Inferno in Kleiderfabrik in Bangladesch: Brandkatastrophe in Fabrik mit über Tausend Beschäftigten

24.02.2006 - Am Donnerstagabend um 19.15 lokale Zeit wurde durch einen Kurzschluss in der Textilfabrik KTS Textiles ein verheerender Fabrikbrand ausgelöst. Gemäss jüngsten Berichten aus Bangladesch muss das Schlimmste befürchtet werden. Wahrscheinlich standen zum Zeitpunkt des Brandausbruchs 1100 Beschäftige für die angekündigte Nachtschicht im Einsatz.

Es dauerte mehr als zwölf Stunden, bis die 12 im Einsatz stehenden Feuerlöschfahrzeuge den Brand in dem 4-geschossigen Gebäude unter Kontrolle brachte. Noch sind aber die Ausmasse der Brandkatastrophe im Industriegebiet von Kalurghat bei Chittagong (Bangladesch) unbekannt. Die ganze Gegend um die Textilfabrik KTS Textiles wird von der Armee abgeriegelt.

Überlebende berichten, dass die Treppenhäuser mit Leichen übersät sind. Viele der Opfer sind aus dem zweiten Stock gesprungen, um der Flammenhölle zu entkommen. Angeblich waren die Notaus­gänge zum Teil verschlossen. Fünf Frauen wurden durch einen explodierenden Dampfkessel getötet. Es muss befürchtet werden, dass die zuletzt genannte Zahl von 75 Todesopfern weiter steigen wird. Die Spitalbehörden haben mitgeteilt, dass bis am Morgen nur rund 165 Verletzte eingeliefert wurden.

1'100 Beschäftigte standen für Nachtschicht im EinsatzGewerkschaftskreise aus Bangladesch haben der Clean Clothes Campaign (CCC) mitgeteilt, dass zum Zeitpunkt des Brandausbruchs wahrscheinlich über Tausend Beschäftigte an ihrer Arbeit waren. Gemäss diesen Berichten hatte die Fabrikleitung 1'100 Nachtessensportionen auf 20.00 Uhr bestellt. Für die Belegschaft war eine Nachtschicht bis 22.00 Uhr angekündigt.Es wird vermutet, dass dies der schlimmste Fabrikbrand in der Geschichte Bangladeschs war. Solche Unfälle ereignen sich nicht in besonders alten Fabriken. Das Land hatte 1980 noch praktisch keine Kleider exportiert. Im Zuge der Globalisierung hat die Bekleidungsindustrie in Bangladesch 3 Millionen Arbeitsplätze geschaffen und sorgt heute für über 80 Prozent der Deviseneinnahmen des Landes. Dafür bezahlen die Beschäftigten einen sehr hohen Preis: Sie erhalten extrem tiefe Hungerlöhne und werden regelmässig zu Nachtarbeit gezwungen. Als Teilzeitangestelle verlieren sie bei Krankheit oft ihre Stelle. Gewerkschaften sind nur bedingt zugelassen und werden von den Fabrikbesitzern bekämpft. «Leider ist diese Katastrophe daher bezeichnend für die unzumutbaren Arbeitsbedingungen in der globalisierten Textilindustrie», sagt Stefan Indermühle von der Erklärung von Bern (EvB).Ungelöste Probleme auch im Fall SpektrumMindestens 63 Todesopfer forderte der Fabrikeinsturz der Firma Spektrum in Savar (Bangladesch) am 11. April 2005. Bis heute kämpft die CCC dafür, dass die Hinterbliebenen und die übrigen Opfer von Spektrum zu ihrem Recht kommen. Westliche Kunden, darunter Carrefour, Inditex (Zara) und Karstadt-Quelle, konnten sich bis heute nicht über ihre Unterstützungsbeiträge in den Hilfsfond entscheiden.