Rana Plaza: 10 Jahre nach dem Super-GAU von Fast Fashion muss die Politik endlich handeln

Am 24. April jährt sich der Fabrikeinsturz in Bangladesch, bei dem 1138 Menschen starben und über 2000 weitere verletzt wurden, bereits zum zehnten Mal. Als Reaktion auf die bislang grösste Katastrophe der Modeindustrie versprachen Unternehmen und Regierungen bessere Arbeitsbedingungen und Entschädigungsfonds für die häufigen Unfälle. Doch bezahlt werden weiterhin Armutslöhne und auf gesetzliche Regulierungen der Skandalbranche wartet man in der Schweiz vergeblich. Public Eye fordert nun konkrete Massnahmen und organisiert dafür am Montag in Bern eine Mahnwache.
© Taslima Akhter

Der Kollaps des Rana-Plaza-Gebäudekomplexes ausserhalb von Dhaka, in dem auch fünf Textilfabriken untergebracht waren, legte die üblen Zustände in den Produktionsstätten der Modekonzerne brutal offen. Der 24. April 2013 war aber auch ein globaler Weckruf für die Politik. So erklärten die G7-Staaten damals «die Förderung von sozial und ökologisch nachhaltigen Lieferketten» zur «gemeinsamen Verantwortung von Regierungen und Unternehmen». In Sachen Gebäudesicherheit und Transparenz wurde mit dem rechtlich verbindlichen «Bangladesch-Accord» auch schnell Bahnbrechendes erreicht. Verändert hat sich seitdem auch das Problembewusstsein der Konsumierenden, die immer stärker nach sauberer, also ethisch produzierter Kleidung verlangen. Das toxische Geschäftsmodell vieler Konzerne mit ihren ausbeuterischen Arbeitsbedingungen und Einkaufspraktiken spitzt sich hingegen weiter zu: von Fast Fashion zu Ultra-Fast-Fashion. 

Zehn Jahre nach Rana Plaza ist der politische Handlungsdruck deshalb grösser denn je. Für die soziale und ökologische Transformation der Modeindustrie braucht es klare gesetzliche Leitplanken, auch in der Schweiz. Die EU hat hier mit ihrer Textilstrategie regulatorisch vorgelegt, doch Bern bleibt bei seinem Laissez-faire, statt endlich die nötige Nachhaltigkeitswende einzuleiten und auch Schweizer Firmen in die Verantwortung zu nehmen. In seiner Antwort auf eine Interpellation von Franziska Ryser (GP/SG) bezeichnet der Bundesrat «die arbeits- und menschenrechtliche Situation in diesem Sektor» zwar als «tatsächlich leider oft prekär». Vor griffigen Massnahmen schreckt er aber weiter zurück. Public Eye fordert für Hersteller und Händler, die Kleider in die Schweiz importieren, eine Pflicht zur Zahlung existenzsichernder Löhne in der Produktion und zur Offenlegung der gesamten Lieferkette. Zudem muss die Schweiz die zwei  neuen ILO-Kernarbeitsnormen zu Gesundheitsschutz, Arbeitssicherheit und Entschädigungszahlungen ratifizieren. 

Zum Gedenken an die Betroffenen findet am 24. April um 12:30 Uhr auf dem Berner Waisenhausplatz eine Mahnwache statt. Denn die Opfer und deren Familien kämpfen noch heute mit den Folgen vom Super-GAU der Fast-Fashion-Industrie. Sie brauchen unsere Solidarität und Politiker*innen, die dafür sorgen, dass die Näher*innen unserer Kleider von ihrer Arbeit in Würde leben können. 

Hier finden Sie Videomaterial aus Bangladesh (ab sofort) sowie Fotos der Mahnwache (ab Montag, 24.4., 14.00 Uhr). 

Mehr Infos in diesem Public-Eye-Podcast oder bei 

Oliver Classen, Mediensprecher, 044 277 79 06, oliver.classen@publiceye.ch

Elisabeth Schenk, Textilexpertin, elisabeth.schenk@publiceye.ch