Überfall auf den Kongo: Riesiges Datenleck zeigt systematische Veruntreuungen durch Kabila-Clan

In Zusammenarbeit mit einem Konsortium aus Medien und NGOs deckt Public Eye auf, wie die kongolesische Tochtergesellschaft der BGFI-Bank der Entourage von Ex-Präsident Joseph Kabila dazu diente, öffentliche Gelder zu veruntreuen und den Rohstoffreichtum der Demokratischen Republik Kongo (DRK) zu plündern – mittels Komplizenschaft internationaler Geschäftsnetzwerke und dank der Passivität vieler Banken, darunter mehrere Institute in der Schweiz. Möglich wurde die Enthüllung dank des grössten Datenlecks auf dem afrikanischen Kontinent. Sie unterstreicht die Notwendigkeit, das Schweizer Dispositiv zur Bekämpfung von Geldwäscherei und Korruption endlich zu verstärken.

Sechs Monate lang analysierte eine illustre Allianz aus Medien und NGOs*, darunter Public Eye, mehr als 3,5 Millionen Dokumente der gabunischen BGFI-Bank, die Transaktionen über einen Zeitraum von rund zehn Jahren umfassen. Die daraus entstandene Investigativ-Serie «Congo Hold-Up» zeigt die Mechanismen, welche es dem Clan von Ex-Präsident Joseph Kabila ermöglicht haben, zwischen 2013 und 2018 mindestens 138 Millionen US-Dollar aus der Staatskasse abzuziehen, was 250’000 durchschnittlichen Jahresgehältern in der DRK entspricht. Ob Geldwäsche, rückdatierte Buchungen oder Kredite, die von der Zentralbank des Kongo gewährt, aber nie zurückgezahlt wurden: Die Kabilas konnten stets auf die dubiosen Dienste der kongolesischen BGFI-Tochter (BGFI-Bank DRK) zählen – wie auch auf das Laissez-faire internationaler Banken und die Unterstützung durch Schweizer Treuhänder. Die BGFI-Bank DRK verschaffte zudem Netzwerken von undurchsichtigen Geschäftsleuten, Politikern und mutmasslichen Hisbollah-Financiers, denen die kongolesische Führung vertraute, Zugang zum globalen Bankensystem.

Die Schweiz trägt eine erhebliche Mitverantwortung für diesen so gigantischen wie systematischen Raubzug, dessen Hauptopfer das kongolesische Volk ist. Die DRK ist reich an natürlichen Ressourcen, die einer korrupten Elite zugutekommen, während die Bevölkerung in extremer Armut gehalten wird – und ist damit ein Klassiker des sogenannten Rohstoff-Fluchs. Der erste Teil unserer Serie heisst «Das Sparschwein des Kabila-Clans»  und erzählt, wie über eine Briefkastenfirma namens Sud Oil, die kontrolliert von den Kabilas, zwischen 2013 und 2018 rund 92 Millionen US-Dollar an Staatsgeldern veruntreut wurden. Bei der ersten Transaktion kaufte Sud Oil in der Hauptstadt Kinshasa ein Gebäude für 12 Millionen US-Dollar, die zum Teil von der kongolesischen Zentralbank stammten und direkt dem Sud-Oil-Konto bei der BGFI-Bank DRK gutgeschrieben worden waren. Dabei ist es der Zentralbank gar nicht erlaubt ist, private Unternehmen zu finanzieren. Dem Verkäufer, ein belgischer Geschäftsmann mit besten Beziehungen zum damaligen Präsidenten Kabila, wurde das Geld aus dem Immobiliengeschäft auf sein Privatkonto bei der UBS Genf überwiesen, ohne dass deren Compliance-Abteilung Alarm schlug.

In den nächsten Wochen folgen weitere Teile von «Congo Hold-Up». Sie zeigen, wie Schweizer Banken zwischen 2011 und 2018 Dutzende Millionen Dollar aus fragwürdigen Verträgen und Transaktionen – und sogar aus der Schattenwirtschaft – entgegennahmen. Und verdeutlichen damit, warum die Schweizer Politik dringend das Geldwäsche-Dispositiv ausbauen und entschlossen gegen die Vermittler und Ermöglicher von Korruption vorgehen müssen. 

Weitere Informationen hier oder bei :

Adrià Burdy Carbo, Rechercheur, Public Eye, +41 78 738 64 48, adria.budrycarbo@publiceye.ch

Oliver Classen, Mediensprecher, Public Eye, 044 277 79 06, oliver.classen@publiceye.ch

* «Congo Hold-Up»: Das Ergebnis einer beispiellosen Allianz

Die «Congo Hold-Up» zugrunde liegenden Daten wurden von der «Plattform zum Schutz von Whistleblowern in Afrika» (PPLAAF) und dem französischen Online-Magazin Mediapart beschafft und dann mit 19 vom «Netzwerk European Investigative Collaborations» (EIC) koordinierten Medien sowie fünf NGOs geteilt. Darunter befinden sich Leitmedien wie Bloomberg, Der Spiegel, Le Soir und De Standaard sowie NGOs wie Congo Research Group, Resources Matters und The Sentry.