33‘103 Menschen erwarten vom Bundesrat politische Heilmittel gegen kranke Medikamentenpreise

In einer überdimensionalen Arzneimittelschachtel hat Public Eye dem Schweizer Gesundheitsminister Alain Berset heute in Bern die klare Botschaft der Sammelbeschwerde „Für bezahlbare Medikamente“ überreicht. Zur Verhinderung einer Zweiklassenmedizin in der Schweiz fordern die über 33‘000 Unterzeichnenden vom Bundesrat den bedarfsgerechten Einsatz von Zwangslizenzen. Die bisherigen Antworten der Regierung auf entsprechende parlamentarische Vorstösse lassen jedoch jeglichen politischen Willen vermissen, endlich PatientInnen statt Pharma-Patente zu schützen.
© Bild: Sébastien Gerber

Die Schweizer Bevölkerung sorgt sich um die immer unerschwinglicheren Medikamentenpreise: Das zeigen aktuelle Umfragen und die regelmässigen Medienberichte zu diesem gesundheitspolitischen Topthema. Gemeinsam mit der Krebsliga und anderen Betroffenenorganisationen verlangt Public Eye deshalb vom Bundesrat, das gesetzlich verankerte Gegenmittel der Zwangslizenz zu prüfen und im öffentlichen Interesse nötigenfalls auch anzuwenden. Zwangslizenzen erlauben den Vertrieb von Generika trotz bestehendem Patentschutz, entlasten so das Gesundheitsbudget und stellen den Zugang zu lebensnotwendigen Medikamenten sicher. Auf dem über fünf Meter langen Beipackzettel, der heute vor dem Bundeshaus aus einer Giga-Packung „Remedium forte“ gezogen wurde, finden sich 33‘103 Namen beunruhigter bis verärgerter BürgerInnen. Diese wollen endlich konkrete Massnahmen gegen die Pervertierung des Patentrechts durch Pharmakonzerne sehen. Denn Heilungschancen dürfen keine Geldfrage sein. Weder in der Schweiz noch sonstwo.

Bis vor einigen Jahren waren überrissene Preise für patentgeschützte Medikamente nur für Entwicklungs- und Schwellenländer ein Problem. Dort wurden Zwangslizenzen zwar eingesetzt, immer wieder aber auch abgeschwächt oder annulliert – zumeist auf Druck ausländischer Konzerne und Regierungen. In seiner kürzlich erfolgten Antwort zur Interpellation von Sibel Arslan (GP/BS) anerkennt der Bundesrat vollumfänglich die Souveränität aller Staaten, das Instrument der Zwangslizenzen anzuwenden. Die laufenden Verhandlungen zum Freihandelsabkommen mit Indonesien lassen an dieser Zusicherung aber bereits Zweifel aufkommen, wie eine internationale Gesundheits-Allianz aus NGOs vorgestern in einem Brief an Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann moniert hat.

Selbst bei direkten Interventionen zur Verhinderung von Zwangslizenzen wie jener des ehemaligen Novartis-CEO beim kolumbianischen Präsidenten meint der Bundesrat auf Anfrage von Arslan lediglich: „Der Bundesrat kommentiert den Inhalt von Schreiben von Vertretern ausserhalb der Bundesverwaltung, die nicht an den Bundesrat gerichtet sind, nicht.“ Dies ist symptomatisch für die Vogel-Strauss-Strategie, die unsere Regierung bislang auch in der innenpolitischen Kostenfrage verfolgt. Ihre Stellungnahme zu einem hängigen Vorstoss von Angelo Barrile (SP/ZH) ist noch offen. Der Arzt will endlich Klartext und unter anderem wissen, „warum der Bundesrat der Ansicht ist, dass das Instrument der Zwangslizenzen (…) nicht die erhoffte Wirkung zeitigen würde“. Der Ball liegt nun beim Bundesrat, der Farbe bekennen muss, ob er die Sorgen der Bevölkerung und das Menschenrecht auf Gesundheit höher gewichtet als die Profitinteressen der Pharmakonzerne.

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