schweizer Rohstoffhändler auf den klimawandelinduzierten Boom der Transitionsmineralien vorbereiten, dreht sich ihre Gegenwart weiter um den grössten aller Klimakiller, die Kohle. Sie wird auf allen sechs Kontinenten und in einem Drittel der von uns erfassten Minen abgebaut – und ist damit der meistgeförderte Rohstoff überhaupt. Neben diversen Braunkohletagbauten, dem grössten Kohlebergwerk Lateinamerikas oder zahlreichen Kohlestollen in Nordamerika haben sich die Rohstoffhändler auch Minen unter den Nagel gerissen, denen indonesischer Regenwald weichen musste.

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Im Handel mit Kohle, der klimaschädlichsten aller fossilen Energiequellen, spielt die Schweiz – mit ihren Bergbaukonzernen, Rohstoffhändlern und Banken – eine zentrale Rolle.

Diese Dominanz unterstreicht, was Public Eye seit 2022 kritisiert: Die Schweiz ist Dreh- und Angelpunkt des weltweiten Kohlehandels und profitiert damit finanziell vom klimaschädlichsten aller fossilen Energierohstoffe. Wobei ein Teil des Geschäfts seit einigen Jahren wegzufallen scheint: die russische Kohle, deren Handel bis zur Invasion der Ukraine in der Schweiz florierte. Unterdessen steht dieser unter Sanktionen, weshalb Public Eye in dieser Recherche Dutzende Kohleminen in Russland nicht berücksichtigt hat – obwohl deren Besitzer die Kohle jahrelang über die Schweiz vertrieben hatten. Viele dieser Handelsfirmen existieren noch heute und beschäftigen weiterhin Angestellte, wie Public Eye vor wenigen Monaten beim Besuch ihrer Büroadressen in Zug festgestellt hat. Der Abschied von der vormals lukrativen Wahlheimat scheint noch nicht definitiv.

Währenddessen halten die anderen Schweizer Händler – häufig trotz anderslautenden Versicherungen – an der Kohle fest. Vor drei Jahren schon hat Public Eye ihren Ausstieg bis 2030 gefordert. Konkrete Pläne dafür haben wir bislang keine gefunden. Stattdessen haben die Kohlefirmen mittlerweile ein weiteres Scheinargument gefunden, um den Kohleausstieg zu verzögern: die metallurgische Kohle. Die Stahlindustrie benötigt diese für den Betrieb ihrer Hochöfen. Weil die Energiewende auch tonnenweise Stahl verschlingen wird, deuten die Konzerne ihre Kohle um in einen Rohstoff für eine nachhaltigere Zukunft. Mit dieser argumentativen Volte will beispielsweise Glencore seinen Kohleabbau bis ins Jahr 2070 rechtfertigen.

Schweizer Steuerparadies und Investitionshafen

Neben den klassischen Rohstoffhändlern ist die Schweiz auch für globale Bergbaukonzerne attraktiv. Der Hauptgrund: Das Vermarkten ihrer Rohstoffe aus Eigenproduktion in einem Tiefsteuerparadies wie der Schweiz lohnt sich für sie. Zum Beispiel Vale: Bereits 2013 hatte Public Eye rekonstruiert, wie die Schweiz dem weltgrössten Eisenerzkonzern als Standort für aggressive Steuervermeidung dient. Die Einnahmen fehlen dann in den Abbauländern. Wie gross diese Verluste sind, lässt sich in der finanziell notorisch diskreten Schweiz kaum nachvollziehen.

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Am FT Commodity Global Summit der Financial Times in Lausanne 2025 spürte man nicht viel von den Schäden, welche der Rohstoffhandel weltweit verursacht.

