Syngenta-Pestizid vergiftet in Costa Rica das Trinkwasser

Weil ihre Quellen mit Chlorothalonil verseucht sind, erhält die Bevölkerung zweier Gemeinden in Costa Rica ihr Trinkwasser seit Monaten per Lastwagen. In der Schweiz und der EU ist die Verwendung dieses Pestizids verboten, in Costa Rica aber wird es vom Marktführer Syngenta und anderen europäischen Unternehmen weiterhin verkauft. Die dortigen Ministerien für Gesundheit und Umwelt befürchten eine viel grösserflächigere Verschmutzung und empfehlen ein Verbot dieses mutmasslich krebserregenden Wirkstoffs.
© José Díaz / Public Eye

Eine neue Recherche von Public Eye und Unearthed, dem Investigativ-Unit von Greenpeace Grossbritannien, zeigt die Risiken und Konsequenzen des Verkaufs hochgefährlicher Pestizide in Ländern mit schwächeren Vorschriften. In Costa Rica haben Analysen ergeben, dass mehrere Wasserquellen der Landwirtschaftsregion im Norden der Provinz Cartago mit Abbauprodukten von Chlorothalonil verseucht sind. In der Schweiz und der EU wurde dieses Fungizid als «vermutlich krebserregend für den Menschen» eingestuft und ist wegen Grundwasserverschmutzungen seit 2019 verboten. In den betroffenen Gemeinden Cipreses und Santa Rosa betragen die Kontaminationen bis zum 200-fachen des gesetzlichen Grenzwerts, weshalb über 10’000 Menschen seit bald acht Monaten per LKW mit Trinkwasser versorgt werden und um ihre Gesundheit fürchten. Dies zeigen vor Ort gesammelte Zeugenaussagen.

Das tatsächliche Ausmass der Verschmutzung in Costa Rica ist unbekannt, da das Trinkwasser nie systematisch auf Chlorothalonil getestet wurde, obwohl es dort ein sehr häufig verwendetes Pestizid ist. Die Behörden verfügen zudem nicht über die technischen Mittel zum Nachweis seiner toxischen Abbauprodukte. Sie teilen jedoch die Befürchtung vieler Expert*innen, dass die Kontamination «höchstwahrscheinlich» die gesamte landwirtschaftliche Region nördlich von Cartago betrifft, in der etwa 65’000 Menschen leben und die 80 Prozent des costa-ricanischen Gemüses liefert. In einem Bericht empfahlen die Gesundheits- und Umweltministerien im April daher ein nationales Verbot von Chlorothalonil.

Als Marktführer ist Syngenta für mehr als ein Viertel der zwischen 2020 und 2022 von Costa Rica importierten Chlorothalonil-Mengen verantwortlich. Dies zeigt die Analyse der Zolldaten des zentralamerikanischen Landes, wo auch die deutsche BASF prominent auftaucht. Exportiert wird Chlorothalonil dabei auch vom europäischen Festland aus. Ob sich Costa Rica gegen die Agrochemie durchsetzen kann? In der Schweiz liefert sich Syngenta einen schon Jahre dauernden Rechtsstreit, und versucht die Behörden bezüglich der Gefahren von Chlorothalonil mundtot zu machen. Die Erfahrungen in Europa zeigen, dass dessen sehr persistente Rückstände das Grundwasser über viele Jahre vergiften können. Die technische Entfernung dieser Schadstoffe aus dem Trinkwasser ist äusserst aufwendig und für ein Land wie Costa Rica völlig unerschwinglich.

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Laurent Gaberell, Landwirtschaftsexperte, 021 620 06 15, laurent.gaberell@publiceye.ch

Fotos aus Costa Rica sind hier verfügbar.