CO2-Zertifikate: Ölhändler Mercuria sichert sich Profite mit umstrittenem Waldschutz in Brasilien
Zürich, Lausanne, 12. November 2025
Mit dem globalen «J-REDD+»-Standard soll gemäss UNO-Klimakonvention nicht nur möglichst viel Regenwald erhalten, sondern auch die Pariser Klimaziele gerettet werden. Der neue Waldschutz-Ansatz lässt die kontroversen Kompensationsprojekte noch viel grossflächiger und damit gewinnträchtiger werden, als sie es beim Skandal um den Schweizer Branchenpionier Southpole vor drei Jahren schon waren. An vorderster Front dabei beim Handel mit diesen von Staaten ausgegebenen CO2-Zertifikaten ist der sich gerne «grün» präsentierende Rohstoffkonzern Mercuria. Dessen Hauptgeschäft ist allerdings immer noch die Vermarktung der fossilen Klimakiller Kohle, Öl und Gas. Seit Mitte 2023 bauen die bereits seit 2008 im Emissions-Business tätigen Genfer im brasilianischen Bundesstaat Tocantins ein JREDD+-Projekt auf. Und werben damit nun am COP30 in Belém für weitere Partnerschaften mit anderen Amazonasstaaten.
Dabei prüft die Staatsanwaltschaft von Tocantins zeitgleich eine mögliche Suspendierung des Vorzeigeprojekts. Gefordert haben dies rund ein Dutzend Verbände der betroffenen Bevölkerung und einiger indigener Gemeinschaften. Die Hauptgründe: Intransparenz über Bedingungen und Konsequenzen des geplanten Waldschutzes sowie Manöver der Behörden, um Zustimmung zu erwirken. Beides verletze ihr international verbrieftes Recht auf freie, vorgängige und informierte Zustimmung bei der Nutzung ihrer natürlichen Ressourcen. Eine Stiftung soll einen Teil der Erträge an die Bevölkerung verteilen. Obwohl bis Ende Jahr die erste Tranche der Zertifikate verkauft werden soll, hat diese erschreckenderweise immer noch keine Leitungsstruktur. Den Gesamtwert der Zertifikate schätzt die Regierung bis 2030 auf rund 370 Millionen Franken.
Fragwürdig ist auch die geheime Gewinnmarge, die sich Mercuria laut dem von Public Eye analysierten Vertragstext gesichert hat. Demnach erhält der Genfer Konzern für alle Zertifikate einen Discount von bis zu 20%. Dass jene beiden Firmen, die deren Anzahl berechnen und ihren Verkauf betreiben zu 50% respektive 95% Mercuria gehören, bedeutet weitere Wettbewerbsvorteile und Interessenskonflikte. Der Schweizer Handelsriese und die Regionalregierung haben die lokalen Gemeinschaften mit dem Vorzeigeprojekt vor vollendete Tatsachen gestellt. Während Landrechte, Gewinnverteilung und der effektive Nutzen fürs Klima offenbleiben, hat Mercuria bereits einen garantierten Profit.
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