Interessant ist die Schweiz auch für Firmen, die ihre Investitionen in Minen absichern wollen. Hierzulande versteckt sich hinter manchem Briefkastenschlitz eine Kohlemine, ein Kupferbergwerk oder eine Produktionsstätte für seltene Erden. Neben den Steuervorteilen macht eine Reihe weiterer Faktoren Schweizer Holdings zu einem sicheren Hafen für Minenfirmen. Erstens garantiert der stabile Finanzplatz Schweiz langfristigen Investitionen die notwendige Sicherheit. Zweitens ist die Schweiz ein Schattenfinanzzentrum, das so manchem Kohleinvestor ermöglicht, seine wahren (Geld-)Werte zu verschleiern.

Und last, but not least ermöglicht die Schweiz ihren Unternehmen, andere Staaten einzuklagen. Durch ihr enges Geflecht an Investitionsschutzabkommen gibt sie den Firmen Zugang zu einem System von intransparenten Schattengerichten. Vor diesen können Minenbetreiber aufs Geratewohl Länder auf Schadensersatz in Millionenhöhe verklagen. Glencore etwa hat den kolumbischen Staat wegen Minen bereits in mehrere kostspielige Verfahren vor solche Tribunale gezogen.

Schweiz braucht Antworten für die Zukunft

Solange einkommensstarke Länder wie die Schweiz ihren wachsenden Ressourcenverbrauch nicht einschränken, wird der Abbau von Transitionsmineralien mit der Elektrifizierung der Weltwirtschaft weiter zunehmen. Schweizer Rohstoffhändler besitzen bereits zahlreiche dieser Minen und expandieren laufend in neue Projekte. Es ist essenziell, dass dabei Menschenrechte und Umwelt respektiert werden. Doch beim Blick in eine hoffentlich sauberere Zukunft darf die dreckige Gegenwart nicht vergessen gehen: Die Kohle spielt unter den Schweizer Minen bei Weitem noch die Hauptrolle.

Die Weltkarte ihrer Minen unterstreicht die wachsende Bedeutung, die Schweizer Rohstoffhändler heute auch in der Förderung wichtiger Energieressourcen haben. Diese Konzerne haben Einfluss auf Weltmarktpreise und sitzen teilweise direkt am Geldhahn ganzer Abbauländer. Ihre Geschichten aus den Abbauregionen unterstreichen, wie Menschenrechte und Umweltstandards dort häufig missachtet werden. Um dies künftig zu verhindern und einer gerechten Energiewende nicht im Weg zu stehen, muss die Schweiz ihren Rohstoffplatz regulieren. Andernfalls läuft auch sie Gefahr, ihren Minenbaronen bald einmal Untertan zu werden.

Protest in Lausanne, 2019. «Pour Glencore, Vale, Trafigura, Nestlé des baisses d'impôts. Pour leurs victimes de tristes rafiots.» Steuererleichterungen für die Rohstoffhändler; Rettungsboote für ihre Opfer.

Die Forderungen von Public Eye

  • Um endlich einen Überblick über die Minen-Geschäfte ihrer Rohstoffunternehmen zu bekommen, muss die Schweiz den Ursprung aller Rohstoffe systematisch erfassen, die in Genf, Zug oder Lugano gehandelt werden.
  • Um beim Abbau von Transitionsmineralien und dem Abschluss entsprechender Geschäftsbeziehungen die dafür notwendigen Sorgfalts- oder Transparenzpflichten zu gewährleisten, braucht die Schweiz eine Rohstoffmarktaufsicht als öffentliches Aufsichtsorgan.
  • Um Menschenrechte und Umwelt in den Abbauländern zu schützen, muss die Schweiz eine griffige Gesetzgebung für Konzernverantwortung einführen.
  • Um einen verbindlich terminierten Kohleausstieg von ihren Rohstoffkonzernen einzufordern, muss die Schweiz transparente und vollständige Klimaberichterstattung, klare Transitionspläne und finanzielle Rückstellungen dafür vorschreiben.
  • Um Gewinne im Rohstoffsektor gerechter zu verteilen und dessen soziale und ökologische Folgen abzufedern, sollte die Schweiz internationale Lösungen vorantreiben, statt sich dem geopolitischen Wettlauf nach strategischen Rohstoffen anzuschliessen.

Umfassende Recherche zur Kohledrehscheibe Schweiz