Petrobras-Skandal: Glencore, Vitol und Trafigura im Fadenkreuz der Justiz

Die Bundesstaatsanwaltschaft Brasiliens hat heute eine neue Stufe in der Untersuchung mit dem Codenamen „Lava Jato“ (Waschanlage) zur Korruption im halbstaatlichen Erdölkonzern Petrobras gezündet. In deren Zentrum stehen die drei grössten Schweizer Rohstoffhandelsunternehmen, die verdächtigt werden von 2011 - 2014 insgesamt 15,3 Millionen Dollar an Bestechungsgeldern bezahlt zu haben. Dieser weitere Beleg für die immensen Korruptionsrisiken im Rohstoffhandel steht in groteskem Kontrast zur Untätigkeit des Bundesrates, der ausgerechnet den Handel von neuen Transparenzpflichten ausnehmen will.

Anfang November deckte eine gemeinsame Recherche von Public Eye und Global Witness auf, dass Glencore, Vitol und Trafigura Mittelsmänner bezahlten, die im Verdacht stehen Petrobras-Manager und Politiker bestochen zu haben. Insgesamt handelt es sich um Verträge für Ölgeschäfte in Höhe von mindestens 20 Milliarden Dollar. Korruption gehörte bei diesem "gigantischen kriminellen Plan" zu den "Spielregeln" so der Bundesrichter Sérgio Moro, die Galionsfigur bei der Aufklärung von Lava Jato, der nun das Amt des Justizministers übernimmt. In ihrer Antwort auf die Public Eye Recherche stritten die drei Konzerne unisono jede Verwicklung in korrupte Handlungen ab, dennoch sind heute drei ihrer Geschäftspartner zur Fahndung ausgeschrieben.

Die brasilianischen Justizbehörden sprechen von 160 Kauf- oder Verkaufsverträgen von Erdölprodukten sowie Mietverträgen von Tanklagern zwischen 2011 und 2014. „Die Beweise deuten darauf hin, dass die untersuchten Unternehmen (d.h. Glencore, Vitol, Trafigura) Bestechungsgelder an Petrobras-Funktionäre bezahlt haben, um Vorteile, bessere Preise und mehr Verträge zu erhalten“, so die Staatsanwaltschaft.

Im März 2018 forderte die OECD die Schweiz  auf, den Rohstoffhandel einer „angemessenen und verbindlichen Regulierung“ zu unterwerfen. Doch in der kürzlich veröffentlichten Standortbestimmung des Bundesrates zum Rohstoffsektor sucht man vergeblich irgendetwas Handfestes zum Thema Korruption. Stattdessen will das Staatsekretariat für Wirtschaft die Unternehmen weiter bloss „sensibilisieren“ und hat deshalb – oho! – letztes Jahr eine Broschüre aktualisiert. In ihrer eigenen Bilanz der Entwicklungen dieser Hochrisikobranche der letzten fünf Jahre zeigt Public Eye die Notwendigkeit und Machbarkeit der Korruptionsbekämpfung auf.

Selbst die einzige gesetzliche Massnahme zur Korruptionsprävention – die Offenlegung der Zahlungen von Rohstofffirmen an die Regierungen der Förderländer – droht zur vollständigen Farce zu verkommen. Der Bundesrat will nämlich nur die Rohstoff-Förderung neuen Transparenzregeln unterwerfen. Dies obwohl die überwältigende Mehrheit der Schweizer Firmen im Rohstoffhandel tätig sind. Die Alibi-Vorlage würde dann nur gerade 4 von 544 Unternehmen des Sektors betreffen. Die Milliarden, die beim Kauf von Öl und Erdölprodukten wie im Petrobras-Fall an staatliche Stellen in Ländern mit endemischer Korruption fliessen, bleiben weiter im Dunkeln. Es liegt nun am Ständerat, am 11. Dezember diese skandalöse Unterlassung zu korrigieren.

Mehr Infos bei:

Andreas Missbach, Leiter Rohstoffe, 044 277 79 07, andreas.missbach@publiceye.ch