Höchst intransparent und bestens vernetzt: Wie ein Schweizer Handelszwerg zum russischen Ölriesen wurde

Zu den grössten Käufern von Öl aus russischen Quellen gehört ein Genfer Unternehmen, das fast niemand kennt. Paramount Energy & Commodities sicherte sich im Februar und März 2022 satte 11,7 Millionen Barrel und rangiert damit gleich hinter den Giganten Litasco, Vitol und Trafigura. Recherchen von Public Eye enthüllen die Verbindungen der kleinen Firma in Russland und besonders zum von der Schweiz sanktionierten Oligarchen Gennadi Timtschenko. Dass ein derart undurchsichtiger Händler weiter still und leise Putins schwarzes Gold verkaufen kann, zeigt den dringenden Regulierungsbedarf des Schweizer Rohstoffsektors.

Bevor Public Eye kürzlich exklusive Daten publizierte, flog Paramount Energy & Commodities jahrelang unter dem Radar von Behörden und Öffentlichkeit. Diese belegten, dass die 2017 in Genf registrierte Firma noch diesen Februar und März insgesamt 11,7 Millionen Barrel beschaffte und damit zum viertgrössten Käufer von russischem Öl aufstieg. Laut ihrem einzigen Geschäftsleitungsmitglied wurden damit langfristige Verträge erfüllt, die «lange vor dem 24. Februar» unterschrieben worden sind. Die gehandelten Mengen bezeichnet er als «stabil».

Das von Public Eye recherchierte Firmenprofil zeigt, dass Paramount seinen Sitz in der Genfer Rue de Villereuse 22 hat und das Gebäude wie den Geschäftsleiter mit rund 20 anderen Unternehmen teilt, von denen viele auch im Ölgeschäft sind. Mehreren Quellen zufolge hat der Gründer von Paramount, der auch hinter der Firma Tenergy SA steht, ausgezeichnete Beziehungen zu Gennadi Timtschenko unterhalten, dem Mitbegründer des Ölhandelsriesen Gunvor und engen Freund von Wladimir Putin. Namentlich diese Nähe soll es Paramount ermöglicht haben, sich schnell auf dem russischen Markt zu etablieren. Auf Nachfrage dementiert dessen  Verwalter freilich jegliche keine Geschäftsbeziehungen zu Timtschenko.

Unseren Informationen zufolge versorgt sich das Genfer Unternehmen dort häufig bei «Malychi» genannten Produzenten, die klein und unabhängig sind und deren Rohöl viel billiger ist als auf den sogenannten «Spotmärkten». Paramount exportiert diese Ware an der Seite von Branchengiganten über den Ölhafen Kozmino in der Nähe von Wladiwostok, macht zugleich aber auch Geschäfte mit russischen Staatskonzernen. Uns vorliegende Zolldaten belegen, dass Paramount in der ersten Hälfte von 2021 mindestens 19 Tanker mit Rohöl und Ölprodukten von Gazprom Neft beladen hat. Dazu bediente sich das Unternehmen der Concept Oil Services, einem Dienstleister mit Sitz in Hongkong, dessen unbekannte Eigentümer und rascher Aufstieg auf dem russischen Markt viele Fragen aufwerfen.

Der Fall Paramount ist ein eklatantes Beispiel für die generelle und höchst problematische Intransparenz der Schweizer Rohstoffhandelsbranche. Angesichts der Gräueltaten in der Ukraine muss sich die Schweiz bei der Europäischen Union endlich für eine Ausweitung der Sanktionen auf den Import UND Handel von russischem Erdöl einsetzen. Zudem braucht dieser Sektor dringender denn je eine Aufsichtsbehörde, wie sie Public Eye bereits 2014 entworfen hat. Mit der Vergabe von Lizenzen an Händler würde eine solche Rohstoffmarktaufsicht, kurz «Rohma», unter anderem sicherstellen, dass die tatsächlichen wirtschaftlichen Nutzniesser von Tarnfirmen bekannt werden oder dass die Rohwaren nicht aus sanktionierten Ländern oder Konfliktgebieten stammen.

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