Pestizidrückstände: in der Schweiz verbotene Gifte in Importlebensmitteln nachgewiesen

Mehr als jedes dritte Lebensmittel, das 2021 von ausserhalb der EU in die Schweiz eingeführt und amtlich getestet wurde, enthielt Pestizide, die in der Schweiz zum Gesundheits- und Umweltschutz verboten sind. Das zeigen von Public Eye ausgewertete Daten des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV). Heute stimmt der Ständerat über eine Motion von Christine Badertscher ab, die diesen Missstand beheben will. Sie fordert eine Nulltoleranz für Rückstände von in der Schweiz verbotenen Pestiziden in Importlebensmitteln.

Laut den bislang unveröffentlichten Resultaten von insgesamt 1’419 Tests, die 2021 «aufgrund eines Verdachts oder Risikos» bei ausgewählten Importlebensmitteln von den Kantonen durchgeführt und ans BLV übermittelt wurden, enthielten 35% der 737 von ausserhalb der EU stammenden Proben giftige Substanzen, deren Verwendung in der Schweiz und in der EU verboten wurde, weil sie die menschliche Gesundheit oder die Umwelt gefährden. In vielen Ländern des Globalen Südens werden diese Stoffe aber weiterhin verwendet. Ihre Hersteller sitzen oft ausgerechnet in der EU oder der Schweiz – wie die Basler Syngenta – und exportieren die verbotenen Gifte von dort.

Laut Schweizer Gesetz sind solche Rückstände verbotener Pestizide in Lebensmitteln eigentlich gar nicht erlaubt. Für sie gilt bei uns wie auch in der EU eigentlich eine Nulltoleranz. Es werden aber immer wieder sogenannte «Einfuhrtoleranzen» gewährt. Möglich ist dies laut Bundesrat auch für verbotene Stoffe, solange der Verzehr von damit behandelten Lebensmitteln vom Bund für «gesundheitlich unbedenklich» gehalten wird. Ignoriert wird dabei jedoch die Umwelt und die Gesundheit der Bäuerinnen und Landwirte in Drittstaaten, die Gemüse oder Früchte für die Schweiz produzieren und den Pestiziden bei der Anwendung häufig ungeschützt ausgesetzt sind. Jedes Jahr vergiften sich im Globalen Süden so Millionen Menschen.

Für den Nationalrat ist die aktuelle behördliche Praxis inakzeptabel. Das zeigte er letzten Sommer mit der deutlichen Annahme einer Motion von Christine Badertscher (Grüne/BE), die eine konsequente Nulltoleranz für Rückstände aller bei uns aus Umwelt- oder Gesundheitsschutzgründen verbotenen Pestizide fordert. Die EU hat diese Gesetzeslücke bereits erkannt und beschlossen, bei der Festlegung von Rückstandhöchstgrenzen nicht nur die Konsumierenden, sondern erstmals auch die «globalen Umweltauswirkungen» zu berücksichtigen. Als ersten Schritt hat sie im Februar 2023 eine Nulltoleranz für Rückstände von zwei Insektiziden in Importlebensmitteln eingeführt, um dem durch diese Stoffe mitverursachten Bienensterben entgegenzuwirken, das weltweit die landwirtschaftliche Produktivität und die Ernährungssicherheit bedroht.

«Auch in Schweizer Supermarktregalen haben Lebensmittel, die mit bei uns verbotenen Substanzen hergestellt werden, die anderswo die Gesundheit oder Umwelt gefährden, nichts zu suchen», schreibt der Westschweizer Konsumentenverband FRC auf Anfrage. Zahlreiche Produzentenorganisationen und der Schweizer Bauernverband bekunden in einem Brief an die Ständeratsmitglieder ebenfalls ihre Unterstützung für die Motion. Der aktuelle Doppelstandard schaffe ungleich lange Spiesse für die heimische Landwirtschaft, die ohne diese Produkte auskomme. Badertschers Vorstoss wurde der kleinen Kammer im März auch von der Ständeratskommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur zur Annahme empfohlen.

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